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Editorial: Guten Start ins Leben!

"Er schreit und schreit und schreit. Ich habe alles versucht. Ich kann nicht mehr. Manchmal heule ich einfach mit." Die Freundin, die mir da gerade verzweifelt ihre Lage schildert, ist mit den Nerven am Ende. Seit Monaten hat sie nicht eine Nacht durchgeschlafen. Keiner der gut gemeinten Ratschläge von Freunden und Eltern hilft. Ihr Sohn ist kaum ein paar Monate alt, aber sie scheint um Jahre gealtert.

Die meisten Eltern fühlen sich nach der Geburt ihres Kindes zumindest zeitweise überfordert. Doch nur wenige suchen professionelle ­Hilfe – sie befürchten, man könne ihnen das als Versagen auslegen. Was wäre schlimmer, als eine schlechte Mutter, ein schlechter Vater zu sein? Auf solche Vorurteile stoßen auch die so genannten Frühen Hilfen, Unterstützungsangebote für Eltern von Kindern in den ersten drei Lebensjahren. Hausbesuchsprogramme und Gruppenkurse etwa sollen Mütter und Väter über die ­Bedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern aufklären, deren Entwicklung fördern und die ­Eltern-Kind-Beziehung stärken.

Allerdings ist bis heute unklar, welche Angebote nicht nur ein bisschen, sondern am besten wirken. Und sollte ein solches Angebot für eine allein erziehende Teenagermutter nicht ganz anders gestaltet sein als die für ein Lehrer-Ehepaar? Wie wir in unserer Titelgeschichte ab S. 36 berichten, versäumten es Politik und Forschung, ihre seit 2006 laufenden Modellprojekte von ­Beginn an so zu planen, dass man heute die nötigen Schlüsse ziehen könnte.

Mit diesem Überblick über Frühe Hilfen starten wir eine dreiteilige Serie, die sich ganz dem Wohl von Familien widmet – Familien mit minderjährigen Müttern und mit Schreikindern ebenso wie mit ganz normalen Anlaufschwierigkeiten. Denn die Frühen Hilfen richten sich keineswegs nur an Eltern, die mit schweren Problemen wie Drogensucht zu kämpfen haben. Gerade bei solchen stoßen die Maßnahmen rasch an ihre Grenzen, wie die Ulmer Bindungsforscherin Ute Ziegenhain im Interview erläutert (S. 44). Vielmehr können Elternkurse oder Hebammen allen Müttern und Vätern dabei helfen, die Sig­nale ihrer Kinder besser zu verstehen.

Mit den besten Wünschen für die Familie
Ihre
Christiane Gelitz

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