Editorial: Innerer Kompass
Wissen Sie, was ich gerade fühle? Sicher nicht. Aber ich verrate Ihnen etwas: ich selbst oft auch nicht! Ist es Erleichterung über den gehaltenen Drucktermin oder Stolz auf die tollen Beiträge in diesem Heft – oder Vorfreude auf Verkaufszahlen und Feedback? Oder bewegt mich im Moment doch viel mehr das kränkelnde Kind oder der anstehende Urlaub? Wohl eine Mischung aus all diesen und anderen flüchtigen Gefühlen leiten mein Denken und Handeln, ohne dass ich es recht bemerke.
Emotionen begleiten uns auf Schritt und Tritt. Auch wenn wir es nicht unbedingt mitbekommen und noch seltener bewusst darüber nachdenken, sind Vorfreude, schlechtes Gewissen oder nagende Ungewissheit das Salz in der Suppe unseres Alltags. Ohne sie wüssten wir nicht, was gut und was schlecht, was zu tun oder zu lassen ist.
Laut Moralpsychologen speisen sich solche Urteile meist aus emotionalen Reaktionen: Wir finden das gut und richtig, was sich aktuell gut für uns anfühlt – sei es, weil es Zugehörigkeit und vielleicht einen Sinn im Leben verspricht. Das bedeutet umgekehrt jedoch auch, dass wir negatives Empfinden dazu brauchen, uns neu zu adjustieren. Wie wichtig es ist, selbst dem Zweifel und Unbehagen gegenüber offen zu sein, hat mir die Recherche zu meinem Artikel ab S. 34 vor Augen geführt.
Die hier versammelten Beiträge aus »Gehirn&Geist« zeichnen ein facettenreiches Bild unseres moralischen Kompasses – auf dass wir ohne größere Kollisionen durch das Miteinander navigieren.
Eine gute Lektüre wünscht Ihr
Steve Ayan
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