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Editorial


Das Jahrtausend, wenn es denn in einem Jahr zu Ende geht, wurde schon jetzt mit gigantomanischen Zeremonien abgefeiert. Ein Blick in kom-mende Jahrhunderte oder gar Jahrtausende scheint vermessen: Wer macht sich schon gerne mit Speku-la-tionen lächerlich, die vielleicht in wenigen Jahren bereits obsolet sind?

Um so bizarrer mag es erscheinen, wenn Physiker in diesem Heft in die wirklich ferne Zukunft unseres Kosmos blicken und sich mit den Überlebenschancen intelligenten Lebens in einem ewig expandierenden Universum befassen (Seite 52).

Schon 1979 hatte der amerikanische Princeton-Physiker Freeman Dyson dieses Thema aufgegriffen; seitdem wurde es unter anderem von unseren Autoren weiter verfolgt. Ihre Enthül-lungen über das Ende – griechisch: Eschatologie – zeigen eines: Wenn sich eines fernen Tages alle Gebilde des Kosmos im Sog der Aus-kühlung des Universums auflösen und zu verglimmender Strahlung zerfallen, hat auch das Leben keine Chance mehr. Egal wie sich Intelligenz organisiert und gegen den Verfall ankämpft, auch sie wird verschwin-den müssen.



Das klingt vielleicht deprimierend, entspricht aber dem irdischen Lauf der Dinge. Für die nächsten Jahrbillionen kann es dennoch spannend bleiben: Wie Abkömmlinge der Mensch-heit zu Saturns Planetenmonden oder zu Nach-barsternen umziehen müßten, oder wie Super-zivilisationen ihre Energie aus Schwarzen Löchern oder Galaxien schöpfen könnten – das sind Gedanken-spiele, wie sie auch in Isaac Asimovs "Founda-tion"-Trilogie hätten stehen können. Wie die Autoren unseres Beitrags darlegen, sprechen sowohl Thermodynamik als auch Quantenphysik und Computer-wissen-schaft prinzipiell gegen die Möglichkeit, daß der mensch-liche Geist als kosmische Intelligenz einmal Unsterblichkeit erlangt.

Das Ungeheuerliche dieser Prophe-tien liegt für mich aber darin, wie weit überhaupt wissenschaft-lich begründete Aussagen in das Dunkel der Ewigkeit hineinleuchten können. Es ist diese Qualität der Naturgesetze, die mich immer wieder erstaunt: Zwar gelingt es uns nicht, den Fall eines Herbstblattes exakt zu berechnen, das der Wind herabweht; aber das Schicksal der Sonne in fünf Milliarden Jahren? Kein Problem.



Aus: Spektrum der Wissenschaft 1 / 2000, Seite 3
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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