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Editorial



Warum ist die Schwerkraft die bei weitem schwächste aller vier Naturkräfte? Die elektrische Abstoßung zwischen zwei Elektronen etwa übertrifft ihre gegenseitige Gravitationsanziehung um fantastische 43 Größenordnungen. Bislang wusste niemand eine Antwort darauf. Unter Wissenschaftlern ist diese extreme Ungleichheit im elementaren Naturhaushalt unter dem Namen Hierarchieproblem bekannt. Es hat die unangenehme Konsequenz, dass die vier Kräfte erst bei utopisch hohen Energien (der "Planck-Energie") miteinander verschmelzen – also zu einer einzigen Superkraft werden.

Dieses Bild jedenfalls zeichnen herkömmliche Modelle wie die Stringtheorien von der Vereinheitlichung der Naturkräfte. Jede direkte Überprüfung dieser Aussagen, zum Beispiel mit Teilchenbeschleunigern, schien damit für alle Zeiten ausgeschlossen.

Das könnte sich demnächst ändern. Wenn die Autoren unserer Titelgeschichte über "Die unsichtbaren Dimensionen des Universums" auf der richtigen Spur sind, dann werden sich mit dem Teilchenbeschleuniger LHC, dem Large Hadron Collider in Genf, fundamentale Eigenschaften des Weltraums testen lassen. Seit zwei Jahren entwickeln Nima Arkani-Hamed, Savas Dimopoulos und Georgi Dvali, die alle an amerikanischen Elite-Universitäten arbeiten, ihre neue Theorie der Quantengravitation.

Anders als die bisherigen Stringtheorien wird sie durch zwei Vorhersagen überprüfbar: 1. Newtons Gravitationskraft sollte bei Abständen unterhalb eines Millimeters nicht mehr mit dem Quadrat des Abstandes, sondern stärker anwachsen. 2. Die Fusion der vier Naturkräfte soll schon bei Energien stattfinden, die mit dem LHC erreichbar sein würden. Bis zum Jahre 2010, davon sind die Quantenphysiker überzeugt, "werden wir der Antwort auf die 300 Jahre alte Frage näher kommen, warum die Gravitation so schwach ist" (Seite 44).

Zwei Sonderhefte haben die Spektrum-Redaktion in den letzten Monaten in Atem gehalten: "Wetter und Klima" berichtet unter anderem, was an Klimakapriolen wie extremen Stürmen oder Wetterkatastrophen auf uns zukommen wird. In "Gene und Verhalten" gehen Fachleute einigen der derzeit heiß diskutierten Fragen zur Gentechnik nach. Werden wir makellose, von Erbkrankheiten freie Superbabys bestellen können? Lässt sich durch Gentechnik die Intelligenz steigern? Inwieweit ist das Sozialverhalten durch unser Erbgut gesteuert? In Zeiten, in denen wir in eine neue Ära der Verfügbarkeit des Menschen treten, werden uns diese Themen noch lange beschäftigen.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 2000, Seite 3
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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