Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Chemie: Ein Kohlenstoffatom mit sechs Bindungen

Endlich gelang der experimentelle Nachweis: Kohlenstoff kann unter bestimmten Bedingungen sechs statt der üblichen vier chemischen Bindungen eingehen.
Struktur des Hexamethylbenzol-Dikations in Ball-and-Stick-Darstellung

An der Basis der Organik steht die grundlegende Erkenntnis, dass Kohlenstoff immer genau vier Elektronenpaarbindungen eingeht. Umso mehr reizt es Chemikerinnen und Chemiker seit Jahrzehnten, Ausnahmen von diesem eisernen Gesetz zu finden – also ein Molekül, in dem Kohlenstoff an fünf oder gar sechs andere Atome gebunden ist. Im November 2016 haben Konrad Seppelt und sein Student Moritz Malischewski von der HU Berlin einen solchen heiligen Gral dieser Forschungsrichtung beschrieben: Sie haben erfolgreich das Hexa­methylbenzol-Dikation isoliert, in dem ein Kohlenstoffatom von insgesamt sechs Bindungspartnern umgeben ist.

Die zugehörige Struktur einer fünfseitigen Pyramide hatte der niederländische Chemiker Hepke Hogeveen bereits Anfang der 1970er Jahre vorausgesagt. Nach seiner Theorie sollte sich der Kohlenstoff-Sechsring des Benzols beim Verlust zweier Elektronen zu einem Fünfring verkleinern, wobei das sechste Atom des Rings den Schlussstein der Pyramide bildet. Spektroskopische Messungen brachten 1973 erste Hinweise auf die Richtigkeit seiner Hypothese. Doch es sollte noch 43 Jahre dauern, bis Malischewski und Seppelt genug von dem Stoff hergestellt hatten, um Kristalle zu züchten und an ihnen die kuriose Molekülstruktur mittels Röntgenanalyse eindeutig nachzuweisen ...

Kennen Sie schon …

Spektrum der Wissenschaft – Akteure des Lebens: Wie biomolekulare Kondensate unsere Zellen steuern

Sie galten lange als kuriose Randerscheinung, doch inzwischen zeigt sich immer deutlicher: Biomolekulare Kondensate – winzige Molekülansammlungen mit einer Konsistenz irgendwo zwischen Schleim und Wackelpudding – übernehmen zentrale Funktionen im Zellgeschehen und bieten so womöglich Ansatzpunkte für neue Therapien. Vielleicht spielten sie sogar eine zentrale Rolle bei der Entstehung des Lebens. Außerdem berichten wir in der aktuellen Ausgabe über Dichtung und Wahrheit hinter Heisenbergs Meilenstein in der Quantenrevolution, wie DNA- und Protein-Überreste in Fossilien vergangene Welten wieder aufleben lassen und was Ameisen zu sozialen Superstars machte. In der fabelhaften Welt der Mathematik geht es dieses Mal um Sherlock Holmes und die Spieltheorie und H. Joachim Schlichting erklärt Ihnen, wie man besonders laut klatscht.

Spektrum der Wissenschaft – Chemie des Lebens

Leben ist Chemie. Molekulare Strukturen und chemische Reaktionen liefern die Grundlage sämtlicher biologischer Systeme. Dank des Einsatzes moderner Computertechniken sowie künstlicher Intelligenz gelingt es immer besser, den räumlichen Aufbau von Proteinen vorherzusagen. Dies eröffnet ungeahnte Möglichkeiten in der Medizin und Arzneimittelforschung. Zunehmend nutzen Forschungsgruppen unkonventionelle Ansätze, setzen etwa elektrochemische Methoden ein oder schicken sich an, die innere Ringstruktur von Wirkstoffmolekülen zu verändern, um das gewünschte Mittel zusammenzubauen.

Spektrum - Die Woche – Der Erreger, der den »goldenen Tod« bringt

Das Feuerbakterium wütet in Italien. Es hat unzählige Olivenbäume auf dem Gewissen und macht nun auch Mandeln, Kaffee und Eichen zu schaffen. Wirtschaft und Kultur haben bereits großen Schaden genommen. Experten suchen nach Mitteln, um das Bakterium zu stoppen.

  • Quellen

Malischewski, M., Seppelt, K.: Die Molekülstruktur des pentagonal-pyramidalen Hexamethylbenzol-Dikations C6(CH3)62+ im Kristall. In: Angewandte Chemie 129, S. 374-376, 2017

Scholz, F. et al.: Crystal Structure Determination of the Nonclassical 2-Norbornyl Cation. In: Science 341, S. 62-64, 2013

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.