Elektrochemie: Selbstmontage nach Maß
In biologischen Systemen spielt es eine entscheidende Rolle, dass Moleküle sich gegenseitig erkennen können, indem sie über nichtkovalente Bindungen gezielt miteinander wechselwirken. Zahllose Prozesse basieren auf diesem Mechanismus: etwa die Interaktionen zwischen Liganden und Rezeptoren an Enzymen, das Andocken von Antikörpern an Antigenmoleküle oder die Bindung zwischen DNA und Proteinen. Molekulare Erkennung ist daher ein Grundpfeiler für Stoffwechselprozesse, für die Funktionsweise des Immunsystems und für verschiedene Arzneimitteltherapien.
Es ist also nicht überraschend, dass sich Chemiker und Chemikerinnen von den faszinierenden und komplizierten Erkennungsmechanismen der Natur inspirieren lassen und seit Jahrzehnten daran arbeiten, sie mit eigens dafür entworfenen Molekülen im Labor nachzubilden. Im Prinzip funktioniert das auch: Bringt man Moleküle mit passenden Eigenschaften zusammen, lagern sie sich spontan aneinander, bis ein Gleichgewicht zwischen der Anzahl freier und zusammengelagerter Teilchen erreicht ist. Die Untersuchung solcher Selbstorganisationsprozesse und der daraus entstehenden Strukturen bezeichnet man als supramolekulare Chemie.
Bislang gibt es allerdings nur wenige Möglichkeiten, den zeitlichen Verlauf eines derartigen Prozesses zu steuern. Ein Team um Yang Jiao und Yunyan Qiu, die in der Gruppe des Nobelpreisträgers Sir James Fraser Stoddart an der Northwestern University in Evanston (USA) forschen, hat jetzt aber einen Weg gefunden, die Zusammenlagerung der Moleküle durch elektrochemische Reduktion der Komponenten einzuleiten. Der Ansatz ist bahnbrechend: Denn durch die Methode lässt sich die Zusammenlagerung auf Knopfdruck an- und ausschalten, man kann die Geschwindigkeit des Prozesses steuern, und er erlaubt, stabile Lösungen mit fast jedem denkbaren Verhältnis von zusammengelagerten und freien Molekülen herzustellen …
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