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Embodiment: "Wir suchen an der falschen Stelle"

Bewusstsein entsteht im Kopf – ist doch klar! Irrtum, sagt der Philosoph Alva Noë. Er hält den verbreiteten Neurozentrismus für einen folgen­schweren Fehler: Bewusstsein sei zwar auf Hirnprozesse angewiesen, gehe aber weit darüber hinaus.
Alva Noë

Moses Hall liegt etwas versteckt hinter alten Bäumen, nur einen Steinwurf vom Campanile entfernt, dem Wahrzeichen der 1868 gegründeten Berkeley University. Das Gebäude wurde nicht nach der biblischen Gestalt benannt, sondern nach Bernard Moses (1846 – 1930), dem ersten Geschichtsprofessor der kalifornischen Eliteuniversität. Die Sandsteinfassade wirkt trutzig mit ihren Zinnen und schmalen Fenstern. Hier gehen Berkeleys Philosophen ihrer Denk­arbeit nach. Unter ihnen der 50-jährige Alva Noë.

Auf den schmalen Fluren ist von der Mittagshitze draußen wenig zu spüren. Ich streife von Tür zu Tür, auf der Suche nach Raum 130, Noës Büro. Er hatte mir angeboten, wir könnten das Gespräch auch auf Deutsch führen. Seine Frau stammt aus Österreich, die beiden Kinder erzieht das Paar zweisprachig. Zudem hat Noë als Stipendiat am Wissenschaftskolleg in Berlin einen Großteil des Buchs geschrieben, über dessen Thesen ich mit ihm sprechen will. "Du bist nicht dein Gehirn" übersetzte der deutsche Verlag den Originaltitel "Out of our Heads" großzügig.

In Noës spärlich eingerichtetem Büro nehme ich auf einem orangeroten Sofa gegenüber dem Schreibtisch Platz. Gemeinsam beschließen wir, uns der Einfachheit halber doch auf Englisch zu unterhalten ...

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Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigt Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Plauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln, oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Spektrum edition – Sprache

In dieser »edition« behandeln wir das Thema Sprache von den Wurzeln bis hin zur Entschlüsselung von tierischer Kommunikation mit KI. Wie klingt eine Sprache, die fast niemand kennt? Denken Menschen anders, wenn sie anders sprechen? Und was verrät der Klang einer Sprache über unsere Wahrnehmung?

Spektrum Kompakt – Das Unbewusste

Viele unserer Denkprozesse laufen auf Autopilot ab. Untersucht wurden sie schon von Sigmund Freud, C. G. Jung und Alfred Adler. Heute arbeitet man daran, das Zusammenspiel von Unbewusstem und Bewusstem neuronal sichtbar zu machen oder psychische Abwehrmechanismen durch bestimmte Tests zu ergründen.

  • Quellen
Quellen

Noë, A.: Du bist nicht dein Gehirn. Eine radikale Philosophie des Bewusstseins. Piper, München 2011

Metzinger, T.: Reply to Gallagher: Different Conceptions of Embodiment In: Psyche 14, 2006

Noë, A.: Experience and the Acitve Mind. In: Sythese 129, S. 41-60, 2001

Noë, A.: Action in Perception. MIT Press, Cambridge 2004

Noë, A.: Experience oft he World in Time. In: Analysis 129, S. 41-60, 2006

Noë, A.: Is the Visual World a Grand Illusion? In: Journal for Consciousness Studies 9, S. 1-12, 2002

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