Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Falsche Erinnerungen: Das Trauma, das es nie gab

Manchmal legt eine Psychotherapie vergessene Traumata frei. Doch weil unser Gedächtnis kein exaktes Abbild des Geschehenen ist, können solche Erinnerungen trügen.

In den 1980er und 1990er Jahren berichteten ungewöhnlich viele erwachsene Patienten ihrem Therapeuten, in ihrer Kindheit sexuell missbraucht worden zu sein oder ein anderes Trauma erlitten zu haben. Nicht wenigen war nie zuvor bewusst gewesen, diese furchtbaren Erfahrungen gemacht zu haben. Psychologen folgerten, sie müssten die Erinnerungen vorübergehend verdrängt haben. In der Therapie waren häufig suggestive Techniken wie Hypnose oder Traumdeutung zum Einsatz gekommen, um die verschollenen Bilder hervorzuholen.

Doch bald darauf ließ eine Reihe von Experimenten Zweifel daran aufkommen, dass wiedergewonnene Erinnerungen immer auf wahren Begebenheiten fußen. In einer berühmten Studie befragte die Psychologin Eli­zabeth Loftus erwachsene Probanden zu Erinnerungen an vier Kindheitsereignisse. Eines hatte allerdings nie stattgefunden: Es ging darum, wie die Teilnehmenden im Alter von fünf Jahren vorübergehend verloren gegangen waren, zum Beispiel in einem Einkaufszentrum. Mit Hilfe suggestiver Fragetechniken brachte Loftus ein Viertel von ihnen dazu zu glauben, diese Erfahrung tatsächlich gemacht zu haben…

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigt Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Plauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln, oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Gehirn&Geist – Verbrechen: Die Psychologie des Bösen

Warum faszinieren wahre Verbrechen? True Crime ist ein Spiegel unserer psychologischen Neugier: Was macht Menschen zu Tätern – und wie gelingt es Ermittlern, die Wahrheit ans Licht zu bringen? In dieser Ausgabe geht es um die Kräfte, die Menschen in den Abgrund treiben oder zurückholen. Wir zeigen, warum Rache selten Frieden bringt, wie gefährliche Häftlinge in Sicherungsverwahrung leben, was das Stockholm-Syndrom über Überlebensstrategien verrät und mehr.

Gehirn&Geist – Multiple Persönlichkeit: Was hinter der dissoziativen Identitätsstörung steckt

Manche Menschen scheinen verschiedene Ichs in sich zu tragen, die im Wechsel die Kontrolle über den Körper übernehmen – mit jeweils eigenem Alter, Namen und Geschlecht. Unsere Experten, die zu dissoziativen Phänomenen forschen, stellen die wichtigsten Fakten zur »Multiplen Persönlichkeit« vor. Ergänzend dazu geht die Psychologin Amelie Möhring-Geisler der Frage nach, ob rituelle Gewalt in der Kindheit gezielt Persönlichkeitsspaltungen herbeiführt. In dieser Ausgabe beginnt zudem eine neue Artikelserie zum Thema »Long Covid und ME/CFS«. Im Interview spricht Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité über Ursachen von ME/CFS, den Versorgungsmangel in Deutschland und Hoffnung auf Medikamente. Darüber hinaus berichten wir über das Glücksparadox, das besagt: Je mehr wir dem Glück hinterherjagen, desto weiter entfernt es sich. Wir stellen das Thema psychotherapeutische Patientenverfügung vor, die im psychischen Krisenfall eine große Hilfe sein kann, sowie die noch immer rätselhafte Schmerzerkrankung Fibromyalgie, über deren Ursachen noch viel spekuliert wird.

  • Quellen

Brewin, C. R., Andrews, B.: Creating memories for false autobiographical events in childhood: A systematic review. Applied Cognitive Psychology 10.1002/acp.3220, 2016

Kurkela, K. A., Dennis, N. A.: Event-related fMRI studies of false memory: An activation likelihood estimation meta-analysis. Neuropsychologia 81, 2016

Wiemers, U. S. et al.: What we remember from a stressful episode. Psychoneuroendocrinology 38, 2013

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.