Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Frauen im Römischen Reich: Frauen obenauf: Emanzipation im 1. Jahrhundert n. Chr.

Bei den Recherchen für sein neues Buch über antike erotische Kunst machte der amerikanische Historiker John R. Clarke von der University of Austin in Texas eine Entdeckung: Zumindest in den ersten Jahrzehnten nach Beginn der Zeitrechnung besaßen die Römerinnen der Oberschicht ein Maß an Freiheit wie später erst wieder die europäischen und amerikanischen Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Ich habe immer geglaubt, die Emanzipation der Frauen sei eine Errungenschaft vor allem des 20. Jahrhunderts. Wie überrascht war ich also, als ich eine führende Professorin für griechisches und römisches Recht, Eva Cantarella, erklären hörte, dass die Römerinnen des 1. Jahrhunderts n. Chr. einen Grad an Eigenständigkeit erreicht hätten, dem nur Europa und Amerika im ausgehenden 20. Jahrhundert gleichgekommen seien. Sie argumentierte klar und überzeugend. Das römische Recht, erstmals im 4. Jahrhundert v. Chr. formuliert, verlieh Frauen das Recht zu erben. Aber erst mit den blutigen Bürgerkriegen des 1. Jahrhunderts v. Chr. erlaubte es Frauen eine persönliche Erbschaft. Bis dahin sprachen Vormünder für die Frauen und beaufsichtigten ihr Vermögen. Als der Krieg jedoch scharenweise Männer aus der Führungsschicht auslöschte, begriffen die Senatoren, dass ihr Geld und Besitz vollständig in die Hände eines winzigen Personenkreises überzugehen drohte – darunter skrupellose Diktatoren wie Sulla und Cäsar. Was tun? Den Frauen die Ausübung jenes Rechts erlauben, das sie immer schon gehabt hatten – jetzt aber in Person. Ihnen erlauben, das Familienvermögen direkt zu erben.

Der andere Eckstein in dieser Basis der Emanzipation war das Scheidungsrecht. Es gab vielerlei Eheformen, von einer hochoffiziellen, unauflöslichen Verbindung bis hin zur Lebensgemeinschaft nach Gewohnheitsrecht; jede Form zielte auf eine andere Schicht und war konzipiert, das Vermögen auf unterschiedliche Weisen zu schützen. Im Lauf des 1. Jahrhunderts v. Chr. verschwand die alte Eheform, die die Frau der Verfügungsgewalt ihres Mannes unterstellte, und eine Verbindung wurde gängig, die die Frau weiterhin in der Gewalt ihres Vaters beließ. Folglich konnte die Frau, wenn ihr Vater starb, einen Teil seines Vermögens erben …

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Altes Ägypten

Das antike Ägypten fasziniert viele Menschen bis heute. Doch wer gründete einst das Reich am Nil, was weiß man über den Bau der Pyramiden oder das Einbalsamieren der Toten? Alte Materialien und neue Technologien enthüllen Schritt für Schritt die Vergangenheit.

Spektrum Geschichte – Kollaps der Kulturen

Um 1200 v. Chr. zerfielen etliche Reiche des Mittelmeerraums. Schuld waren die Seevölker – so lautet eine lang gehegte, aber auch umstrittene These. Doch wer waren die angeblichen Horden, die über die Levante und Ägypten herfielen? Und brachten sie wirklich ganze Zivilisationen zu Fall?

Spektrum Geschichte – Aufrechter Gang

Unsere Vorfahren kletterten von den Bäumen und liefen allmählich auf zwei Beinen. Dieses Szenario war unter Fachleuten lange unstrittig. Doch inzwischen ist klar: So simpel lief es nicht ab, wie Fossilien und neue Grabungen an den berühmten 3,66 Millionen Jahre alten Fußspuren von Laetoli ergaben.

  • Infos
Buchauszug

John R. Clarke: Ars Erotica. Sexualität und ihre Bilder im antiken Rom. Primus, Darmstadt 2009.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.