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Reduktionismus: Nur ein Haufen Neurone?

Kein Gott, keine unsterbliche Seele und auch kein über den Dingen schwebender Geist – allein unser Gehirn produziert Bewusstsein. Dieser Anspruch mancher neurobiologischer Reduktionisten erregt viele Gemüter. Ein Beruhigungsversuch
Auf den Trichter kommen

So ein Regenbogen ist schon herrlich anzuschauen. Bunt schillernd spannt er sich weit über den Horizont, als könnte man darauf spazieren gehen. Doch wie wir alle einmal in der Schule gelernt haben, geht das faszinierende Phänomen darauf zurück, dass die Sonnenstrahlen von feinsten Regentröpfchen in ihre Spektral-bestandteile aufgespalten werden. Pure Physik also.

Das tun Forscher ständig: Sie übersetzen facettenreiche Erscheinungen in Theorien, die mit möglichst wenigen Grundbegriffen auskommen und dennoch die beobachtbaren Daten erklären können. Auf den menschlichen Geist angewandt, weckt dieses Vorgehen allerdings häufig ein ­giftiges kleines Gespenst. Sein Flattergewand ­besteht aus Sätzen der Form "x ist nichts anderes als y", weshalb der Philosoph Donald Davidson ihm den Spitznamen "Nichts-anderes-als-­Reflex" gab.

Die Seele ist "nichts anderes als" das Produkt neuronaler Aktivität, Liebe "nichts anderes als" eine Abfolge neurophysiologischer Reaktionen und das Selbst "nichts anderes als" ein Trugbild. Dieses Gespenst beschwören regelmäßig sowohl Forscher wie auch Popularisierer von Wissenschaft – mit zugespitzten Formulierungen und der Verheißung, die Erkenntnisse der Neurowissenschaft würden das abendländische Weltbild revolutionieren. Auf der anderen Seite weisen empörte Kritiker dies als Anmaßung zurück. Die Wissenschaft könne den Menschen niemals auf das bloße Feuern von Neuronen reduzieren. Aber was genau verbirgt sich hinter diesem Wort – "Reduktionismus"? ...

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigt Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Plauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln, oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Spektrum der Wissenschaft – Innerer Dialog – Wie Kopf und Körper miteinander kommunizieren

Über ein fein abgestimmtes System aus neuronalen Netzwerken via hormonelle Steuerung bis hin zu zellulären Dialogen stehen Kopf und Körper in ständigem Austausch. Denn wie in jeder funktionierenden Gesellschaft gilt auch hier: Ohne Kommunikation geht nichts. Dieser innere Austausch ist ebenso komplex wie der soziale – und er läuft rund um die Uhr, meist, ohne dass wir ihn bewusst wahrnehmen. Er spielt auch eine entscheidende Rolle für unsere Gesundheit.

Spektrum - Die Woche – Bei Dauerstress lässt das Gehirn den Körper altern

Stress macht nicht nur müde – das Gehirn lässt den Körper bei Dauerstress auch schneller altern. In »Die Woche« erfahren Sie, wie das Gehirn als »Alterungsmanager« fungiert, warum Pinguine einst lange Schnäbel hatten und welche Risiken die versenktee Atommüllfässer im Atlantik bergen.

  • Literaturtipps

Metzinger, T.: Der Ego-Tunnel. Eine neue Philosophie des Selbst: Von der Hirnforschung zur Bewusstseinsethik. Piper, München 2014 Eine Theorie des Selbst auf neurowissenschaftlicher Basis

Wandschneider, D.: Reduk­tionismus in der Hirnforschung – das »Ego-Tunnel«-Verdikt. In: Grießer, W. (Hg.): Reduktionismen – und Antworten der Philosophie. Könighausen & Neumann, Würzburg 2012, S. 69 – 85 Der Aachener Philosoph Dieter Wandschneider setzt sich kritisch mit Metzingers Modell des Selbst und dem neurowissenschaftlichen Reduktionismus auseinander.

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