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Gas-Feld-Ionenquelle vor der Markteinführung

Mit fokussierten Strahlen geladener Teilchen werden fehlbelichtete Chip-Masken repariert. Eine neuartige Ionenquelle bietet wesentlich kürzere Durchlaufzeiten und zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten.

Um hochintegrierte Chips aus Siliciumwafern zu produzieren, benötigt man fehlerfreie Masken für die Lithographie. Sie werden aus beschichtetem Glas hergestellt: Ein Licht- oder Elektronenstrahl zeichnet die gewünschten Strukturen auf eine Kunststoffschicht und verändert so ihre chemische Struktur; beim anschließenden Entwickeln wird die darunter befindliche Chrombeschichtung an den belichteten Stellen freigelegt und läßt sich nun ungeschützt wegätzen. Durch eine solche Maske werden Wafer belichtet und die gewünschten Strukturen dem Halbleitermaterial aufgeprägt.

Allerdings treten bei dieser Abfolge von Prozessen auch Fehler auf, so daß die Chromschicht mitunter ungewollt beschädigt oder an den falschen Stellen verschont wird. Würde man solche Masken zur Chip-Herstellung einsetzen, wären die Produkte fehlerhaft, an die hohe Genauigkeitsanforderungen gestellt werden, und finanzielle Verluste die Folge.


Maskenreparatur mit Ionenstrahlen

Das einzig verfügbare Mittel, solche Fehlstellen zu reparieren, sind Ionenstrahlen, die auf einen Fleck von weniger als 100 Nanometer (millionstel Millimeter) Durchmesser fokussiert werden – die Fehlstellen sind nur wenig größer. Zum einen können Ionen überzählige Chromatome wegstoßen (tatsächlich teilen sich solche Stöße der näheren Umgebung mit, bis einige Chromatome an der Oberfläche genügend Energie erhalten haben, um sich zu lösen); man spricht vom Zerstäuben oder Sputtering. Zum andern können fälschlich entfernte Chrombereiche ersetzt werden, indem Ionen eine gasförmige metallorganische Verbindung spalten und sich das Metall abscheidet; dies geschieht punktgenau, weil das Gas über spezielle Düsen im Mikrometer-Abstand von der Maskenoberfläche zugeführt wird und die nötige Energie im wesentlichen nur im Brennpunkt des Ionenstrahls verfügbar ist.

Um die Ionen ausreichend zu beschleunigen, sind nur einige tausend Elektronenvolt an Spannung erforderlich (ein Elektronenvolt ist die Energie, die ein Elektron beim Durchfliegen einer Spannung von einem Volt erhält). Dies reicht auch aus, um Ionen durch den quantenmechanischen Effekt der Feldionisation zu erzeugen: Trotz der Anziehung des Atomkerns zieht es Elektronen zur positiven Elektrode hin, weil ein hohes elektrisches Feld die Potentialbarriere so verändert, daß sie hindurchtunneln können.


Die Metall-Ionenquelle und ihre Grenzen

Im industriellen Einsatz ist heute die Flüssigmetall-Ionenquelle (liquid metal ion source, LMIS). Sie besteht aus einer nadelförmigen Elektrode, die ein Film aus geschmolzenem Metall bedeckt. Unter der Wirkung des elektrischen Feldes und der Oberflächenspannung bildet die Schmelze einen sehr feinen Kegel aus, an dessen Spitze das Feld die erforderliche Stärke zur Ionisation der Metallatome erreicht (Spektrum der Wissenschaft, Dezember 1991, Seite 138). Man verwendet fast ausschließlich Gallium, das eine Schmelztemperatur von nur 30 Grad Celsius hat.

Doch dieses Verfahren hat einige Nachteile; insbesondere erfordern kürzere Zeittakte in der Fertigung auch größere Ionenstromdichten, um gleiche Effekte in kürzerer Zeit zu erzielen. Tatsächlich sind dem aber Grenzen gesetzt: Der Winkel, in dem die Elektrode Ionen emittiert, beträgt bei dieser Quelle nämlich 30 bis 40 Grad; einen feinen Strahl erhält man somit nur, indem man eine Blende in den Strahlengang einbringt, doch diese verringert auch den Strom auf ein Hunderttausendstel.

Ein weiteres Problem ist die Energieunschärfe von 5 bis 25 Elektronenvolt, die bislang noch nicht vollständig erklärbar ist: Die Ionen unterliegen bei ihrer Erzeugung und Beschleunigung nicht exakt den gleichen Feldstärken, erhalten somit leicht verschiedene Energien und reagieren deshalb unterschiedlich auf die elektromagnetischen Felder der fokussierenden Linsen. Wie bei lichtoptischen Systemen gibt es deshalb mehrere Brennpunkte, die sich zu einem verschmierten Fleck überlagern.

Auch muß man mit Massenfiltern die unerwünschten Ionen heraussortieren, weil Mehrfachionisation und – bei Metallverbindungen – verschiedene Ionenarten vorkommen. Diese Filter sind aber nicht rotationssymmetrisch und stören das ionenoptische System; zudem wird so wiederum der nutzbare Ionenstrom verringert.


Höhere Stromdichte mit Gas-Ionen

Eine Alternative ist die Gas-Feld-Ionenquelle (gas field ion source, GFIS) mit sogenannter Überspitze, wie sie am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg entwickelt wurde und mittlerweile in Lizenz von einem amerikanischen Unternehmen gebaut wird (Bilder 1 und 2). Sie erreicht einhundertfach höhere Stromdichten im Brennfleck; dieser kann theoretisch auf 10 Nanometer begrenzt werden. Die Ionenenergien differieren unabhängig von der Gasart nur um ein Elektronenvolt, so daß es wesentlich einfacher ist, einen scharfen Fokus zu erhalten. Zudem arbeitet das System bei schwächeren elektrischen Feldern; darum gibt es keine Mehrfachionisation, und Massenfilter sind nicht erforderlich. Bei dieser Quelle werden Gasatome im elektrischen Feld polarisiert (dabei verschiebt sich ihre Elektronenwolke, so daß ein Dipolmoment entsteht) und dann von der Metallspitze angezogen, wo sie wieder durch Feldionisation Elektronen verlieren. Weil dieser Vorgang durch Wärmebewegung gestört würde, muß die Quelle extrem gekühlt werden. Das macht dieses Verfahren allerdings technisch anspruchsvoll: Mit Wasserstoff, Helium und Neon als Medium beträgt die Betriebstemperatur 20 Grad Kelvin; dabei ist ein Vakuum von Torr erforderlich, um Verunreinigungen zu verhindern. Unter diesen Bedingungen ist es beispielsweise schwierig, das System auf die optische Achse auszurichten, denn bevor der Strahl über die Felder der Ionenlinsen justiert und fokussiert werden kann, muß die Spitze anhand ihres Ionenstrahls mechanisch auf ein Mikrometer genau ausgerichtet werden. Zudem benötigt man zur Kühlung gute Wärmeleiter. Normalerweise sind dies auch elektrisch gut leitende Materialien; die Wärmeenergie wird dann von Elektronen abtransportiert. Dies verbietet sich von selbst aufgrund der Hochspannung. Der Temperaturausgleich erfolgt deshalb nicht über Leitungselektronen, sondern durch Gitterschwingungen etwa in Spezialkeramiken. Die Idee zu dieser Entwicklung stammt aus der Grundlagenforschung: Die GFIS basiert auf dem Feldionenmikroskop, dem ersten System, mit dem man einzelne Atome abbilden konnte. Für einige Anwendungen hatte man bei solchen Messungen die Polarität umgekehrt, so daß Ionen auf die Metallspitze geschossen wurden. Dabei konnte es geschehen, daß Atome auf der Elektrodenoberfläche wanderten und so kleine Überspitzen bildeten. Schaltete man wieder zurück in die normale Betriebsart, schrumpfte der Abstrahlwinkel von 30 Grad (einen so großen Winkel verwendet man für die Abbildung) auf unter 1 Grad, und im schlimmsten Falle kam es sogar zum Funkenüberschlag. Die Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Halbleiterlabor des MPI für Kernphysik unter Leitung von Siegfried Kalbitzer machten sich nun gerade diesen Effekt zunutze: Durch gezielten Heliumbeschuß erzeugten sie auf Wolframspitzen mit einem Durchmesser von einem viertel Mikrometer nur wenige Nanometer große Überspitzen. Nach fast neunjähriger Entwicklungszeit ist das Verfahren jetzt anwendungsreif. Derzeit suchen die Wissenschaftler ein besseres Verständnis der Ionenentstehung und der damit verbundenen Energieunschärfen zu gewinnen. Zudem denken sie über neue Anwendungen nach.

Perspektiven

Prinzipiell eignet sich das Verfahren auch zur Dotierung von Halbleitern, sofern man – in der Halbleiterindustrie übliche – Gasverbindungen verwendet und mit dem Ionenstrahl punktgenau spaltet. Doch sind diese Substanzen chemisch reaktiv; sie würden die Überspitze angreifen, weshalb die Gruppe vorläufig von dieser Anwendung absieht.

Es wurde auch schon Halbleitermaterial direkt – also ohne den Umweg über die Lithographie – durch Ionenbeschuß verändert. Der zerstört die Kristallstruktur, und die dabei resultierenden amorphen Bereiche im Silicium verhalten sich optisch anders. So könnten optische Datenspeicher mit hoher Dichte beschrieben werden; denkbar sind aber auch so gefertigte mikromechanische Bauteile.

Fokussierte Ionenstrahlen eignen sich – ähnlich den Strahlen von Rasterelektronenmikroskopen – auch als abbildendes System, denn sie lösen Sekundärelektronen aus, die gemessen werden und so ihren Entstehungsort abbilden können. So kann man gleichzeitig Halbleiter gezielt modifizieren und diese Veränderung darstellen, ohne ein zusätzliches Instrument, etwa ein Elektronenmikroskop, zu benötigen (Bild 3).


Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 1994, Seite 33
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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