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Paläogenetik: Gene mit Gedächtnis

Die molekulare Archäologie hat sich in den vergangenen zehn Jahren zu einem Zugpferd der Altertumswissenschaft entwickelt. Stehen die großen Rätsel der Geschichtsforschung davor, mit Hilfe des DNA-Schlüssels geknackt zu werden?
Anfang der 1990er Jahre sorgte die Paläo­genetik für eine Sensa­tion. George Poinar junior von der University of California in Berkeley entdeckte in 40 Millionen Jahre alten, in Bernstein eingeschlossenen Termiten gut erhaltene Erbsubstanz. Die Entdeckung ins­pirierte den Buchautor Michael Crichton zu der Saurierfantasie "Jurassic Park", die spätestens mit ihrer Verfilmung durch Steven Spielberg weltweit für Euphorie sorgte. Mit einem Schlag schienen alle Probleme der Geschichtsforschung lösbar. In Büchern und Filmen stiegen leibhaftige Riesenechsen aus Reagenzgläsern, wurden Einstein und Goethe wiedergeboren und bedrohte Tierarten vor dem Aussterben gerettet.

Aber leider: Die Realität erteilte solchen Träumen eine Absage. Die menschliche Erbsubstanz besteht aus Millionen von Teilstücken. Nur gemeinsam ergeben sie ein vollständiges Bild, eine Blaupause des Lebens. Doch selbst damit bleiben Klon-Experimente Wunschträume der Paläontologen. Zerfallene DNA wieder zu vollständigen Chromosomen zusammenzusetzen ist jenseits aller wissenschaftlichen Kunst. Noch komplizierter wäre die Aufgabe, aus Chromosomen eine funktionierende Eizelle zusammenzuflicken, aus der sich Leben entwickeln könnte. Die Steuer- und Regelungsenzyme, die beim Heranreifen längst ausgestorbener Lebewesen eine Rolle spielten, haben die Dinosau­rier mit in den Tod genommen.

Je älter die Erbsubstanz, desto unleserlicher sind die verbliebenen Schnipsel. Ein Rückgriff auf Jura, Trias oder Kreide, die Erdzeitalter der Riesenechsen, die vor rund 65 Millionen Jahren ausstarben, ist angesichts dieses DNA-Verfalls eine nicht zu bewerkstelligende Rolle rückwärts. Spätestens bei 50 000 Jahren ist Schluss. Mehr Erfolg versprechen Überreste von Lebewesen aus jüngeren Epochen: An den Wurzeln der Menschheit wurden Forscher fündig.

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Neurodiversität: Eine neue Sicht auf die Vielfalt unseres Denkens

Mit dem Begriff Neurodiversität beschreibt die Wissenschaft die natürliche Vielfalt unseres Denkens – und eröffnet neue Perspektiven auf Autismus, ADHS & Co. Aber warum ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Diagnosen so deutlich gestiegen? Unsere Titelgeschichten gehen dieser Frage nach und beleuchten medizinische Ursachen ebenso wie gesellschaftliche Einflüsse und geschlechterspezifische Unterschiede. Erfahren Sie zudem im Interview mit Molekularbiologe Prof. Thomas Bourgeron, welche Rolle genetische Faktoren bei der Ausprägung und Diagnostik neurodiverser Eigenschaften spielen. Auch soziale Ungleichheit steht im Fokus dieser Ausgabe, denn neue Studien zeigen, wie sie politische Einstellungen beeinflusst und was Menschen dazu bringt, autoritäre Persönlichkeiten zu wählen. Daneben erklärt Maren Urner im Interview, was die ständige digitale Reizflut mit unserem Gehirn macht – und weshalb Langeweile gut für die mentale Gesundheit ist. Zudem berichten wir, warum Antidepressiva oft nicht wirken und welcher Weg zu einer maßgeschneiderten Therapie führen kann.

Spektrum der Wissenschaft – Präzision statt Zufall – Genomeditierung revolutioniert Pflanzenzucht

Seit der Mensch Pflanzen anbaut, versucht er auch, Erträge und/oder Widerstandskraft durch Zucht gezielt zu optimieren. Was zunächst als simple Auslese begann, hat sich unter anderem dank der Fortschritte in der Molekularbiologie längst deutlich erweitert. Doch Methoden, bei denen ins Erbgut der Gewächse eingegriffen wird, wecken bei vielen Menschen Bedenken und stellen auch die Gesetzgebung vor Herausforderungen. Wie präzise die neueren Verfahren sind und welche Regelungen derzeit gelten oder diskutiert werden, erfahren Sie in unserem Titelthema. Weitere Themen: Im Notfall kann die Wasserversorgung schnell an ihre Grenzen kommen – eine große Aufgabe für den Katastrophenschutz. Was können Klimaforschende aus historischen Daten zur Weinqualität in Europa über die Vergangenheit lernen, und warum schmeckt alkoholfreier Wein so anders als solcher mit Alkohol? Außerdem gehen wir der Frage nach, was Fischschwärme, Hirnströme und Supraleitung gemeinsam haben und wie Emergenz diese Komplexität erklären könnte.

Spektrum - Die Woche – Die wichtigsten Fragen zur Gürtelrose-Impfung

Jährlich erkranken etwa 300 000 Personen in Deutschland an Gürtelrose – wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Impfung. Darüber hinaus: Das Interview mit Antje Boetius über die Geheimnisse der Tiefsee, begleitend zum Start unseres Podcasts »Die großen Fragen der Wissenschaft«.

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