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Schlaf: Hält blaues Licht uns doch nicht wach?

Licht am Abend stört unseren Schlaf. Vor allem blaues Licht steht unter dem Verdacht, uns unruhige Nächte zu bescheren – weshalb etwa viele Smartphones bereits die Möglichkeit bieten, in den Abendstunden wärmere Töne zu verwenden. Doch diese Filter, meinen Forscher um Timothy Brown von der University of Manchester, sind möglicherweise an der Realität vorbeigeplant: Denn ihren Experimenten zufolge könnte kälteres, blaues Licht sogar weniger stören als gelbe Farbtöne.

Die Wissenschaftler testeten an Labormäusen, wie der Körper Lichtreize unterschiedlicher Wellen länge verarbeitet. Ähnliche Experimente wurden schon früher durchgeführt. Dabei stießen Forscher unter anderem auf die fotosensitiven Ganglienzellen, einen dritten Lichtrezeptor neben den Zapfen und Stäbchen in der Netzhaut des Auges. Diese Ganglienzellen reagieren auf Unterschiede in der Umgebungshelligkeit und übermitteln ihre Signale an die Schalt zentralen unserer inneren Uhr, die dann den Tag-Nacht-Rhythmus steuern. Zentral ist dabei das Protein Melanopsin, das auf Licht unterschiedlicher Wellenlänge reagiert und so nachgeschaltete Neurone aktiviert. Am stärksten regt es sich bei blauem Licht – woher die Annahme rührt, dass uns dieses am Abend länger wach hält. Doch wie Browns Team nun beobachtete, funkt bei Menschen und Versuchsmäusen offenbar ein weiteres System dazwischen: die in der Netzhaut stationierten Zapfen, die bei verschiedenen Wellenlängen jeweils unterschied liche Signale beisteuern. Bestrahlten die Forscher ihre Versuchstiere unterschiedlich, arbeiteten durch blaues Licht angeregte Zapfen weniger aktiv als solche, die zum Beispiel auf gelbes Licht reagieren. In der Summe hoben sich die Effekte von Zapfen und Ganglienzellen dadurch auf – und alle Lichtfarben hatten ziemlich ähnliche Auswirkungen auf die inneren Uhren.

Entscheidend für den schlafstörenden Effekt von Licht ist demnach weniger die Farbe als vielmehr die Helligkeit, fassen Brown und seine Kollegen ihre Erkenntnisse zusammen. Vorerst ungeklärt bleibt, warum blaues Licht in vielen anderen Studien als schlafstörend auffiel. Für Brown könnte das damit zusammenhängen, dass es nicht ganz einfach ist, verschiedene Farben in gleicher Intensität einzustrahlen. Nicht selten werde bei Experimenten nur das Verhältnis von kurzen zu längeren Wellenlängen bei der Strahlenquelle verändert, was den Farbeindruck dann in die gewünschte Richtung verändert. Dies gehe aber mit einer gewissen Änderung der Intensität einher, und so könnte in der Vergangenheit etwa mitunter die Wirkung von intensiverem Blau mit der von schwächerem Gelb verglichen worden sein.

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  • Quelle
Current Biology 10.1016/j.cub.2019.10.028, 2019
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