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Schwangerschaft: Hängen Herpes und Autismus zusammen?

Knapp jede fünfte Frau in Deutschland ist mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 2 (HSV-2) infiziert, das sich meist in Form von unangenehmen Bläschen im Genitalbereich bemerkbar macht. Jetzt entdeckte ein Team um Milada Mahic von der Columbia University in New York im Rahmen einer großen Bevölkerungsstudie in Norwegen, dass sich bei den Müttern von Jungen mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) doppelt so häufig HSV-2-Antikörper im Blut nachweisen ließen.

Die Forscher werteten die Daten von 442 Frauen mit ASS-Kindern aus, die zwischen 1999 und 2008 auf die Welt gekommen waren. Diese verglichen sie mit denen von 464 Müttern von Kindern ohne Autismus, die im gleichen Zeitraum niedergekommen waren. Im Mittelpunkt standen Analysen von Blutproben, die während der Schwangerschaft und bei der Geburt entnommen und auf vier potenziell Föten schädigende Viren wie Herpes, Röteln oder den Parasiten Toxoplasma gondii untersucht worden waren.

Hohe Konzentrationen von Antikörpern gegen HSV-2 – ein Zeichen für eine aktive Infektion kurz zuvor – hingen dabei mit einem verdoppelten späteren Risiko für ASS bei Jungen zusammen. Bei Mädchen konnte ein solcher Schluss nicht gezogen werden, da die Stichprobe hier zu klein für gesicherte Aussagen war, so die Forscher. Bei den anderen vier Erregern zeigte sich ebenfalls keine Korrelation.

Mahic und Co mutmaßen, dass die betroffenen Mütter womöglich genetisch bedingt heftig auf die Infektion mit bestimmten Viren wie HSV-2 reagieren. Die Entzündungsreaktion und die produzierten Antikörper könnten dann vielleicht Einfluss auf die Hirnentwicklung des Kindes nehmen. Der an der Studie beteiligte Mediziner Ian Lipkin von der Columbia University betont allerdings: "Wir sagen nicht, dass HSV-2 das fötale Hirn infiziert und Autismus verursacht." Es könnte aber vielleicht ein Faktor unter vielen sein, der das Risiko erhöht.

Einige Wissenschaftler sind ohnehin skeptisch, inwiefern solche vorgeburtlichen Entzündungs­reaktionen tatsächlich zu ASS beitragen können. Studien deuten darauf hin, dass im Gehirn der betroffenen Kinder in den ersten beiden Lebensjahren massive Umbauarbeiten stattfinden, bevor die Symptome sich schließlich zu äußern beginnen.

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  • Quellen
mSphere 10.1128/mSphere.00016-17, 2017
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