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Heinrich Hertz. Eine Biographie.

Hoffmann und Campe, Hamburg 1997. 605 Seiten, DM 58,–.

Allgemein bekannt ist Heinrich Hertz (1857 bis 1894) als Entdecker der elektromagnetischen Wellen (1886/1887), damit als Wegbereiter des Rundfunks und allgemein der drahtlosen Kommunikationstechnik. Als Bezeichnung für die Einheit der Frequenz lebt sein Name im heutigen Alltag fort. Hertz brachte um 1890 die von James Clerk Maxwell (1831 bis 1879) ab 1855 formulierte Theorie des elektromagnetischen Feldes und damit zugleich die sogenannte klassische Physik zur Vollendung. Bei genauerer Betrachtung seines Werks wird deutlich, daß er, wäre er nicht bereits 36jährig gestorben, wohl auch zu den Wegbereitern und Mitbegründern der modernen Physik – etwa neben dem fast gleichaltrigen Max Planck (1858 bis 1947) – gehört hätte.

Die berühmten Experimente über schnelle elektromagnetische Schwingungen hatte er an der Technischen Hochschule Karlsruhe durchgeführt, an der er von 1885 bis 1889 wirkte. Er sei „ebenso befähigt, die abstraktesten mathematischen Theorien zu beherrschen, wie die daraus hergeleiteten Fragen experimenteller Art mit großer Geschicklichkeit und großer Erfindungsgabe in den Methoden zu lösen“. Mit diesen Worten empfahl 1888 der berühmte Hermann von Helmholtz (1821 bis 1894) seinen Schüler Hertz für das Physikordinariat an der Universität Bonn. Gern hätte Helmholtz diesen begabten jungen Forscher an die Berliner Universität geholt, wo durch den Tod Gustav Robert Kirchhoffs (1824 bis 1887) die Professur für Theoretische Physik frei geworden war. Doch Hertz wollte sich nicht auf die Theorie beschränken und zog deshalb den Bonner Physiklehrstuhl vor – wo er dann allerdings vor allem theoretisch arbeitete: Neben den Grundgleichungen der Elektrodynamik entwickelte er eine Neufassung der Prinzipien der Mechanik.

Zahlreiche Publikation befassen sich sowohl mit dem physikalischen als auch dem erkenntnistheoretisch-philosophischen Gehalt der Hertzschen Arbeiten. Eine umfangreichere und fundierte Biographie stand jedoch bisher aus. Die bisherigen (kürzeren) Lebensdarstellungen fußten vorwiegend auf Nachrufen und Würdigungen der Zeitgenossen sowie auf der 1927 von der Tochter Johanna Hertz besorgten Auswahledition „Heinrich Hertz – Erinnerungen, Briefe, Tagebücher“ (2. Auflage, Weinheim 1977).

Albrecht Fölsing, ein unter anderem durch seine Biographien über Albert Einstein und Wilhelm Conrad Röntgen ausgewiesener Wissenschaftsjournalist, hat nun nicht nur die verschiedensten relevanten Archive durchforstet und ist dabei auf interessante neue Materialien gestoßen; ihm stand auch der Nachlaß der Tochter Mathilde Hertz zur Verfügung, so daß er Hertzens Tagebuch, Experimentierprotokolle sowie eine Vielzahl von Briefen im Original einsehen konnte.

Die Fülle des Materials breitet er, meist in Zitaten aneinandergereiht, in seinem Buch aus. Das bringt zwar eine starke Fixierung auf die Person mit sich, aber es gelingt dem Autor dennoch, Hertz und sein Wirken in das wissenschaftliche und gesellschaftliche Umfeld einzuordnen. Der flüssig geschriebene Text liest sich durchaus spannend.

Fölsing zeigt Hertz als bescheidenen und zögerlichen, immer wieder von Selbstzweifeln geplagten, doch andererseits von seinen Überlegungen und Experimenten überzeugten und seine Ideen konsequent verfolgenden Wissenschaftler. Der Autor geht ausführlich auf die Entwicklung der physikalischen Ideen ein, bleibt aber gleichwohl einem breiteren Publikum – an das sich dieses Buch wendet – verständlich. Die wenigen unumgänglichen Gleichungen sind in die Anmerkungen verbannt. Überhaupt ist die Darstellung ein Beweis dafür, wie man populär schreiben und dennoch für den wissenschaftlich orientierten Leser exakt zitieren und nachweisen kann.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 2 / 1999, Seite 82
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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