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Donau-Universität Krems: "Heiße Luft" in der Wachau?

Die Donau-Universität im niederösterreichischen Weinort Krems ist die erste staatliche Hochschule in Europa, die sich ausschließlich auf postgraduale Weiterbildung spezialisiert. Doch ihr bläst der Wind ins Gesicht.


Die Chancen der Donau-Universität bestehen darin, ihren Unitatscharakter auszubauen und zu bewahren", sagt der ehemalige Kuratoriumsvorsitzende Leopold März, Rektor der Universität für Bodenkultur in Wien. Der Grund für diese Einzigartigkeit: Weiterbildung "in intelligent definierten fachlichen Nischen", welche die 1994 gegründete Hochschule im Herzen der Wachau zu ihrem Kerngeschäft gemacht hat.

Kurse werden in den Bereichen Wirtschafts- und Managementwissenschaften, Telekommunikation, Information und Medien, Europäische Integration sowie Umwelt- und Medizinische Wissenschaften angeboten. Seit 1999 hat sich die Zahl der Studierenden verdreifacht. Gegenwärtig sind 2000 Studierende in den rund fünfzig verschiedenen Weiterbildungskursen eingeschrieben. Die meisten kommen aus Österreich, nur ein Viertel aus dem Ausland. In Krems lernen sie zum Beispiel in einer "funktional orientierten Basisausbildung" mit "flexiblem Lehrgangsdesign" "ihre eigenen Grenzen und ihren persönlichen Handlungsspielraum bewusst zu erweitern und eine starke Ziel- und Erfolgsorientierung zu entwickeln". Nach der Uni-Philosophie setze sie das in die Lage, "Veränderungsprojekte erfolgreich zu bewältigen".

Der Durchschnittsstudent an der Donau-Universität ist 35 Jahre alt, hat in der Regel bereits ein Hochschulstudium abgeschlossen, verfügt über die ersten Praxisjahre und ist – so erläutert die Unileitung stolz – "auf dem Weg, seine berufliche Position zu festigen oder auszubauen". Dabei helfe ihm die Krems-Methode: berufsbegleitende Blockseminare, die je zu einem Viertel aus theoretischem und praktischem Input, Fallstudien und Anwendung des Erlernten am Arbeitsplatz oder im eigenen Unternehmen bestehen. Abgeschlossen wird mit einem universitätseigenen Zertifikat oder international üblichen akademischen Graden wie Master of Business Administration (MBA) oder Master of Advanced Studies (MAS). Die Gesamtkosten liegen zwischen 5000 und 25000 Euro pro Kurs, je nach Zahl und Dauer der Module beziehungsweise Blockveranstaltungen innerhalb des jeweiligen zwei- bis viersemestrigen Aufbaustudiums. Werner Fröhlich, aus Flensburg kommender Präsident der Donau-Universität, hält die hohen Lehrgangskosten für die beste Evaluierung. Und PR-Chef Gerhard Gensch sagt: "Im internationalen Vergleich sind unsere Studiengebühren ausgesprochen moderat: Es war nie unser Ziel, uns mit Billiganbietern zu vergleichen oder im europäischen Bildungsmarkt in der Kategorie Sonderangebote geführt zu werden."

Die Uni finanziert sich mit ihren Gebühren zur Hälfte selbst, wird nach privatwirtschaftlichen Kriterien wie ein Unternehmen geführt und ist dabei Europas erste und bislang einzige ausschließlich auf postgraduale Weiterbildung spezialisierte staatliche Uni. Der Bund übernimmt die Kosten für Personal und Sachmittel, das Land Niederösterreich die Kosten für die Infrastruktur.

Selbstreflexion der Teilnehmer

Es gäbe durchaus auch Studienangebote, die sich nicht "rechnen", so Fröhlich, wie die in der neu strukturierten Abteilung für Kulturwissenschaften. Dort wird interkulturelle Kompetenz vermittelt. Die Studierenden erhalten ein "spezielles Training zur Verbesserung ihrer Beobachtungsgabe" und werden mit "Handwerkszeug für funktionierende Geschäftsbeziehungen" vertraut gemacht. Ziel eines anderen Seminartrainings ist es, die Teilnehmenden "zu ihrem persönlichen Lebensziel zu begleiten: zu dem Zustand, der sie glücklich macht, der es ihnen erlaubt, später einmal zurückzublicken und zufrieden zu sein mit dem Erlebten und Erreichten." "Wir sind keine Wissensvermittlungsanstalt, sondern wollen zur Selbstreflexion der Teilnehmer beitragen", erläutert Fröhlich das Anliegen seiner Hochschule.

Sie ist denn auch – bei solchen Zielen – nicht unumstritten. Kritiker werfen ihr Verschwendung von Steuergeldern und intransparente Finanzgebarung vor. Ganz offensichtlich regen sich hier Neid und Missgunst der etablierten österreichischen Universitäten. Kritik kommt aber auch von innen. So haben junge wissenschaftliche Mitarbeiter Krems bereits nach kurzer Zeit wieder verlassen. Und es gibt Pädagogen, Medienfachleute und Filmmanager, die nach Postgraduate-Kursen in Kommunikation an der Donau-Universität nicht nur enttäuscht, sondern entsetzt sind, wie niveaulos das Ganze war und wie wenig geboten wurde. "Heiße Luft auf dem Teller" hat der österreichische Kabarettist Helmut Qualtinger solches dereinst genannt. Dem hält Gensch entgegen, dass viele Absolventen heute "in Top-Positionen in der Wirtschaft oder in öffentlichen Einrichtungen" tätig sind.

Eine vom österreichischen Bildungsministerium beauftragte Expertengruppe unter Vorsitz des früheren Präsidenten der deutschen Hochschulrektorenkonferenz Uwe Erichsen bescheinigt der Donau-Universität Krems "Entwicklungspotenzial". Gefordert wird aber vor allem, "die Verstetigung einer universitären Ansprüchen genügenden kritischen Masse durch Vermehrung des im festen Vollzeitdienstverhältnis zur Donau-Uni stehenden wissenschaftlichen Personals herbeizuführen". Jeder der überwiegend in Nebentätigkeit wirkenden Lehrbeauftragten unterrichtet dort nicht selten gerade mal zwei Stunden pro Jahr. Für dieses mehr oder weniger unverbundene Nebeneinander von Vorträgen fehle "ein bestimmten Standards verpflichtendes Einschätzungs- und Beurteilungspotenzial". Und weiter: "Die mit dem Begriff Universität auch heute noch verbundenen Ansprüche sind in Krems bisher allenfalls punktuell eingelöst."

Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 2002, Seite 96
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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  • Infos
Donau-Universität Krems -> http://www.donau-uni.ac.at/
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