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Trends in Halbleitern: Herausforderung "Komma eins"

Unter Laborbedingungen lassen sich höchstintegrierte Schaltkreise mit bis zu 0,1 tausendstel Millimeter kleinen Strukturen bereits herstellen, doch die geeignete Technologie für eine industrielle Produktion ist noch umstritten.

Kapazität und Leistung elektronischer Bausteine haben sich seit Anfang der achtziger Jahre vertausendfacht: Im vergangenen Jahr präsentierten Forscher in den USA erstmals einen Speicherchip, der eine Milliarde Bits (ein Gigabit) aufnimmt, und einen Mikroprozessor, der mehr als eine Milliarde Anweisungen pro Sekunde auszuführen vermag. Experten des amerikanischen Instituts der Elektro- und Elektronikingenieure in New York erwarten schon gegen Ende des kommenden Jahrzehnts nicht nur die Markteinführung eines dynamischen Speichers (DRAM) mit 4-Gigabit-Kapazität, sondern immerhin auch erste Labormuster von Prozessoren mit nochmals tausendfach höherer Leistung.

Diese beeindruckenden Zahlen sind freilich trügerisch, denn es wird in der Halbleitertechnik zunehmend schwieriger, solche Prototypen in marktfähige Produkte umzusetzen. Die Verbreitung von Taschen-Videophonen, Telekonferenz-Systemen und ähnlichen Anwendungen schafft zwar unablässig Bedarf für leistungsfähigere Chips; sie müssen sich aber auch kostengünstig in Massen produzieren lassen.

Bislang gelang es äußerst erfolgreich, die Elemente elektronischer Schaltkreise immer weiter zu verkleinern und sie dann noch dichter auf einem Chip unterzubringen, doch näherte man sich damit immer mehr technologischen Grenzen (Bild 1). Speicherchips führten bislang die Miniaturisierung an; Mikroprozessoren ziehen mittlerweile gleichauf: Strukturen des Pentium-Prozessors der amerikanischen Firma Intel messen nur mehr 0,35 Mikrometer (tausendstel Millimeter), und die Steuerelektroden der auf den künftigen Gigabit-Speicherchips integrierten Transistoren werden gar 0,1 bis 0,2 Mikrometer klein sein. Physiker, Chemiker und Ingenieure sind allerdings noch darüber uneins, welches lithographische Verfahren zu ihrer Herstellung überhaupt geeignet sei.

"Komma eins", wie die magische Grenze von 0,1 Mikrometern in Fachkreisen genannt wird, entspricht etwa dem Durchmesser einer DNA-Helix oder einem Tausendstel der Dicke eines menschlichen Haares. Bei diesen Dimensionen versagt allerdings die bisher genutzte photographische Abbildung von Masken auf einen Silicium-Einkristall: Schaltkreismuster, durch riesige, mehr als 1,5 Millionen Mark teure Linsensysteme projiziert, werden bei derzeit verwendeten Wellenlängen dann bereits leicht verschwommen abgebildet; ultraviolettes Licht – für die geforderte Auflösung eigentlich ausreichend – wird hingegen absorbiert, bevor das Muster übertragen ist.

Alternativ dazu entwickelte man in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Röntgenlithographie, deren Wellenlängen von wenigen Nanometern theoretisch noch wesentlich kleinere Strukturen abbilden könnten (Bild 2). Im vergangenen Herbst vereinbarten einige amerikanische Firmen, darunter IBM, AT&T und Motorola, das Verfahren gemeinsam zur Anwendungsreife zu bringen. In Europa führten Labors vor einigen Jahren sogar die Entwicklung dieser Technologie an; doch wegen der absehbar hohen Kosten für die maschinelle Ausrüstung und der schlecht abzuschätzenden Unsicherheiten bei der Umsetzung in die industrielle Praxis konzentrierte sich die Forschungsförderung auf die Weiterentwicklung der Photolithographie, wie auch einige amerikanische Konzerne gegenwärtig zu hohen Investitionen dafür bereit sind.

Die inhaltlichen und forschungspolitischen Differenzen sowie andere technischen Probleme mit der Herstellung so kleiner Schaltkreise drohen den gewohnten Drei-Jahre-Rhythmus bei der Einführung einer jeweils neuen Generation von Speicherchips und Mikroprozessoren zu unterbrechen. Dies könnte die Halbleiterindustrie, deren Umsatz sich von gegenwärtig weltweit 150 Milliarden Mark in den nächsten fünf Jahren verdoppeln soll, unter ziemlichen Marktdruck bringen. Die Unternehmen müßten bei höheren Gesamtkosten ihre Produktivität weiter steigern, um die Herstellungskosten pro Speicher- oder Prozessorelement beim Generationswechsel wie üblich drastisch zu senken. Dementsprechend erhielt 1995 ein Projekt im Rahmen des Joint European Submicron Silicon Program (JESSI) einen Anerkennungspreis, das neue Strukturen in Dimensionen bis hinunter zu 0,25 Mikrometern entwickeln soll; den Hauptpreis erkannte die Jury dem Projekt "Siliciumwafer für die Submikron-Technologie" zu, in dem unter anderen das deutsche Unternehmen Wacker in Wasserburg Herstellungsverfahren für extrem reine und plane Wafer erarbeitet.

Grenzen der Photolithographie

Das lithographische Verfahren der Halbleiterindustrie hat mit der vor zwei Jahrhunderten von Alois Senefelder (1771 bis 1834) erfundenen "Steindruckerey" kaum mehr als den Namen gemein. Die abzubildende Schaltung wird zunächst in Form von Linien aus Chrom auf eine Quarzglas-Platte – die Maske – aufgetragen. Dieses Bild projiziert man entweder bei Kontaktbelichtung im Maßstab 1:1 oder mit dem erwähnten optischen System aus mehr als 30 Linsen verkleinert (etwa im Maßstab 5:1 oder 10:1) auf einen wenige Quadratzentimeter großen Chip-Ausschnitt des runden Silicium-Wafers mit einem Durchmesser von rund 20 Zentimetern, der mit einem Mikrometer dicken Film aus einem lichtempfindlichen Polymer (genannt Photolack oder Resist) beschichtet ist. In kleinen Schritten verfährt man den Wafer und belichtet einen Ausschnitt nach dem anderen; deshalb nennt man ein solches Gerät auch Stepper (Bild 4).

Je nach Verfahren werden dann entweder die belichteten oder unbelichteten Partien des Photolacks entfernt und die gewünschten Strukturen durch Ätzen in der jeweils freiliegenden Oberfläche erzeugt beziehungsweise mit Fremdatomen wie Bor und Arsen dotiert (Bild 3); auf diese Weise lassen sich auch Anschlußstellen für Verbindungsleitungen festlegen. Schließlich zersägt man den Wafer in die einzelnen Chips, die einen schützenden Keramik- oder Plastikmantel erhalten.

Zur Fertigung der Gigabit-Chips könnte ein gepulster Excimerlaser mit ultraviolettem Licht von 0,193 Mikrometern Wellenlänge eingesetzt werden. Allerdings absorbiert der herkömmliche Photolack so viel davon, daß sich die Belichtungszeit deutlich verlängert; damit wird fraglich, ob die teuren Anlagen noch wirtschaftlich arbeiten können.

Auch die wenigen für dieses energiereiche Licht überhaupt tauglichen Linsenmaterialien sind noch nicht ausgereift. Bestimmte Quarzgläser beispielsweise absorbieren zu stark und heizen sich auf, was den Brechungswinkel verändert und die Abbildung verfälscht.

Wenn diese Probleme gelöst sind, stellt sich die Aufgabe, bei Wellenlängen von 0,193 oder gar 0,243 Mikrometern Strukturen von nur 0,18 Mikrometern Größe herzustellen. "Malen Sie mal eine Linie, die schmaler ist als der Pinsel", erläuterte Steven D. Berger von den AT&T Bell-Laboratorien in Murray Hill (New Jersey). "Es gibt zwar Möglichkeiten dafür, aber nicht viele, dies genau zu steuern, noch dazu in der Routine und hinreichend schnell."

Die Chip-Herstellung unterliegt zudem einem Gesetz der Optik, das jedem Photographen bekannt ist: Eine große Objektivöffnung erhöht zwar die Auflösung, verringert aber die Schärfentiefe – bei Belichtungen im ultravioletten Spektralbereich auf weit weniger als einen Mikrometer. Auf einen ohnehin niemals völlig ebenen Wafer und erst recht auf bereits vorhandene dreidimensionale Strukturen (komplexe Schaltungen erfordern mehrere Arbeitsschritte) läßt sich das Licht deshalb kaum überall gleich gut fokussieren – der Ausschuß an fehlerhaften Chips könnte sprunghaft emporschnellen und die Herstellungskosten intakter damit in die Höhe treiben.

Eine Möglichkeit, die erforderliche Schärfentiefe zu erhalten, bieten spezielle Masken, welche die Phase des durchtretenden Lichts verändern; dadurch erhöht sich die Linienauflösung um 50 bis 100 Prozent. Allerdings ist deren Herstellung teuer und schwierig, und mit ihnen lassen sich nicht alle geometrischen Muster erzeugen. Immerhin arbeiten das belgische Forschungszentrum für Mikroelektronik IMEC in Leuven und das amerikanische Unternehmen Texas Instruments seit dem vergangenen Jahr an entsprechenden Verfahren für Gigabit-Speicher mit Strukturen von 0,18 Mikrometern Größe.

Das Problem mangelnder Schärfentiefe ließe sich auch umgehen, wenn der Photolack nicht wie üblich einen Mikrometer tief belichtet werden müßte. Wenn man sich auf lediglich 0,2 Mikrometer beschränkt und einen speziellen Resist verwendet, kann man den Wafer in einer Vakuumkammer einer gasförmigen, siliciumhaltigen Verbindung aussetzen: Unbelichtete Flächen adsorbieren das Silicium und schützen so das darunterliegende Material vor ätzenden Sauerstoff-Ionen; an belichteten Stellen dringen die Ionen hingegen durch die dünne Lackschicht. Außer der Verbesserung des Photolacks sucht man auch die Ebenheit der Oberflächen durch Polieren oder chemische Verfahren zu optimieren.

Ein Prototyp eines derartigen lithographischen Systems entstand bereits am Lincoln-Laboratorium des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge. Das amerikanische Forschungs- und Entwicklungskonsortium Sematech sucht in Kooperation mit Industrie, Hochschul- und Regierungseinrichtungen Verfahren mit kurzwelligem Ultraviolett zur Marktreife zu bringen; und Intel plant, mit solchen Technologien vom Jahre 2001 an Mikroprozessoren zu fertigen, deren kleinste Strukturen 0,18 Mikrometer messen. Allerdings liegt die Entwicklung der 0,193-Mikrometer-Lithographie um etwa drei Jahre hinter dem Zeitplan für die Markteinführung der Gigabit-Chips zurück. Zudem ist nach wie vor unklar, ob man damit tatsächlich jährlich viele Millionen Chips herzustellen vermag.


Röntgenstrahlen als Alternative?

Wissenschaftler, die jahrzehntelang über die Grundlagen der Röntgenlithographie forschten, ohne sonderliches Interesse der Industrie erwecken zu können, hoffen nun auf den Durchbruch ihrer Disziplin. Die Entwicklungen in den USA wurden bislang hauptsächlich vom amerikanischen Verteidigungsministerium und von IBM als einzigem Unternehmen gefördert, das neuerdings AT&T und Motorola für eine Kooperation gewonnen hat.

Auf den ersten Blick ist das Verfahren ideal geeignet: Mit rund einem Nanometer (millionstel Millimeter) beträgt die Wellenlänge von Röntgenstrahlung nur ein Vierhundertstel derjenigen des Lichts, das in den modernsten marktüblichen Photolithographiesystemen verwendet wird.

Allerdings unterscheiden sich Erzeugung und Verwendung der Strahlen beträchtlich – und daran entzünden sich die Diskussionen. Während man zur optischen Lithographie Laser verwenden kann, benötigt man für sehr monochromatische Röntgenstrahlung ein Synchrotron. Ursprünglich für physikalische Experimente entwickelt, beschleunigt ein solches Gerät mittels supraleitender Magnete Elektronen auf Kreisbahnen; dabei emittieren die Teilchen elektromagnetische Wellen der geforderten Qualität. Den einzigen kommerziellen Synchrotron-Speicherring in den USA besitzt IBM; in Japan arbeitet Sortec, ein Konsortium aus Regierungseinrichtungen und Industrieunternehmen, ebenfalls auf diesem Gebiet.

Die Baukosten einer solchen Maschine scheinen mit 30 bis 75 Millionen Mark – entsprechend etwa drei Prozent oder weniger der Investitionen für eine konventionelle Halbleiterfabrik – nicht übermäßig hoch, lassen sich doch mit einem Synchrotron 16 Stepper gleichzeitig versorgen. Allerdings fallen diese Aufwendungen unabhängig von der beabsichtigten Kapazitätssteigerung an; um einzelne Stepper zu betreiben, suchen denn auch AT&T und IBM ein mit Lasern erzeugtes Plasma als Röntgenquelle einzusetzen – der Produzent des dabei genutzten Geräts stellte allerdings 1993 den Betrieb ein, ein anderes ist nicht auf dem Markt.

Gegen diese Form der Lithographie wird auch angeführt, daß es bislang noch keine kommerziellen Systeme gebe, um Röntgenstrahlen zu fokussieren. Ohne entsprechend kostengünstige Verkleinerungslinsen oder -spiegel für Stepper muß man die Muster der Schaltkreiselemente auf den Masken in originaler Größe fertigen. Das ist technisch aufwendig und erschwert es, mehrere Masken zur Deckung zu bringen. Die Herstellung eines Gigabit-Chips erfordert aber immerhin etwa 20 lithographische Schritte, und bis zu acht davon müssen mit einer Paßgenauigkeit von wenigen Dutzend Nanometern ausgeführt werden.

Mit Mitteln aus dem Forschungsetat der amerikanischen Advanced Research Projects Agency baut IBM nun eine Fabrik für Röntgenmasken. Nur wenige Materialien absorbieren diese kurzen Wellenlängen, insbesondere Gold und Wolfram. Das Metall muß allerdings in ungewöhnlichen Konfigurationen auf einer Silicium-Membran deponiert werden, Gold beispielsweise als 0,4 bis 0,5 Mikrometer hohe Schicht, um Strahlen zu absorbieren, aber mit einer Linienbreite von nur etwa 0,1 Mikrometern.

Unsicherheiten über die Zukunft der optischen Verfahren mögen die Entwicklung der Röntgentechnologie begünstigen, doch droht die staatliche Förderung knapper zu werden. Selbst IBM zog bereits 1993 eine eher skeptische Bilanz der bis dahin erzielten Erfolge. Noch in diesem Jahr wollen die kooperierenden amerikanischen Unternehmen entscheiden, ob es sich lohne, den nächsten Schritt hin zur kommerziellen Produktion zu wagen und erneut Hunderte von Millionen Dollar zu investieren.

Fokussierung von Röntgenstrahlen

Die Grundlagen einer Röntgenlinse werden allerdings ohnedies in einigen wenigen Projekten erforscht; dabei sollen auch Techniken, die im Rahmen der amerikanischen Strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) entwickelt worden waren, für die Chip-Herstellung nutzbar gemacht werden: Regierungseigene Einrichtungen der Kernwaffen- und Kernenergieforschung brauchen nach Ende des kalten Krieges neue Aufgaben.

Drei staatliche Laboratorien – Sandia, eine militärische Einrichtung nahe Albuquerque (Neu-Mexiko), sowie Lawrence Berkeley und Lawrence Livermore in Kalifornien – sind auf diesem Gebiet führend. Sie haben dazu mit Intel, AT&T und anderen Unternehmen, die Wissen und Testmöglichkeiten zur Verfügung stellen, ein Konsortium gebildet. Verfolgt wird das Prinzip, die Röntgenstrahlen durch Beschuß eines Metalltargets mit einem Hochleistungslaser zu erzeugen und auf eine Maske zu lenken; diese reflektiert die Strahlen, die sich dann mit einem Spiegelsystem bündeln lassen; so sollte das Bild der Maske verkleinert werden können. Auch die japanischen Unternehmen Nikon und Hitachi forschen in dieser Richtung.

Inzwischen steht ein Werkstoff aus alternierenden Silicium- und Molybdänschichten zur Verfügung, der Röntgenstrahlen der gewünschten Wellenlänge reflektiert, anstatt sie zu absorbieren. Allerdings müssen diese Spiegel auf einer Fläche von mehreren Quadratzentimetern mit einer Genauigkeit von höchstens einem Nanometer eben sein. Um mit ihren Forschungen nicht wieder die alten Diskussionen aufleben zu lassen, nennen die Wissenschaftler das, was man früher als weiche Röntgenstrahlung bezeichnete, nunmehr extremes Ultraviolett.


Elektronenstrahl-Lithographie

Eine weitere Technologie, mit der sich die gewünschten Strukturen durchaus herstellen lassen, ist längst etabliert: Wie ein Schreibstift zeichnet ein mittels Elektroden steuerbarer Strahl von Elektronen Linien direkt auf einen Resist. Einige Unternehmen stellen damit Masken für die Photolithographie her.

Schon seit 20 Jahren sucht man nach Möglichkeiten, das Verfahren auch für große Stückzahlen einzusetzen, doch ist es nach wie vor zu langsam: Während beim Belichten einer Maske ein ganzes Ensemble von Schaltkreis-Mustern auf einmal übertragen wird, muß man mit dem Strahl geladener Teilchen jedes Schaltelement einzeln zeichnen, die Fertigung eines einzigen Chips dauert so mehrere Stunden. Nur einige nicht auf Silicium basierende Hochleistungsbausteine werden auf diese individuelle Weise produziert.

Seit Ende der achtziger Jahre erforscht man an den Bell-Laboratorien die Anwendung eines breiten Elektronenstrahls, der das Chip-Substrat rasterförmig überstreicht. Wie bei der Photolithographie wird er durch eine Maske geleitet und deren Bild mit einer Linse verkleinert.

Theoretisch könnte man sogar konventionell Hunderte oder gar Tausende winziger Kathoden auf einem Silicium-Wafer verfertigen, die alle jeweils einen Elektronenstrahl erzeugen und steuern; eine solche Kathodenmatrix erlaubte, eine ganze Schar von Spuren gleichzeitig zu zeichnen, die jeweils weniger als 0,05 Mikrometer Breite haben. Noel C. MacDonald, Elektrotechniker an der Cornell-Universität in Ithaca (New York), hat eine derartige Anordnung von 1000 Kathoden entwickelt – Labormuster für einen Elektronenstrahl-Apparat auf einem einzigen Chip.

Damit sollten sich vorerst Masken und womöglich später auch kleine Speicherbausteine oder Prozessoren verfertigen lassen. Zusammen mit seinen Studenten Yang Xu und Scott A. Miller entwickelte MacDonald auch ein winziges Raster-Tunnelmikroskop, dessen photolithographisch hergestellte Motoren nur 200 Mikrometer groß sind. Mit der zusätzlich geschärften Spitze des Mikroskopsystems (Bild 5) hat man es in verschiedenen Laboratorien bereits geschafft, einzelne Atome hin- und herzuschieben. Eine Matrix derartiger Mikromotoren und Spitzen könnten also die Oberfläche eines Wafers direkt in Dimensionen von wenigen Nanometern strukturieren – und zwar schnell und verläßlich genug für kommerzielle Anwendungen. So plant das Almaden-Forschungszentrum von IBM in San Jose (Kalifornien), in Zusammenarbeit mit AT&T, Hewlett-Packard und Sony 5-Gigabyte-Speicher mittels Kraftfeldmikroskopen bis zum Jahre 2000 herzustellen.

Strukturen aus dem heutzutage allgemein vorherrschenden Metalloxid-Halbleiter (MOS) ließen sich immerhin bis zu einer Größe von etwa 0,03 Mikrometern (weniger als ein Zehntel jener des modernsten produktionsreifen Schaltkreises) verkleinern. Jenseits dieser Grenze könnte es allerdings schwierig werden, die Transistoren auszuschalten, denn Elektronen würden sie dann aufgrund des quantenmechanischen Tunneleffekts unkontrollierbar durchwandern.

Um Millionen so winziger Transistoren miteinander zu verbinden, müßten zudem die Leitungen wie mehrstöckige Autobahnkreuzungen übereinander angeordnet werden. Der elektrische Widerstand äußerst dünner Drähte und die von den Signalen zurückzulegenden wachsenden Entfernungen verringern aber Zugriffs- und Rechengeschwindigkeit; und bei der Produktion könnten Staubpartikel von der Größe der winzigsten Elementdetails das Bauteil ruinieren.

Um auch nur die technischen Probleme bei der Fertigung zu lösen, bedürfte es eines wesentlich höheren apparativen Aufwands als derzeit üblich – immerhin kostet es bereits jetzt etwa drei Milliarden Mark, eine neue Produktionsstätte zu errichten. Allerdings könnte der Einfallsreichtum der Konstrukteure immer kleinere Strukturen überflüssig machen: Indem man mehrere Ebenen von Transistoren stapelt, ließe sich unter Umständen eine höhere Integrationsdichte mit derzeit üblichen Bauelementgrößen erzielen.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 2 / 1996, Seite 70
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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