Holzpower für Kleinkraftwerke
Dass Kohle, Erdöl und Erdgas, aber auch Uran als primäre Energiequellen nicht der Weisheit letzter Schluss sind, ist eine bittere Erkenntnis. Vereinfacht gesagt fehlen fossilen Brennstoffen geschlossene, ausgeglichene und kurzlebige Stoffkreisläufe, wie regenerative sie aufweisen. Kernenergie setzt zwar während des Betriebs keine Treibhausgase frei, erfordert aber erhebliche technische Aufwendungen und stößt in der Öffentlichkeit auf geringe Akzeptanz. Die seit den Anfängen der Menschheit energetisch genutzte Biomasse hingegen ist nachwachsend par excellence. Sie entnimmt der Atmosphäre Kohlendioxid zum Zellaufbau und setzt diese Menge beim Verbrennen wieder frei. Auch Nachhaltigkeit lässt sich leicht erfüllen: Nur was nachwachsen kann, darf auch verfeuert werden.
Äste, Schwachholz und Rinden, deren Sammeln normalerweise keinen Gewinn bringt, wären eine mögliche und noch weitgehend ungenutzte Energiequelle. Des Weiteren Reste aus Sägewerken – dort mittlerweile durchaus zur Wärmegewinnung eingesetzt – sowie Altholz, das etwa beim Sperrmüll anfällt und bisher gegen Gebühr entsorgt werden muss. Wie aus solchem "Abfall" Gewinn bringend Energie werden könnte, hat sich unser Fraunhofer-Institut überlegt.
Kraftwerke sollten nahe beim Brennstofflieferanten liegen, kostspielige Transporte entfallen dann. Demnach kämen zentrale Großkraftwerke als Nutzer nicht in Frage. Sollte ein dezentrales Kleinkraftwerk nun Strom, Wärme oder beides erzeugen? Zwei Argumente sprechen für die letztere Lösung mit weit überwiegendem Stromanteil: Diese Energieform lässt sich ortsunabhängig ins Versorgungsnetz einspeisen, während Nah- oder Fernwärme vor allem in städtischen Ballungsräumen benötigt wird; des Weiteren übertrifft der Erlös für Strom den für Fernwärme um das Vier- bis Fünffache.
In konventionell befeuerten Dampfkesselanlagen wird Wasser durch heiße Rauchgase verdampft und treibt über eine Turbine einen Stromgenerator an. Solche Anlagen arbeiten erst bei Leistungen von 50 Millionen Watt (Megawatt) effizient, das heißt in Großkraftwerken (Wirkungsgrad 40 Prozent). In den hier interessierenden Leistungsbereichen von ein bis fünf Megawatt weisen so genannte Blockheizkraftwerke (BHKWs) wesentlich bessere Wirkungsgrade auf, nämlich 30 bis 38 Prozent gegenüber 15 bis 20 Prozent mit konventioneller Technik. Sie verstromen beispielsweise Erdgas oder Diesel mit entsprechenden Motoren. Diese dezentralen Einheiten, die bereits Wohnsiedlungen, ja sogar einzelne Kranken- oder Kaufhäuser versorgen, haben einen beachtlichen Entwicklungsstand erreicht. Durch Modularisierung lassen sie sich dem jeweiligen Leistungsbedarf gut anpassen, ihre kompakte Bauweise reduziert den Platzbedarf, Serienfertigung senkt die Investitionskosten.
Der Nachteil dieser Wahl: Statt Holz direkt zu verbrennen, müssen wir es zuvor in Öl oder Gas umwandeln. Wir entschieden uns für die Holzvergasung. Im Zweiten Weltkrieg hatten deutsche Ingenieure den Holzvergaser zum Antrieb von Kraftfahrzeugen entwickelt. Das moderne Verfahren erzeugt Brennstoff wesentlich höherer Qualität und das in größerer Menge. Dazu verwenden wir in unserer Pilotanlage einen Wirbelschichtreaktor. Darin wird Sand auf 900 Grad Celsius erhitzt, und dann kommen Holzspäne hinzu. Luft strömt von unten durch Düsen ein, es entsteht ein so genanntes Wirbelbett. Bei ausreichender Sauerstoffzufuhr verbrennt das Holz, bei gedrosselter verschwelt es, und brennbares Gas entsteht.
Das lässt sich allerdings noch nicht direkt in einem handelsüblichen Motor oder einer Turbine verbrennen. Denn beim Schwelen reagieren die zahlreichen Inhaltsstoffe auch zu unerwünschten Nebenprodukten, vor allem Teer, der Maschinen verkleben und verstopfen würde. Waschverfahren sind zu kostspielig, wir nutzen in einer Pilotanlage stattdessen die katalytische Reinigung, vergleichbar dem Abgaskatalysator beim Auto. In nachfolgenden Stufen werden noch Aschen aus dem Gas gefiltert, dann kann man es verbrennen.
Die Ergebnisse sind ermutigend. Das Entwicklungsziel: ein BHKW mit einem bis fünf Megawatt erzeugter elektrischer Leistung und einem jährlichen Verbrauch von 6000 bis 30000 Tonnen Holz. In einem bis zwei Jahren soll die Entwicklung abgeschlossen sein. Bis dahin arbeiten wir vor allem daran, die Zuverlässigkeit zu erhöhen und die mögliche gesamte Betriebsdauer zu verlängern.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 5 / 2000, Seite 95
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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