Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Hirnforschung: Ich sehe was, was ich nicht seh’

Mittels »Continuous Flash Suppression« kann man die Wahrnehmung eines Auges gezielt unterdrücken, während das andere wie gewohnt sieht. So lässt sich die unbewusste Reizverarbeitung des Gehirns ergründen.
Auge in Nahaufnahme

Angenommen, Sie könnten einen Gegenstand in Ihrer Umgebung – sagen wir die Tasse vor Ihnen auf dem Tisch – plötzlich nicht mehr bewusst wahrnehmen. Wie würde sich das auswirken? Wahrscheinlich hätten Sie große Probleme, nach ihr zu greifen. Dass dies aber nicht unbedingt so sein muss, bewies eine Frau, die als »Patientin D. F.« in die wissenschaftliche Literatur einging. Auf Grund einer Hirnverletzung war sie nicht mehr in der Lage, Objekte und deren Form bewusst zu erkennen. Dennoch gelang es ihr, eine Postkarte in einen Briefkastenschlitz zu stecken, obwohl sie auf Nachfrage dessen räumliche Orientierung nicht angeben konnte. D. F. sah zwar den Kasten, aber die Information, ob der Schlitz beispielsweise horizontal, vertikal oder diagonal ausgerichtet war, drang nicht in ihr Bewusstsein. Als sie die Karte hindurchschieben sollte, führte eine Art Autopilot in ihrem Kopf die Handlung selbstständig aus.

Ist Bewusstsein demnach nur ein Epiphänomen, also eine Begleiterscheinung ohne kausale Bedeutung für unser Handeln? …

Linktipps:

Die Real-Life-CFS in einem Video vorgestellt.

Weitere Informationen und Online-Demos zur interokularen Suppression.

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigt Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Plauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln, oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Spektrum Kompakt – Das Unbewusste

Viele unserer Denkprozesse laufen auf Autopilot ab. Untersucht wurden sie schon von Sigmund Freud, C. G. Jung und Alfred Adler. Heute arbeitet man daran, das Zusammenspiel von Unbewusstem und Bewusstem neuronal sichtbar zu machen oder psychische Abwehrmechanismen durch bestimmte Tests zu ergründen.

Spektrum - Die Woche – Fruchtblase heilt Auge

Nach einem Attentat wird ein Patient mit einer vielversprechenden Methode behandelt - ihm wird ein Stück menschlicher Fruchtblase auf das durch Säure verletzte Auge genäht, um den natürlichen Heilungsprozess anzuregen.

  • Quellen

Hesselmann, G. (Hg.): Transitions between consciousness and unconsciousness. Routledge, 2019

Korisky, U. et al.: »Real-life« continuous flash suppression (CFS)-CFS with real-world objects using augmented reality goggles. Behavior Research Methods 51, 2019

Schmack, K. et al.: Predicting subjective affective salience from cortical responses to invisible object stimuli. Cerebral Cortex 26, 2016

Sterzer, P. et al.: Neural processing of visual information under interocular suppression: A critical review. Frontiers in Psychology 5, 2014

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.