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Insekteneltern als Brutwächter

Manche Wanzen und andere solitäre Insekten schützen und verteidigen ihre Eier und Larven unter eigener Lebensgefahr. Nur in harten Umweltbedingungen beziehungsweise bei räumlich und zeitlich stark begrenzten Ressourcen zahlt sich dies für die Eltern aus.


Eines meiner Hauptforschungsobjekte ist die Wanzengattung Gargaphia. Diese Gitter- oder Netzwanzen, die ihren Namen wegen des stark zergliederten Panzers auf der Körperoberseite tragen, leben in den südöstlichen Vereinigten Staaten auf "Pferdenesseln", dem Karolinischen Nachtschatten. Sie ernähren sich von dessen Saft.

Die Weibchen pflegen ihre Eier und später die Larven zu bewachen: Sie haben Feinde, die es auf ihren Nachwuchs abgesehen haben, darunter Sichelwanzen, die mit dem scharfen, harten Rüssel noch die letzte Larve aussaugen würden. Die Wanzenmutter kann dagegen nicht viel mehr tun, als den Räuber ablenken, indem sie mit den Flügeln schwirrt und ihm auf den Rücken klettert. Das gibt den Kindern Zeit, zur Mittelrippe des Blattes zu hasten, die sie als Fluchtweg in die oberen Gefilde der Pflanze benutzen, wo sie sich schließlich in einem jungen, noch eingerollten Blatt verkriechen (Bild auf nächster Seite oben).

Falls die Mutter den ersten Überfall übersteht, folgt sie den Larven zunächst bis zum Blattstiel. An dieser strategischen Stelle postiert sie sich nun, denn oft kommt auch der Räuber hinterher, und sie stellt sich ihm wiederum entgegen. Sofern es ihr mit derlei Attacken gelingt, den Feind momentan abzuwehren, bahnt sie ihren Jungen den Weg zu einem als Versteck gut geeigneten Blatt, indem sie eine falsche Abzweigung blockiert. Allzuoft allerdings kosten die Abwehrmanöver sie das Leben, doch verschafft sie dadurch den Larven immerhin Gelegenheit, das ihre zu retten.

Eine ähnlich geartete Brutfürsorge durch Insekteneltern, oder besser -mütter, beschrieb der schwedische Naturforscher Adolph Modeer erstmals 1764 an Stachelwanzen, und zwar an der in Europa häufigen Fleckigen Brutwanze (Elasmucha grisea), die auf Birken und Erlen lebt. Das Weibchen, so hatte Modeer beobachtet, sitzt fest auf seinem Gelege. Wird es dort angegriffen, flüchtet es nicht etwa, sondern wendet den Rücken wie einen Schild in Richtung Feind.

Aber selbst noch mehr als 200 Jahre später stritten sich die Wissenschaftler heftig, ob man wirklich sagen dürfe, daß solche ansonsten nicht im Sozialverband lebenden Insekten sich aktiv um ihre Jungen kümmern. Sogar diejenigen, die das anerkannten, hielten Brutfürsorge und schon gar Brutpflege – die intensivere Form – für ein Phänomen, das bei den Wanzen erst in den höchstentwickelten Linien aufgetreten sei. (Der Spezialfall der hochsozialen Insekten ist in diesem Artikel nicht Thema; in den großen Insektenstaaten besorgen die Brutpflege ohnehin nicht die Eltern selbst, sondern andere ihrer Nachkommen.)



Zwar gemahnt die Fürsorglichkeit der Wanzenmütter durchaus an die Brutpflege bei höheren Wirbeltieren wie Vögeln und Säugern. Den noch ist das Verhalten bei Insekten evolutionsgeschichtlich wohl kaum eine späte Errungenschaft. In der einen oder anderen Form tritt Brutfürsorge, noch dazu gar nicht selten, bei den verschiedensten wirbellosen Tieren auf, etwa bei manchen Weichtieren, Würmern, Rädertieren und sogar bei Quallen. Unter den Gliederfüßern, also der Ordnung mit den Insekten, ist sie die Norm bei Hundertfüßern, Spinnen, Skorpionen, Asselspinnen und auch bei den Krebstieren, die wahrscheinlich die nächsten Verwandten der Insekten sind. Daß letztere sich vergleichsweise selten um den eigenen Nachwuchs direkt kümmern und elterliche Fürsorge wie zufällig über die einzelnen Gruppen verteilt aufzutreten scheint – es kommt verschiedentlich in 13 der Ordnungen vor –, könnte eher besagen, daß dieses Verhalten in vielen Linien früh verlorenging.

Dennoch fragen sich manche Entomologen, wieso dergleichen bei Insekten überhaupt noch vorhanden ist. Das Risiko für die Eltern ist unbestreitbar. Es wäre viel einfacher, stattdessen deutlich mehr Eier zu produzieren und diese sich selbst zu überlassen – und die meisten der Arten machen es ja auch so. Der Ameisenspezialist Edward O. Wilson von der Harvard-Universität in Cambridge (Massachusetts) allerdings schrieb in seinem 1975 erschienenen Buch "Sociobiology. The New Synthesis", das viel Zuspruch fand, elterliche Fürsorge sei entweder eine evolutive Reaktion auf übermäßig günstige oder auf übermäßig ungünstige Umwelten. Bei stabilen oder auch sporadischen reichen Ressourcen könne es in der Konkurrenz mit anderen von Vorteil sein, die Nachkommenzahl zu beschränken und ihnen stattdessen durch Brutfürsorge bessere Startchancen zu geben; und umgekehrt würden extrem harsche Verhältnisse – begrenzte oder schwer zugängliche Nahrung, rauhes Klima, großer Feinddruck und dergleichen – ein Überleben von Jungen eher erlauben, wenn die Eltern sie besonders schützen.

Die Aas- und Mistkäfer haben in der Konkurrenz um Kadaver und Dung, also außerordentlich konzentrierte, allerdings nur sehr kurz verfügbare Nahrungsressourcen, weltweit eine recht spezielle Form der Brutfürsorge, besser noch -vorsorge, ausgebildet. Entweder beide Eltern gemeinsam oder das Weibchen allein verfrachten das kostbare Gut so schnell wie möglich in eine unterirdische Kammer, wo es nicht nur vor dem Austrocknen, sondern auch vor dem Zugriff anderer geschützt ist.

Bei Totengräbern (Gattung Necrophorus) beispielsweise kann dies ein kleines Nagetier sein, das beide Eltern zusammen vergraben und zu einer Kugel formen; oben hinein pressen sie eine tiefe Mulde, worin später die Larven gewissermaßen im Schlaraffenland leben. Die Mutter, gelegentlich auch der Vater, tränken sie zusätzlich mit ausgewürgter Flüssigkeit. Und das Männchen paßt auf, daß ihm Rivalen die Beute nicht streitig machen oder den Nachwuchs töten. Das geht aus Studien von Michelle P. Scott von der Universität von New Hampshire in Durham und Gonzalo Halffter vom Institut für Ökologie in Veracruz (Mexiko) hervor.



So manche Insekteneltern bereiten für ihre Brut die Nahrung speziell vor. Erdwanzen der Gattung Sehirus etwa bringen den zarten Larven, die versteckt in einer Bodenvertiefung heranwachsen, Samen. Buckelzirpen der Gattung Umbonia verschaffen den winzigen Jungen Zugang zu den Zuckersaft führenden Gefäßen der Wirtspflanzen, indem sie in die Rinde eine Reihe spiraliger Schlitze beißen.

Holzfressende Insekten haben das besondere Problem, daß die gewöhnliche harte Nahrung für den Nachwuchs unverdaulich und zu stickstoffarm ist. Die Eltern müssen sie deswegen erst umwandeln. Bei manchen Arten erhalten die Jungen einen vorgekauten oder vorverdauten Nahrungsbrei und damit zugleich gelöste Nährstoffe sowie die lebenswichtigen Mikroorganismen für ihren Verdauungstrakt. Die tropischen Zuckerkäfer füttern die Larven direkt mit vorgekautem Holz; ähnlich machen es Wanzen der Gattung Cryptocercus. Die Jungen können den bereits umgesetzten Brei unmittelbar vom After der Eltern fressen; dabei nehmen sie auch gleich die Einzeller aus deren Darm zur Celluloseverdauung auf. Borkenkäfer wiederum legen ihre Eier in von ihnen angelegte Gänge. Die herausgebissenen Holzspäne impfen sie mit symbiontischen Pilzen, welche die Cellulose in eine für die Larven verdauliche Form umwandeln.

Meist beschränken Insekten, die bei der Brut bleiben, sich auf das Bewachen der Eier, doch einige Arten verteidigen später auch die Jungen; bei manchen macht das ein Elternteil allein, bei anderen agieren Mutter und Vater zusammen. Dann müssen Eltern und Nachkommen sich hinreichend verständigen und ihr Verhalten, vor allem Ortsveränderungen, aufeinander abstimmen. Nicht nur die eingangs angeführten Gitterwanzen, auch Blattwespen, Schildkäfer und Baumschwammkäfer beschützen ihre Larven während der Nahrungssuche. Mehr als eine Schar kann die Mutter aber nicht hüten, weswegen sie dafür sorgt, daß alle Kinder zusammenbleiben; wer sich absondert, dem schneidet sie den Weg ab.

Offensichtlich kümmern sich meistens die Mütter um den Nachwuchs. Bei den wenigen Arten, bei denen die Väter das tun, hilft ihr Einsatz, in ansonsten zu unwirtlichen Lebensräumen zu bestehen. Zum Beispiel würden die großen Eier von Wasserwanzen leicht austrocknen, wenn das Weibchen sie an Land legte, im Wasser jedoch würden die Embryonen regelrecht ersäuft. Wie aber sie gleichzeitig feucht halten und belüften?

Lethocerus ist eine urtümliche Gattung der Riesenwasserwanzen. Deren Weibchen legen die Eier auf einen Zweig direkt über dem Wasser, und das Männchen benäßt sie: Wieder und wieder taucht es unter, klettert dann heraus und beträufelt sie. Außerden ist seine Aufgabe, Räuber zu vertreiben. Die Männchen der Gattung Belostoma müssen das Gelege hingegen herumschleppen, denn das Weibchen klebt es ihnen auf den Rücken. So bepackt ist es wichtig, daß sie sich alle Augenblicke an die Wasseroberfläche begeben, um die Fracht ausreichend zu belüften. Sauerstoffreiches Wasser strudeln sie mit den Hinterbeinen darüber, oder sie machen, auf einem Zweig halb im Wasser sitzend, stundenlang regelrecht Liegestütze.



Auch verschiedene Käfer in der Gezeitenzone scheuen keine Mühe, damit die Brut nicht ertrinkt. Raubkäfer der Gattung Bledius, Laufkäfer der Gattung Bembidion und Sägekäfer der Gattung Heterocerus vermauern bei jeder Flut den schmalen Eingang zur Brutkammer, nur um ihn nachher wieder aufzubrechen.

Die von Wilson beschriebenen Randbedingungen fördern zweifellos die Entwicklung elterlicher Brutfürsorge bei Insekten. Doch wieso kümmern sich manche Arten um ihre Jungen und andere, die unter gleichen Bedingungen leben, nicht – mitunter sogar bei nah verwandten Spezies? Eine übliche Herangehensweise an eine solche Frage ist, eine einfache Kosten-Nutzen-Analyse zu erstellen.

Unter Umständen müssen die Eltern schwer dafür büßen, wenn sie sich dem Feind stellen statt zu fliehen. Solch ein Risiko ist für Wissenschaftler schwer zu quantifizieren, schon wegen des spärlichen Datenmaterials. Zumindest für die eingangs beschriebenen Gitterwanzen habe ich versucht zu vergleichen, wie oft die Weibchen angreifenden Springspinnen entkommen: Tatsächlich war die Todesrate dreimal so hoch, wenn die Gargaphia-Weibchen Mutterpflichten nachkommen mußten.



Brutpflege ist auch insofern kostenintensiv, als sie – mit wenigen Ausnahmen – zumindest ein Elterntier ans Nest fesselt. Was die Mutter betrifft, ist die Herstellung von Eiern, die ja relativ groß sind, physiologisch gesehen außerordentlich teuer. Während ein Weibchen Wache hält, kann es nicht gleichzeitig Nahrung suchen, also auch nicht Nährstoffe für ein weiteres Gelege aufnehmen. Gemessen an den physiologischen Möglichkeiten kann die Einbuße durch Brutfürsorge beträchtlich sein: Nimmt man Weibchen von Gargaphia gleich die Eier fort, legen sie mehr als doppelt so viele wie normalerweise.

Auf andere Weise geschieht das aber auch in der Natur. Die Zweischneidigkeit des Brutgeschäfts hat nämlich hin und wieder Betrugsmanöver aufkommen lassen, selbst innerhalb derselben Art. Einige Gargaphia-Spezies oder auch manche Buckelzirpen der Gattung Polyglypta schmuggeln ihre Eier möglichst in Gelege fremder Weibchen. Gelingt ihnen das, können sie sogleich einen zweiten Schub produzieren. Sonst müßte Polyglypta damit bis zum Schlupf der Larven warten, Gargaphia sogar, bis die Jungen erwachsen sind. Sollte ein Wanzenweibchen aber niemanden finden, dem es die ersten Eier zustecken kann, wird es die Jungen nur dann aggressiv verteidigen, wenn es entweder selbst schon alt ist und daher nicht mehr viel zu verlieren hat, oder wenn die Larven bereits kurz vor der Geschlechtsreife sind. Es kalkuliert gewissermaßen seinen eigenen Vorteil.

Einen anderen Ausweg, Pflegekosten einzusparen, beobachtete Catherine M. Bristow von der Michigan State University in East Lansing bei Buckelzirpen der Gattung Pubilia. Die Mutter bleibt bei den Jungen, bis Ameisen auf diese aufmerksam werden. Sie lecken deren zuckrigen Kot, den Honigtau, auf. Die Mutter kann sich nun ohne weiteres anderen Geschäften zuwenden, denn die wehrhaften Ameisen beschützen das lebende Naschwerk gut.

Der Kosten-Nutzen-Vergleich zeigt auch, wieso Brutpflegeaufwand sich für Insektenväter in der Regel verbietet. Spermien sind physiologisch gesehen billig: Der energetische Aufwand, um sie zu produzieren, ist vergleichsweise gering. Deswegen könnte ein Männchen durchaus noch welche bilden, während es Kinder hütet. Nur mangelt es ihm in dem Fall an Gelegenheit, den Samen loszuwerden. Solange es die eine Brut versorgen muß, kann es nicht woanders auf Brautschau ziehen.

Hinzu kommt, daß ein Insektenmännchen sich im allgemeinen der Vaterschaft nicht sicher sein kann. Insektenweibchen können Sperma in der Regel im Genitaltrakt aufbewahren, ja sogar bestimmen, welches von mehreren Chargen sie zur Befruchtung verwenden. Das macht für Männchen eine Investition in Brutpflege zu einem höchst unsicheren Geschäft.

Daß der Vater sich allein um den Nachwuchs kümmert, ist bei Insekten denn auch höchst selten. Bei den Wanzen kommt dies nur in drei Familien vor: bei einigen Raubwanzen, ganz wenigen Blattwanzen und allen Riesenwasserwanzen. Diesen Männchen gelingt es, trotz Brutpflege auf ihre Kosten zu kommen.

Beispielsweise machen die Männchen der Raubwanzen-Gattung Rhinocoris aus dem Eierhüten eine Schau, und sie haben damit bei den Weibchen Erfolg: Höchstens früh im Jahr, wenn noch kaum Eier gelegt sind, lassen diese sich überhaupt mit Männchen ohne Gelege ein. Ansonsten wählen sie Wache haltende Väter, als sei dies Gewähr für Fürsorglichkeit. Die Männchen kämpfen sogar um Gelege. Bei diesen Mordwanzen ist das sinnvoll, denn die Weibchen legen ihre Eier unmittelbar nach oder sogar während der Begattung. Was das Männchen bewacht, sind also mit einiger Sicherheit von ihm befruchtete Eier.

Zudem ist sowohl bei den betreffenden Wasserwanzen als auch bei den Mordwanzen das Angebot von Weibchen auf Männersuche dicht. Wie Lisa Thomas, die damals noch an der Universität Cambridge war, herausfand, lebt die kenianische Mordwanze Rhinocoris tristis nur auf Schmetterlingsblütlern der Gattung Stylosanthes. Sie trinkt den Nektar und jagt dort herum nach Insekten. Unter diesen Verhältnissen finden Weibchen offenbar leicht hütende Männchen, so wie es umgekehrt auch diesen trotz des Brutgeschäfts nicht an Partnerinnen mangeln dürfte, selbst wenn sie sich kaum vom Fleck rühren. Ähnlich erklärt Robert L. Smith von der Universität von Arizona in Tucson die Fürsorglichkeit der Männchen von Riesenwasserwanzen. Sie bilden in den Tümpeln ziemlich dichte Populationen: Die Männchen brauchen sich nicht auf die Partnersuche zu begeben, weil die Weibchen zu ihnen kommen.

Die weitaus meisten Insekten sparen, wie gesagt, die Kosten der Brutfürsorge. Stattdessen schützen sie ihre Eier auf vielerlei andere Weise. Mit langen, spitzen Legestacheln positionieren sie sie tief in Pflanzengeweben, oder sie legen sie in irgendwelchen Ritzen und Spalten, die sie versiegeln; sie können sie auch in harten, schwer zerstörbaren Eihüllen verpacken. Das eigentlich Entscheidende dabei ist immer, daß sie die Eier in vielen kleinen Portionen ablegen, jede an einem anderen Ort, und oft auch in größerem zeitlichen Abstand.

Allein schon deswegen sind die Verluste für die Eltern selten groß, wenn ein Räuber auftaucht. Gewöhnlich wird er nur ein paar der Eier entdecken, kann insgesamt aber nicht viel schaden. Das zeigte auch der Vergleich von hütenden und nicht hütenden Gitterwanzen. Die Gargaphia-Gelege mit meist reichlich hundert Eiern, von denen wir die Wächterin entfernt hatten, büßten bis zum Schupf mehr als die Hälfte davon ein. Die auf amerikanischen Platanen lebende Art Corythucha ciliata, die gut dreißig kleine Gelege auf vielen Blättern verteilt und dann sich selbst überläßt, verlor hingegen nur 16 Prozent ihrer Eier an Räuber.



Warum haben dann nicht alle Insekten die Brutfürsorge aufgegeben? Einfach weil sie sich unter bestimmten Bedingungen eben doch bezahlt macht. Und zwar ist das dann der Fall, wenn – etwa wegen des bevorstehenden Winters oder begrenzter Ressourcen – ohnehin keine weitere Fortpflanzung mehr möglich wäre. Dann kann es besser sein, alles in die eine Brut zu investieren. Unter dem Strich sind also die Kosten von Brutpflege nur dann größer als ihr Nutzen, wenn der hohe Einsatz der Eltern einer weiteren Vermehrung tatsächlich im Wege steht.

Die Weibchen der japanischen Erdwanze Parastrachia japonensis beispielsweise ziehen ihre Larven ausschließlich auf den heruntergefallenen Früchten von Schoepfia-Bäumen auf; der kurze Zeitraum der Fruchtreife reicht aber nur zur Aufzucht einer Jungeschar. Für das eine große Gelege hat die Mutter genügend Nahrung, auch um einige Wochen lang die Eier zu schützen und die Jungen zu füttern. Eine zweite Brut ist ohnehin nicht möglich.

Fast alle Insektenarten, bei denen die Eltern Eier oder Junge behüten und versorgen, müssen sich aus äußeren Gründen mit einem einzigen Gelege begnügen. Der ökologische Zwang dazu kann jahreszeitlich bedingt sein; oft sind Ressourcen begrenzt oder nur sporadisch verfügbar. Für die meisten Insekten gilt die andere Alternative: Weil sie ihre Eier räumlich und zeitlich verteilt ablegen können, wäre Brutfürsorge oder Brutpflege für sie Luxus: ein unangemessener und unnötiger Aufwand. Für die anderen aber ist dies die einzige Chance, damit ihre Nachkommen sie überleben.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 1999, Seite 86
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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