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Ionen-Projektions-Lithographie - eine aussichtsreiche Fertigungstechnik für Nano-Chips

Die Integrations- oder Speicherdichte elektronischer Bausteine läßt sich nur durch lithographische Verfahren noch weiter steigern, die Strahlung kürzerer Wellenlänge verwenden, als sie das heute übliche Ultraviolett-Licht hat. Ionen- haben gegenüber Röntgenstrahlen den Vorteil, scharf fokussierbar zu sein.


Mit einem Jahresumsatz von ungefähr 60 Milliarden Dollar versorgt die Chip-Industrie den auf 900 Milliarden Dollar geschätzten Weltmarkt an Elektronikprodukten. Kein Wunder also, daß jährlich viele Milliarden Dollar in die Entwicklung von Methoden fließen, mit denen man hofft, noch leistungsfähigere integrierte Schaltkreise produzieren zu können.

Deren Herstellung auf der Basis von Silicium als Halbleitermaterial erfordert eine Reihe präziser Verfahrenstechniken. Im ersten Schritt wird auf einer Scheibe aus kristallinem Silicium (einem Wafer) eine nur einen Mikrometer (tausendstel Millimeter) dicke, extrem reine Schicht aus Quarzglas (SiO2) erzeugt. Dies geschieht noch relativ einfach, indem man in einem Spezialofen Sauerstoffgas über den Wafer leitet.

Als nächstes müssen in diese Oxidschicht feine Strukturen hineingeätzt werden. Das Standardverfahren dafür ist die Mikro-Lithographie. Dabei wird zunächst ein photoempfindlicher Lack (Resist) aufgetragen. Als Maske für die anschließende Belichtung dient eine Glasplatte mit Chrombeschichtung, in welche die Schaltkreisstrukturen vergrößert hineingeätzt sind. Diese werden mit Ultraviolett-Licht – normalerweise in fünffacher Verkleinerung – auf die Photolackschicht abgebildet.

Nach dem Entwickeln wird die Quarzschicht an den nun ungeschützten Stellen mit einer Säure oder einem Plasma (ionisiertem Gas) weggeätzt. Derart strukturiert, dient sie dann ihrerseits als Maske für den nächsten Verfahrensschritt: die Dotierung, also das gezielte Einbringen von Fremdatomen, um Bereiche unterschiedlicher Leitfähigkeit zu erzeugen.

Für moderne Silicium-Chips – zum Beispiel DRAMs (nach englisch dynamic random access memories, dynamische Speicher mit wahlfreiem Zugriff) mit einer Kapazität von vier Megabit (also vier Millionen der elementaren Informationseinheit Bit) – sind bis zu 20 verschiedene Lithographie-Schritte erforderlich; dabei müssen die einzelnen Bilder jeweils genau zueinander passen.

Auf einem Wafer von 150 oder 200 Millimeter Durchmesser erzeugt man mit einem sogenannten Wafer-Stepper (Stückpreis: rund 1,5 Millionen Dollar) nebeneinander mehr als 100 Chips: Um die Silicium-Scheibe nacheinander mit dem etwa 10x20 Millimeter großen Schaltkreismuster zu belichten, wird sie auf einer entsprechend fein verschiebbaren Unterlage (einem sogenannten X-YTisch) schrittweise versetzt (gestoppt). Die Genauigkeit der Positionierung muß dabei ungefähr ein Zehntel der kleinsten Chip-Strukturen betragen, bei 4-Megabit-Chips mit feinsten Details von 0,7 Mikrometern also unter 0,1 Mikrometern liegen.

Je größer die Integrationsdichte der Chips, desto feiner haben die auf dem Silicium angebrachten Strukturen zu sein. Voraussichtlich wird die optische Lithographie noch die Erzeugung von Strukturen bis 0,25 Mikrometer dominieren (Spektrum der Wissenschaft, Oktober 1991, Seite 24). Doch der absehbare Industriebedarf gegen Ende der neunziger Jahre erfordert noch kleinere Strukturen: Beim Gigabit-DRAM mit seiner Kapazität von einer Milliarde Bit dürfen die feinsten Details nur mehr 0,15 bis 0,18 Mikrometer messen. Damit stößt man an die Grenze von Auflösungsvermögen und Schärfentiefe der optischen Lithographie, die durch die Wellenlänge des verwendeten Lichtes beschränkt sind.

Deshalb haben die Chip-Produzenten bereits mehrere Milliarden Dollar in die Lithographie mit der sehr viel kurzwelligeren Röntgenstrahlung investiert ( Spektrum der Wissenschaft, August 1990, Seite 30, und Mai 1992, Seite 109). Bis jetzt ist der technologische Durchbruch zur Produktionsreife jedoch nicht gelungen. Weil geeignete Linsenmaterialien zur Fokussierung von Röntgenstrahlung fehlen, muß die Maske (eine dünne Folie mit strukturierter Goldschicht) in Originalgröße auf den Wafer abgebildet werden. Dies stellt aber extrem hohe Anforderungen an die Genauigkeit der Maske und andere Faktoren im Fertigungsprozeß.

Als Alternative hat die Firma Ionen-Mikrofabrikations-Systeme (IMS) in Wien deshalb vor einigen Jahren ein lithographisches Verfahren zu entwickeln begonnen, das statt mit elektromagnetischer Strahlung mit Ionen arbeitet. Da sich Ionen (zum Beispiel Protonen, also Wasserstoff-Ionen) ebenso wie Elektronen wegen ihrer Ladung mit elektrischen Feldern beschleunigen und fokussieren lassen, kann man damit Maskenstrukturen wiederum verkleinert abbilden. Außerdem ist die den Teilchen zuordenbare

Materie-Wellenlänge extrem klein; somit beschränkt nicht sie, sondern die Exaktheit der Teilchen-Optik die erzielbare Auflösung. Die Fehlergrenzen dürften bei Bildfeldgrößen von 30x30 Millimetern lediglich etwa 0,01 Mikrometer (10 Nanometer) betragen. Damit ist der Weg frei zur Nanometer-Lithgraphie, die im kommenden Jahrzehnt für die Herstellung von Chips auf quanten-elektronischer Schaltbasis nötig wird (Spektrum der Wissenschaft, März 1989, Seite 20, und Januar 1991, Seite 76). Aber selbst bei der Herstellung von Chips mit Strukturen von 0,25 Mikrometern kann die Ionen-Lithographie bereits ökonomisch günstiger als die optische sein.

Das Prinzip dieses Yerfahrens entspricht dem der optischen WaferStepper (Bild l ); nur dienen eben Ionen als Abbildungsmedium ( sie haben gegenüber Elektronen den ernormen Vorteil, daß sie wegen ihrer mehrtausendfach größeren Masse im Resist-Material kaum gestreut werden). Fokussiert werden sie mit elektrostatischen Linsen aus metallischen Rohrelektroden, an denen hohe Spannungen anliegen.

Im Rahmen des EUREKA-Projektes EU50 haben wir den Prototyp eines Ionen-Projektors konstruiert (Bild 2). Die in einer Plasmakammer erzeugten und mit einem elektrischen Feld aus der Kammer herausgezogenen (extrahierten) Wasserstoff- oder Helium-lonen werden mit einer elektrostatischen Linse zu einem parallelen Strahl gebündelt, der auf die Maske mit den Schaltkreisstrukturen fällt. Als besonders vorteilhaftes Maskenmaterial hat sich dabei wiederum Silicium erwiesen: In nur 3 Mikrometer dicken Folien von 120 Millimetern Durchmesser ließen sich bis 0,4 Mikrometer kleine Öffnungen erzeugen. Ein ionen-optisches Abbildungssystem, das aus zwei elektrostatischen Linsen besteht, bündelt die hindurchfliegenden lonen und projiziert ein verkleinertes Abbild der Maske auf den lackbeschichteten Wafer. Mit zehnfacher ionen-optischer Verkleinerung konnten bis zu 0,06 Mikrometer feine Strukturen erzeugt werden. Bild 3 zeigt 0,14 Mikrometer kleine Strukturen, die bei fünffacher Verkleinerung hergestellt wurden.

Die lonenoptik ermöglicht eine enorme Schärfentiefe von einigen Dutzend Mikrometern (gegenüber 01 Mikrometern bei Ultraviolett-Licht j. Dabei beträgt die Bestrahlungszeit pro Chip-Bereich je nach Resist-Material nur einige hundertstel bis zehntel Sekunden. Zudem erlaubt die lonen-Projektion ein elektronisches Alignment: Das projizierte Bild kann ohne Bewegen mechanischer Teile mit elektrostatischen Feldern rasch auf weniger als 10 Nanometer genau positioniert werden. Schließlich ist diese Technik umweltfreundlich: Sie arbeitet weder mit toxischen Gasen noch mit gefährlicher Strahlung ( die beim Abstoppen der lonen entstehende Röntgenstrahlung wird in den Wänden des Vakuumgefäßes, das die Ionenoptik umgibt, völlig absorbiert).

Allerdings erfordert die industrielle Umsetzung weit mehr Geld, als die mit Risikokapital und Fördermitteln des österreichischen Staates finanzierte Entwicklungsfirma IMS aufbringen kann. Sie ist für die Entwicklung eines Ionen-Projektions-Steppers und die Vermarktung des Verfahrens auf potente Kooperationspartner angewiesen; Interesse zeichnet sich in den USA und Japan ab.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 1993, Seite 33
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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