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Borderline: Leben mit einer dünnen Haut

Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung haben in der Kindheit oft zwischenmenschliche Traumata erlitten. Einige Fachleute möchten sie deshalb anders als bislang diagnostisch einordnen – und behandeln.
Forschende gehen davon aus, dass es keine Borderline-Störung ohne schwere frühe zwischenmenschliche Belastungen gibt.

Die verstörenden Träume begannen vor zwei Jahren, als Ann wegen eines Burnouts im Krankenhaus war. Darin sah sie ihren Vater, sah Szenen von physischem und psychischem Missbrauch. Es waren Rückblenden in ihre Kindheit.

Ann heißt eigentlich nicht Ann, ihr Name ist zu ihrem Schutz geändert. Sie hat drei Töchter und ist allein erziehend. Ihre Kindheit verbrachte sie in einer ostdeutschen Stadt, eine Autostunde von Berlin entfernt. Ihr Vater und ihr Großvater waren Alkoholiker. Nach der Schule war sie oft allein daheim, aber noch schlimmer war es, wenn ihre Eltern nach Hause kamen. Sie waren beide gewalttätig, misshandelten sie körperlich wie seelisch. Als Teenager wurde sie mehrfach vergewaltigt, eine enge Freundin von ihr vom eigenen Vater ermordet.

Am meisten leidet die heute 40-Jährige darunter, wie wenig sich ihre Eltern um sie kümmerten. Als sie erzählte, dass sie vergewaltigt worden war, meinte ihre Mutter, sie sei selbst schuld gewesen. Als sie einmal von einem Auto angefahren wurde, sagte ihr Vater mitleidlos: »Steh wieder auf, ist doch alles in Ordnung.« Erst als ein Arbeitskollege schockiert fragte, warum ihr Kopf blutverschmiert sei, wurde ihr klar, wie schrecklich der Unfall gewesen war. »Das ist für mich das Schlimmste«, sagt Ann, während ihre Stimme zu zittern beginnt und ihr die Tränen in die Augen steigen. »Eltern zu haben, die mich nicht als Person sehen.«…

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Warum faszinieren wahre Verbrechen? True Crime ist ein Spiegel unserer psychologischen Neugier: Was macht Menschen zu Tätern – und wie gelingt es Ermittlern, die Wahrheit ans Licht zu bringen? In dieser Ausgabe geht es um die Kräfte, die Menschen in den Abgrund treiben oder zurückholen. Wir zeigen, warum Rache selten Frieden bringt, wie gefährliche Häftlinge in Sicherungsverwahrung leben, was das Stockholm-Syndrom über Überlebensstrategien verrät und mehr.

Gehirn&Geist – Multiple Persönlichkeit: Was hinter der dissoziativen Identitätsstörung steckt

Manche Menschen scheinen verschiedene Ichs in sich zu tragen, die im Wechsel die Kontrolle über den Körper übernehmen – mit jeweils eigenem Alter, Namen und Geschlecht. Unsere Experten, die zu dissoziativen Phänomenen forschen, stellen die wichtigsten Fakten zur »Multiplen Persönlichkeit« vor. Ergänzend dazu geht die Psychologin Amelie Möhring-Geisler der Frage nach, ob rituelle Gewalt in der Kindheit gezielt Persönlichkeitsspaltungen herbeiführt. In dieser Ausgabe beginnt zudem eine neue Artikelserie zum Thema »Long Covid und ME/CFS«. Im Interview spricht Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité über Ursachen von ME/CFS, den Versorgungsmangel in Deutschland und Hoffnung auf Medikamente. Darüber hinaus berichten wir über das Glücksparadox, das besagt: Je mehr wir dem Glück hinterherjagen, desto weiter entfernt es sich. Wir stellen das Thema psychotherapeutische Patientenverfügung vor, die im psychischen Krisenfall eine große Hilfe sein kann, sowie die noch immer rätselhafte Schmerzerkrankung Fibromyalgie, über deren Ursachen noch viel spekuliert wird.

Gehirn&Geist – Die Facetten unserer Persönlichkeit

Was formt die Persönlichkeit? In dieser Ausgabe erfahren Sie, wie Charakterzüge entstehen, welche psychologischen Modelle überzeugen und was für einen Einfluss etwa die Darmflora auf unser Verhalten hat. Außerdem werfen wir einen Blick auf die dunkleren Seiten des Ichs und mehr.

  • Quellen

Bohus, M. et al.: Dialectical behavior therapy for posttraumatic stress disorder (DBT-PTSD) compared with cognitive processing therapy (CPT) in complex presentations of PTSD in women survivors of childhood abuse. A randomized Clinical Trial. JAMA Psychiatry 77, 2020

Porter, C. et al.: Childhood adversity and borderline personality disorder: A meta-analysis. Acta Psychiatrica Scandinavica 141, 2020

Tyrer, P. et al.: The development of the ICD-11 classification of personality disorders: An amalgam of science, pragmatism, and politics. Annual Review of Clinical Psychology 15, 2019

Watts, J.: Problems with the ICD-11 classification of personality disorder. The Lancet Psychiatry 6, 2019

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