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Blickfang: Kahlschlag bei der Hirnreifung

Das Risiko, an Schizophrenie zu erkranken, gilt als erblich bedingt. Doch wie genau die genetische Disposition zum Ausbruch der Krankheit führt, ist unklar. Jetzt haben Wissenschaftler um Steve McCarroll von der Harvard University in Boston Hinweise darauf gefunden, dass eine bei Schizophreniepatienten häufig beobachtete Genvariante zum unkontrollierten Abbau von Nervenzellverbindungen während der Hirnreifung führen könnte.

Bisher wurde das Gen C4 auf dem Chromosom sechs ausschließlich mit dem Immunsystem in Verbindung gebracht. Doch die Forscher fanden nun an Mäusen heraus, dass es auch das "Pruning" steuert, einen Hirnreifungsprozess, bei dem überflüssige Verbindungen zwischen Neuronen bis zum frühen Erwachsenenalter kontinuierlich gekappt werden. Sind das zu viele oder die falschen Verbindungen, könnte das eine Schizophrenie auslösen.

Schon länger ist bekannt, dass die Zellen im Kortex von Betroffenen auffallend spärlich verknüpft sind. Dafür könnte die so genannte Variante A des Gens C4 verantwortlich sein.

Die Abbildung zeigt eine mikroskopische Aufnahme menschlicher Neurone in Zellkultur. Um das feine, nahezu transparente Geflecht sichtbar zu machen, haben die Forscher die üblicherweise im Zellskelett vorkommenden Strukturproteine rot und die DNA blau-violett angefärbt.

Die vom Gen C4 kodierten Proteine sind am grünen Farbstoff zu erkennen. Sie markieren diejenigen Synapsen, die beim Pruning gekappt werden sollen, vermuten die Forscher. Liegt das Gen in der Variante A vor, kommt es zu einer vermehrten Bildung von C4-Proteinen. Sind es zu viele, könnte das zu einem Kahlschlag führen, der Schizophrenie letztlich auslöst. Sie sind jedoch nicht die einzige Ursache für die Krankheitsentstehung; auch Umwelteinflüsse spielen eine wichtige Rolle. (bf)

Sekar, A. et al.: Schizophrenia Risk from Complex Variation of Complement Component 4. In: Nature 530, S. 177–183, 2016

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