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Konkurrenz um Drittmittel - zum Schaden der Forschung


Anläßlich der Jahresversammlung 1996 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Leipzig machte ihr Präsident Wolfgang Frühwald eindringlich darauf aufmerksam, wie bedeutsam gerade die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses für die Zukunft sei. Er beklagte, daß innerhalb von vier Jahren rund 38 000 Arbeitsplätze in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Industrie verlorengegangen seien und somit eine immer größere Anzahl junger, qualifizierter Postdoktoranden ohne eine ihrer Ausbildung adäquate Beschäftigung bleiben müßten. Die zurückgehende Zahl der Studienanfänger in den Natur-, Ingenieur- und Lebenswissenschaften sei eine unmittelbare Folge davon, und schon in wenigen Jahren werde in diesen Fächern der qualifizierte Nachwuchs fehlen. In dieser Situation, mahnte Frühwald, sei es die erste Aufgabe jeder Art von Forschungsförderung, "die in den Universitäten sehr dünn gewordene Nachwuchskette nicht reißen zu lassen, das neue Wissen weiterzugeben, zu entwickeln und immer neue Generationen junger Menschen für Wissenschaft und Forschung zu gewinnen".

Ein Großteil der Forschung in Deutschland – und damit des Einkommens von insgesamt rund 180 000 Wissenschaftlern – wird derzeit über Drittmittel (also jene außer der etatmäßigen Grund- und Personalausstattung durch die Länder) finanziert. Insbesondere die Hochschulen sind zunehmend auf das Einwerben solcher Gelder angewiesen. Der Wissenschaftsrat begründet diese Tendenz mit deren Versuch, "die stagnierende institutionelle Förderung", mithin die trotz weiterhin anschwellender Studentenzahlen unzulängliche Ausstattung mit Grundmitteln, auf diese Weise "zu kompensieren". Im Jahre 1990 betrug das Drittmittel-Volumen der Hochschulen rund drei Milliarden Mark, das ihnen unter anderem zu etwa 10 Prozent von Stiftungen und Fördergesellschaften, zu 15 Prozent von der Wirtschaft und von Verbänden, zu 29 Prozent vom Bund sowie zu 37 Prozent von der durch Bund und Länder finanzierten DFG zur Verfügung gestellt wurde.

Wenn ich in diesem Beitrag Mängel in der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses – insbesondere den Abbau von Planstellen zugunsten von flexibel einzurichtenden und zu streichenden Drittmittel-Stellen – beklage, dann möchte ich die widrigen Umstände nicht den Förderorganen anlasten. Sie bemühen sich, allen voran die DFG, mit großem Engagement um neutrale und qualifizierte Begutachtungen geplanter wie auch um gerechte und zuverlässige Finanzierung akzeptierter Projekte. Aber das Drittmittel-System fördert letztlich nicht immer die richtige Forschung – Opportunitätsüberlegungen spielen durchaus mit.


Struktur der Drittmittel-Forschung

Grundprinzip des Systems ist – zumindest in der Theorie – eine allmähliche Auslese anhand der Kriterien Flexibilität, Leistung und Sparsamkeit. Flexibilität der Forschung wird dadurch erreicht, daß Drittmittel immer nur für kurze Zeit vergeben werden, meist für ein bis fünf Jahre; nach Ablauf dieser Frist müssen wieder Gelder eingeworben werden. Bestand über eine Förderperiode hinaus haben also nur die Projekte, deren Ergebnisse positiv bewertet werden, so daß sich die Qualität der Forschung insgesamt verbessern sollte.

Wer überhaupt an Drittmittel gelangen will, hat zunächst einige Hürden zu überwinden: In Deutschland muß der Antragsteller über eine feste Anstellung im Wissenschaftssystem verfügen, darf also nicht selbst schon über Drittmittel finanziert sein. Die Vergabestelle – etwa die DFG, das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) oder die Europäische Union (EU) – bewertet bei der Prüfung des Antrags die bisherigen Leistungen des Wissenschaftlers und gegebenenfalls seiner Mitarbeiter sowie die Zweckmäßigkeit des beschriebenen Vorhabens; die geplanten Untersuchungen müssen eine fundierte Basis haben, neue Erkenntnisse in Aussicht stellen und erfolgversprechend ausführbar sein. Dabei geben das BMBF und die EU Forschungsthemen nach politischen Prioritäten vor, während die DFG Mittel nach wissenschaftsimmanenten Überlegungen vergibt. Ausdrücklich anzuerkennen ist, daß junge Wissenschaftler, die erstmals Fördergelder beantragen, bei der DFG einen Bonus erhalten.

Beurteilt wird die mit Drittmitteln geförderte Forschung also im vorhinein. Häufig dienen die Anzahl der Fachveröffentlichungen und die damit verbundene wissenschaftliche Reputation des Antragstellers als wesentlicher Bewertungsmaßstab. In größeren Fachrichtungen, in denen viele Forscher an verwandten Themen arbeiten, scheint dies auch relativ unproblematisch. Aber die Bewertung der wissenschaftlichen Qualität eines Artikels bei komplexen fachspezifischen Arbeiten ist äußerst schwierig. Außenstehenden Wissenschaftlern auch nahe verwandter Aufgabenbereiche steht einfach nicht genug Zeit zur Verfügung, sich mit speziellen Fragestellungen intensiv auseinanderzusetzen und qualifizierte Bewertungen vorzunehmen. Dies betrifft vor allem innovative Arbeiten in kleinen Fachbereichen oder grundlegende Arbeiten. Auch sagt die bloße Anzahl der Veröffentlichungen nicht sehr viel aus: Manche beruhen darauf, daß man immer nur einige wenige Parameter eines Computermodells verändert, während aufwendige analytische Untersuchungen mehrere Jahre in Anspruch nehmen können, bevor das Ergebnis publikationsreif ist.

Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Forderung nach fundierten Grundlagen eines Vorhabens. Relativ leicht sind konkrete Vorarbeiten der Antragsteller zu beurteilen, die zusammen mit zahlreichen Hinweisen auf aktuelle Fachliteratur den Gutachtern günstige Perspektiven aufzeigen; für den Antrag auf ein Fortsetzungsprojekt ist dies ohne größeren Aufwand zu bewerkstelligen. Wer jedoch auf einem völlig neuen Feld forschen will, über das meist auch in der vorhandenen Literatur wenig zu finden ist, wird kaum mit solchen Absicherungen aufwarten können – zumal dann, wenn die vorgesehenen Arbeiten gleich zu Anfang mit hohen Kosten verbunden wären. Beim Abschätzen von Nutzen oder Erfolg innovativer Forschungsansätze ist für den Gutachter das Risiko einer Fehlentscheidung mithin besonders hoch.


Auswirkungen in der Praxis

Eine Gefahr des Verfahrens ist, daß Forschungsthemen nicht allein nach wissenschaftsimmanenter Zweckmäßigkeit gesucht und vorgeschlagen werden, sondern danach, wie günstig die Aussicht auf Bewilligung der Fördermittel scheint. Eine weitere ist, daß auch die finanzielle Struktur des Vorhabens auf die Routinen der Drittmittel-Vergabestellen abgestimmt wird – bekannt ist, daß sie leicht kalkulierbare, einmalige Aufwendungen etwa für eine Anschubfinanzierung, für eine Expedition oder den Ankauf von Verbrauchsmaterial bevorzugen, hingegen ungern die Anschaffung von Gerät fördern, das gewartet werden muß und sonstige Folgekosten verursacht. Besitzt ein Institut zum Beispiel ein Massenspektrometer, das aus technischen Gründen die Messung von Strontium und Rubidium, aber keine anderen Analysen erlaubt, liegt es nahe, mit Hinweis auf den Kostenvorteil institutseigener Messungen sowie auf einschlägige Veröffentlichungen und vorhandene Spezialkenntnisse die Förderung von Projekten zu beantragen, die sich mit diesen Isotopen – etwa im Rahmen der Rubidium-Strontium-Methode zur Altersbestimmung von sehr alten Mineralien – befassen, ob das nun wissenschaftlich sonderlich sinnvoll ist oder nicht.

Direkt den wissenschaftlichen Nachwuchs betrifft, daß bei der Vergabe von Personalmitteln aus Sparsamkeitserwägungen weniger qualifizierte Mitarbeiter wie studentische Hilfskräfte, Diplomanden oder Doktoranden gegenüber etwas teureren Postdoktoranden deutlich bevorzugt werden. Auch das trägt indirekt zur Einschränkung neuer und komplexer Themen bei.

Zudem ist es schwierig, Drittmittel für interdisziplinäre Projekte einzuwerben. Zum einen ist der Aufwand, genügend Unterlagen zum Nachweis der wissenschaftlichen Basis solcher Vorhaben bereitzustellen, erheblich. Zum anderen fällt es gutachtenden Spezialisten schwer, einem Antragsteller fachübergreifende Kompetenz zuzubilligen.

Das System verfestigt schließlich eine Zweiklassengesellschaft, in der sich ein anregendes wissenschaftliches Klima nicht gut entwickeln kann: Professoren und festangestellte Mitarbeiter haben ständig umfangreiche Verwaltungsaufgaben zu erledigen und finden somit immer weniger Zeit für die eigentliche Forschung. Hat aber ein junger, über Drittmittel finanzierter Wissenschaftler neue Ideen, muß er zunächst mindestens einen festangestellten Kollegen finden, der quasi als Agent einen Antrag stellt – schon das ist nicht leicht in einem Umfeld, das unkonventionelle Ansätze als unsachgemäß erachtet.


Kosteneffektivität im Drittmittel-System

Der bürokratische Aufwand für zeitlich begrenzte Drittmittel-Projekte ist erheblich. Zunächst muß der Antrag formgerecht und dann – je nach beantragtem Finanzvolumen sowie der Förderinstitution – mehrfach begutachtet werden. Aber auch jeder Wissenschaftler, dessen Stelle über Drittmittel finanziert werden soll, muß für jedes Projekt neu eingestellt werden; denn nach fünf Jahren Beschäftigung am gleichen Institut könnte ein Angestellter auf Zeit nach deutschem Arbeitsrecht seine Stelle als Dauerposition einklagen. Dieser zusätzliche Verwaltungsaufwand von mehrfacher Kündigung und Neueinstellung ist ebenfalls zu berücksichtigen. Schließlich sind fluktuationsbedingt in relativ kurzen Zeitabständen die Drittmittel-Arbeitsplätze gemäß den wechselnden Aufgaben immer wieder neu einzurichten.

Eine Abschätzung der zeitzehrenden Regularien bei einem zweijährigen Forschungsprojekt ergibt: Für Vorarbeiten lassen sich etwa sechs Wochen veranschlagen, für das Ausarbeiten des Antrags weitere acht; jeweils drei Wochen erfordern das Einrichten des Arbeitsplatzes, der Verwaltungsaufwand und der Zwischenbericht, und für den Abschlußbericht sind nochmals zwei Wochen nötig. Eine Woche entspricht etwa einem Prozent der gesamten Laufzeit des Projekts; mithin gehen in der Summe rund 25 Prozent der Arbeitszeit eines Drittmittel-Wissenschaftlers für die Forschung verloren.

Antrag, Zwischenbericht und Abschlußbericht mag man nun als Teil der wissenschaftlichen Arbeit ansehen. Und gewiß ist es wichtig, daß nicht knappe Mittel aus dem Steueraufkommen mit dem Verfolgen unsachgemäßer Konzepte vertan werden. Doch ist auch die Kehrseite zu sehen: Der Grundgedanke für die angestrebte Forschung ist dem betroffenen Wissenschaftler bereits klar, sonst könnte er den Antrag gar nicht formulieren; damit geht es ausschließlich darum, den Gutachter der Förderinstitution in die Thematik einzuführen und davon zu überzeugen. Zwischen- und Abschlußbericht reduzieren auch nicht einfach nur den Aufwand für die spätere Veröffentlichung der Ergebnisse. Arbeitsberichte müssen vielmehr zu bestimmten Terminen abgeliefert werden, sind also gewissermaßen Bestandsaufnahmen zu Zeitpunkten, die sich nicht aus dem Fortgang der Forschung ergeben; oft werden – besonders bei innovativen Projekten – vorläufige Ergebnisse und deren Interpretationen später hinfällig und können nicht in die wissenschaftliche Publikation eingehen.

Die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse ist unerläßlich und die vielleicht wichtigste Aufgabe eines Wissenschaftlers. Sie beansprucht allerdings mindestens weitere 25 Prozent der Projektlaufzeit. Dabei ist die sogenannte Peer Review, die Rezension des Manuskriptes durch unbeteiligte Fachwissenschaftler, einerseits sehr sinnvoll; denn in der Regel wird die eingereichte Arbeit verbessert, und häufig regt die Diskussion mit dem Rezensenten dazu an, sich noch tiefgründiger mit den Forschungsergebnissen auseinanderzusetzen. Andererseits mißbrauchen gelegentlich neidvolle Kollegen den Review-Prozeß, um den wissenschaftlichen Konkurrenten zu schwächen oder dessen Ideen vor der Publikation für eigene Arbeiten zu nutzen. Zudem richten Rezensenten nicht selten ihr Urteil mehr nach Einfluß und Renommee der Hauptautoren aus als nach der wirklichen wissenschaftlichen Substanz des vorgelegten Manuskripts. In der Praxis bedeutet dies freilich für den über Drittmittel finanzierten Nachwuchswissenschaftler oft, daß er einen intensiven Briefwechsel führen und seinen Artikel eventuell mehrfach bei verschiedenen Zeitschriften einreichen muß, bevor es zur Veröffentlichung kommt.

Es bleibt also etwa die Hälfte der Arbeitszeit für die rein wissenschaftliche Tätigkeit, und dies auch nur dann, wenn Anträge nicht abgelehnt werden und Veröffentlichungen im Review-Prozeß nicht scheitern. Aber tatsächlich werden rund 60 Prozent aller Anträge auf Drittmittel-Förderung nicht akzeptiert; manch andere stellen Team-Chefs im wesentlichen nur, um Mitarbeiter zu halten. So dient wohl lediglich ein Zehntel, wenn nicht ein Zwanzigstel der angesetzten Forschungszeit dem Schaffen wirklich neuer Grundlagen und Erkenntnisse.


Entwertung der Promotion

Es hat sich eingebürgert, daß Dissertationen fast ausschließlich aus Drittmittel-Töpfen finanziert werden. In den Technik- und Naturwissenschaften benötigt ein Doktorand in der Regel drei bis fünf Jahre für seine Promotionsarbeit. Die Finanzierungsdauer schwankt je nach Fachrichtung, beträgt aber meist nicht mehr als zwei oder drei Jahre. So wird die Promotion sehr häufig mit Arbeitslosenunterstützung abgeschlossen – ein versicherungsrechtlich fragwürdiges, aber gängiges Verfahren. Zudem bekommen Doktoranden – obwohl sie bereits eine Hochschulausbildung absolviert haben – aus Gründen der Kostenersparnis nur Verträge als Halbtagsbeschäftigte; sie müssen gleichwohl das Pensum von Vollzeitangestellten schaffen.

Projekte von Doktoranden mögen deshalb immerhin als kostengünstig erscheinen, sind es jedoch letztlich nicht. Ein Doktorand kann noch nicht so effektiv arbeiten wie ein erfahrenerer Wissenschaftler. Da nun aber solche Projekte relativ häufig bewilligt werden, motiviert dies auch solche Hochschulabsolventen zur Promotion, die im Studium nur mittelmäßige Leistungen erbrachten oder nach dem Abschluß keine Arbeit fanden: Die Promotion als Notlösung führt jedoch das System der wissenschaftlichen Qualifizierung ad absurdum; der Doktortitel allein sagt unter solchen Voraussetzungen alsbald nichts mehr über die Fähigkeiten seines Trägers aus.

Mangels Selektion ist es auch schon den Studenten kaum möglich, ihre eigene Leistungsfähigkeit richtig einzuschätzen. Weil sie deshalb ihren Werdegang ungenügend planen, müssen viele denn auch nach der Promotion oder nach der ersten Zeit als Postdoktorand die bittere Erfahrung machen, daß das Drittmittel-System sie auf einen falschen Weg gebracht hat: Zehn oder fünfzehn Jahre Arbeits- und Lebenszeit haben letztlich nicht für eine feste Anstellung ausgereicht. Aus volkswirtschaftlicher Sicht werden auf diese Weise im deutschen Wissenschaftssystem enorme Ressourcen verschwendet.


Das Negativbeispiel Vereinigte Staaten

In den Vereinigten Staaten wird Forschung noch stärker als in Deutschland über Drittmittel finanziert. Selbst mancher Professor muß einen Teil seines Gehalts über Drittmittel einwerben. Entsprechend hoch ist der Erfolgsdruck. "Publish or perish" (veröffentliche oder gehe unter) ist dort seit langem die Devise, und Irrtümer, die gerade bei hektischer Betriebsamkeit unterlaufen können, ha-ben fatale persönliche Konsequenzen. Harter Wettbewerb mindert die Toleranz gegenüber schwächeren Kollegen. Es scheint auch, als seien das persönliche Fortkommen und der Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes häufig wichtiger als die Forschung selbst. Positiv wirkt sich das System in reger Fachkommunikation aus. Schon sehr früh und recht häufig muß sich ein amerikanischer Nachwuchswissenschaftler darin üben, seine Ergebnisse zu präsentieren. Allerdings kann auch eine glänzende Darstellung über die wirkliche Qualität der Forschung hinwegtäuschen. Mitunter stufen schon international tätige Unternehmen promovierte amerikanische Stellenbewerber auf dem Niveau europäischer Nachwuchswissenschaftler ein, die nur ein Diplom erworben haben.

Extreme Konkurrenz um Drittmittel kann einzelne Wissenschaftler dazu verführen, Ergebnisse zu beschönigen, überzubewerten und sogar zu stehlen oder zu fälschen. Auch auf die deutsche Forschung fiel ein solcher Schatten, als im Mai dieses Jahres ein Fall von Datenmanipulation am Berliner Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin bekannt wurde. Wolfgang Frühwald räumte anläßlich der Jahrespressekonferenz der DFG im Juni dieses Jahres ein: "Die Komplexität und der zunehmende internationale Konkurrenzdruck in vielen Bereichen der Wissenschaft können die Versuchung steigern, durch Betrug und Fälschung schneller als die Konkurrenten ans Ziel zu kommen."


Lösungsansätze

In Deutschland bekommen die Universitäten Grundmittel vielfach je nach der Studentenzahl zugewiesen. Für ihre Personalausstattung im Lehrbetrieb ist dies durchaus sinnvoll. Allerdings kann nicht einem dem Massenbetrieb angemessenen Anteil von Studenten auch eine Zukunftsperspektive in der Forschung geboten werden. Ein Wissenschaftssystem, in dem zu viele Bewerber mit sehr hohem bürokratischem Aufwand um beschränkte Finanzmittel kämpfen, vermag seine Qualität nicht zu steigern.

Es gibt bessere Konzepte: In Belgien zum Beispiel werden etwa im Fach Geologie von den Universitäten nur die ein oder zwei Besten eines Jahrgangs zur Promotion zugelassen. Nun gibt es keine Gewähr, daß sich herausragende Studenten auch zu den kreativsten Forschern entwickeln; deshalb sollte meines Erachtens ein striktes Leistungsprinzip um eine Quote – vielleicht 20 Prozent – von Kandidaten ergänzt werden, die nicht schematisch nach Studiendauer und Noten, sondern vom Hochschullehrer aufgrund seiner persönlichen Beurteilung ausgewählt werden. Damit ließe sich manches Problem lösen: Hochschulabsolventen ohne wirkliche Qualifikation für eine Promotion würden nicht dazu verleitet, ersparten sich den Anlauf auf eine Forscherkarriere, die ihnen dann doch verschlossen bleibt, und könnten sich rechtzeitig nach adäquaten beruflichen Möglichkeiten umsehen. Die Doktoranden wiederum könnten unter besseren Bedingungen bei angemessener Vergütung arbeiten und hätten realistische Chancen, ihre Fähigkeiten auf Dauer in der Forschung anzuwenden. Qualität vor Quantität müßte wieder die Maßgabe für das gesamte Bildungssystem werden.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 1997, Seite 46
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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