Interview: Die Brückenbauerin
Der Betreuer von Ana Caraianis Abschlussarbeit an der Princeton University war kein anderer als Andrew Wiles, der 1994 den großen Satz von Fermat bewies. Wiles stellte seiner ehrgeizigen Studentin eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der sie jedoch keine nennenswerten Fortschritte machte. Aber sie ließ sich davon nicht entmutigen: »Der Sinn der Übung bestand nicht unbedingt darin, das Problem zu lösen«, erklärt sie. »Ich glaube, Wiles hat mir beigebracht, dass man nicht seine ganze Zeit mit Dingen verbringen sollte, von denen man weiß, wie sie funktionieren. Es lohnt sich, Aufgaben in Angriff zu nehmen, die wirklich schwierig sind, vielleicht sogar zu schwierig.«
Sie habe viel darüber gelernt, wie mathematische Forschung funktioniert. »Man kann nicht immer einen geraden Weg verfolgen. Wenn man bei einem Teil des Problems nicht weiterkommt, geht man zu einem anderen Teil über.« Diese Erfahrung kommt Caraiani nun bei ihrer Arbeit an einem breit angelegten Kooperationsprojekt zugute, das verschiedenste Bereiche ihres Fachs miteinander verbindet. Das so genannte Langlands-Programm, das auf den Werken von Robert Langlands aus den 1960er Jahren aufbaut, ist eines der größten, ehrgeizigsten und anspruchsvollsten Vorhaben der heutigen Mathematik.
Die Professorin und Forschungsstipendiatin der Royal Society am Imperial College London schreckte weder in der Vergangenheit noch jetzt vor Herausforderungen zurück. Sie wuchs in Bukarest auf und sah sich dort schon als Kind mit Hindernissen konfrontiert, die nichts mit ihren Fähigkeiten zu tun hatten.
Als Schülerin qualifizierte sie sich 2001 als erste Rumänin seit mehr als zehn Jahren für die Internationale Mathematik-Olympiade und gewann zuerst die Silbermedaille und in den beiden folgenden Wettbewerben Goldmedaillen. Trotz ihres Erfolgs fühlte sie sich aber nicht willkommen: »Einige Leute, darunter auch Mathematiklehrer, welche die Veranstaltung organisierten, sagten mir, ich solle mir keine Hoffnungen machen«, erinnert sie sich. »Das hat mich dazu angespornt, ihnen das Gegenteil zu beweisen« …
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