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Lebensraum Stadt – Umweltkommunikation im Museum

Anhand eines begehbaren Bühnenbildes und interaktiver Exponate vermittelt eine Ausstellung in Osnabrück nicht nur Sachinformationen über die Ökologie urban-industrieller Siedlungsbereiche, sondern läßt den Besucher die komplexen stadtökologischen Zusammenhänge auf spielerische Weise selbst entdecken.

Um den Zustand der Umwelt nachhaltig verbessern zu können, ist die Mithilfe aller Bürger erforderlich. Dies läßt sich jedoch nur erreichen, wenn durch Dialog und Vermitteln umfassender Informationen die entsprechende Bewußtseinsbildung und Handlungsbereitschaft gefördert werden. Museen, die sich als Kommunikations- und Lernort verstehen, kommt dabei mit dem Erproben neuer Vermittlungsformen eine besondere Bedeutung zu. Die im Mai 1996 eröffnete Dauerausstellung "Lebensraum Stadt" im Museum am Schölerberg in Osnabrück sucht die Wahrnehmung stadtökologischer Probleme und Zusammenhänge zu schärfen und den Betrachter aktiv in einen Umweltkommunikationsprozeß einzubeziehen.

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland leben in Städten und Ballungsräumen, auf die der größte Teil der Güterproduktion, der Energie- und Stoffumsätze sowie der Verkehrsleistungen entfällt; auch die Nutzungsintensität der Flächen und der Verbrauch von Umweltressourcen, die nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, sind hier am höchsten.

Der Ausbau der Infrastruktur wie das Erstellen von Gebäuden, Verkehrswegen und Anlagen beeinträchtigt die Umwelt ebenso wie die anschließende Nutzung dieser Einrichtungen, und zwar durch verstärkten Verbrauch von Rohstoffen und Energie, Verschmutzungen von Luft, Wasser und Boden, Versiegelung von Flächen und vor allem durch Belastungen in Form von Lärm, Abfällen sowie mikroklimatischen und landschaftlichen Veränderungen.

Stadtökologische Maßnahmen und umweltgerechtes Bauen können helfen, diese Beeinträchtigungen zu minimieren, aufzufangen oder teilweise zu beseitigen und durch entsprechende Gestaltung die Siedlungsanlage sinnvoll in den Naturhaushalt einzubinden.

Die Ausstellung greift das Thema Stadtlandschaft und Stadtökologie am regionalen Beispiel von Osnabrück auf. Die Stadt wird dabei als ein Gemenge verschiedener Biotop-Typen dargestellt. Modellhaft und in sehr anschaulicher Weise wird verdeutlicht, daß eine Stadt nicht ein geschlossenes Ökosystem, sondern vielmehr eine Insel in einem Komplex verschiedener Ökosysteme ist. Die Stellung des Menschen im urban-industriellen Siedlungsbereich, sein Handeln und seine gleichzeitige Betroffenheit stehen dabei im Mittelpunkt der Schau, die zwei Themenkomplexe umfaßt: "Stadtökologie am Beispiel von Osnabrück" und "Fließgewässer – Ökologie am Beispiel der Hase".


Stadtökologie am Beispiel Osnabrück

Fragen und Probleme aus diesem Themenbereich werden anhand mehrerer Schwerpunkte behandelt:

- Mensch und Stadt (Gegenüberstellung des künstlichen Lebensraums des Menschen mit den Besonderheiten natürlicher Ökosysteme, Humanökologie, Umwelthygiene, Soziophysiologie sowie das von dem Osnabrücker Botaniker Karl Koch systematisch angelegte Herbarium);

- biotische Faktoren (Ökologie der Stadtflora und -fauna, Stadtbiotope);

- abiotische Faktoren (Energieflüsse und Klima/Kleinklima in Osnabrück, Ressourcen wie Energie, Wasser, Nahrung und Rohstoffe, Produkte und Produktionsabfälle wie Abwasser, Abluft und Müll);

- Sonderfaktoren (Mülldeponie, Kläranlage, technischer Umweltschutz, Bodenversiegelung) sowie

- übergreifende Ausstellungsbereiche (Stadtplanungsamt, Abrißhaus).

Ausgehend von dem Ausstellungssegment "Kulturlandschaft" führt ein Rundweg den Besucher durch eine nachgebaute Stadtkulisse über verschiedene Etappen vom Stadtrandbereich bis in die Innenstadt und wieder hinaus ins Umland (Bild). Hierbei werden insbesondere die grundlegenden Unterschiede der Stadt als urban-industrielles Ökosystem gegenüber der Kulturlandschaft als Agrarökosystem herausgearbeitet. Die verschiedenen Stadtbiotope werden unter zoologischen und botanischen Gesichtspunkten behandelt und in Beziehung zur Stadtkultur gesetzt.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Darstellung von Umweltproblemen anhand von geschichtlichen und sozialgeschichtlichen Aspekten des Lebens in der Stadt. Um diesem breiten Spannungsbogen von der biologisch orientierten Ökosystemforschung bis hin zur Humanökologie gerecht zu werden, ist eine intensive Zusammenarbeit mit Natur- und Umweltschutzverbänden, Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie der Universität Osnabrück vorgesehen. Der museumseigene Biogarten wurde im übrigen in den Rundweg eingebunden.


Fließgewässer – Ökologie am Beispiel der Hase

Ein zweiter Ausstellungsbereich stellt die ökologisch wichtigsten Abschnitte des Flüßchens Hase – Quellbereich im Teutoburger Wald, Stadt Osnabrück, Binnendelta im Artland – modellhaft vor und dokumentiert den regionalen Wasserkreislauf anhand eines Fließwasseraquariums. Damit wird der Besucher über Struktur und Funktion von Gewässern in der Landschaft sowohl im Einflußbereich ländlicher Siedlungen und Nutzungen als auch im urban-industriellen Komplex der Großstadt informiert.

Mit der Konzeption und Umsetzung der Ausstellung betritt das Natur- und Umweltmuseum in Osnabrück inhaltlich wie methodisch-didaktisch Neuland. Hervorzuheben ist hier zunächst die Inszenierung nach Art eines begehbaren Bühnenbildes, das anhand einer dargestellten Stadtlandschaft ökologische Systemzusammenhänge aufzeigt und den Besucher aktiv einbindet. Diese auch für andere Museen beispielhafte Ausstellungsinszenierung soll den Betrachter auffordern, zu suchen und zu erforschen oder auf spielerische Art hinzuzulernen.

Als ausstellungsbegleitende Maßnahmen wurden Arbeitsbögen für Schulklassen erarbeitet und ein Spiel "Ökosystem Stadt" entwickelt. Für die Umsetzung von Stadtökologieprojekten im Unterricht bietet das Museum Unterstützung an. Kinder und Jugendliche dürften vor allem an den spielerischen Elementen Gefallen finden, die in die Ausstellung eingearbeitet wurden.

Geöffnet ist das Museum am Schölerberg in Osnabrück dienstags von 10 bis 20 Uhr, mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr; montags ist es geschlossen.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 1996, Seite 110
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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