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Lebensrückblick: Mit der Vergangenheit aufräumen

Viele Senioren mit psychischen Problemen erhalten keine professionelle Hilfe. Dabei könnten sie von der so genannten Lebensrückblickstherapie profitieren – einem "Ordnung schaffenden" Blick in die eigene Vergangenheit.
Verblasste Momente

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, als Maria Schäfer sechs Jahre alt war, erschütterte ein schwerer Bombenangriff ihre Heimatstadt. Während des schrecklichen Ereignisses war die Mutter nicht zu Hause, und Maria, obwohl selbst noch ein Kind, kümmerte sich aufopferungsvoll um ihre drei jüngeren Geschwister. Sie bewies großen Mut – doch das Ereignis hinterließ seelische Narben. Seit einigen Jahren nun leidet die heute 75-Jährige unter Albträumen: Nachts bahnen sich vergessen geglaubte Kriegsszenen einen Weg zurück ins Gedächtnis und rauben ihr den Schlaf.
Frau Schäfer ist eine von mehreren Patien­tinnen und Patienten, deren Krankheitsverlauf unser Team an der Universität Dresden im Jahr 2001 im Rahmen mehrerer Einzelfallstudien ­untersuchte. Offenbar litt sie unter einer Posttraumatischen Belas­tungsstörung und hatte die erschütternden Ereignisse nicht verarbeiten können. Obwohl sich das Erlebte willentlich nur bruchstückhaft abrufen lässt, bahnen sich die Vorfälle einen Weg ins Bewusstsein, oft unkontrollierbar. Meist tritt die Störung innerhalb von sechs Monaten nach dem Trauma auf – derzeit etwa bei vielen aus Afghanistan heimgekehrten Soldaten. Doch in manchen Fällen bricht die Erkrankung erst viele Jahre später aus, wie bei Frau Schäfer.
Wir entschlossen uns, Maria Schäfers Vergangenheit im strukturierten Lebensrückblick aufzuarbeiten. Dabei lernen die Patienten, negative Ansichten im therapeutischen Gespräch zu hinterfragen und aus einem neuen, positiven Blickwinkel zurückzuschauen ...

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Gehirn&Geist – Verbrechen: Die Psychologie des Bösen

Warum faszinieren wahre Verbrechen? True Crime ist ein Spiegel unserer psychologischen Neugier: Was macht Menschen zu Tätern – und wie gelingt es Ermittlern, die Wahrheit ans Licht zu bringen? In dieser Ausgabe geht es um die Kräfte, die Menschen in den Abgrund treiben oder zurückholen. Wir zeigen, warum Rache selten Frieden bringt, wie gefährliche Häftlinge in Sicherungsverwahrung leben, was das Stockholm-Syndrom über Überlebensstrategien verrät und mehr.

Gehirn&Geist – Multiple Persönlichkeit: Was hinter der dissoziativen Identitätsstörung steckt

Manche Menschen scheinen verschiedene Ichs in sich zu tragen, die im Wechsel die Kontrolle über den Körper übernehmen – mit jeweils eigenem Alter, Namen und Geschlecht. Unsere Experten, die zu dissoziativen Phänomenen forschen, stellen die wichtigsten Fakten zur »Multiplen Persönlichkeit« vor. Ergänzend dazu geht die Psychologin Amelie Möhring-Geisler der Frage nach, ob rituelle Gewalt in der Kindheit gezielt Persönlichkeitsspaltungen herbeiführt. In dieser Ausgabe beginnt zudem eine neue Artikelserie zum Thema »Long Covid und ME/CFS«. Im Interview spricht Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité über Ursachen von ME/CFS, den Versorgungsmangel in Deutschland und Hoffnung auf Medikamente. Darüber hinaus berichten wir über das Glücksparadox, das besagt: Je mehr wir dem Glück hinterherjagen, desto weiter entfernt es sich. Wir stellen das Thema psychotherapeutische Patientenverfügung vor, die im psychischen Krisenfall eine große Hilfe sein kann, sowie die noch immer rätselhafte Schmerzerkrankung Fibromyalgie, über deren Ursachen noch viel spekuliert wird.

Spektrum - Die Woche – Bei Dauerstress lässt das Gehirn den Körper altern

Stress macht nicht nur müde – das Gehirn lässt den Körper bei Dauerstress auch schneller altern. In »Die Woche« erfahren Sie, wie das Gehirn als »Alterungsmanager« fungiert, warum Pinguine einst lange Schnäbel hatten und welche Risiken die versenktee Atommüllfässer im Atlantik bergen.

  • Quellen und Literaturtipp

Literaturtipp

Maercker, A., Forstmeier, S.: Der Lebensrückblick in Therapie und Beratung. Springer, Berlin, Heidelberg 2012
Einführung in die Grundlagen und Methoden der Lebensrückblickstherapie


Quellen

Maercker, A., Bachem, R.:Life-Review Interventions as Psychotherapeutic Techniques in Psychotrauma­tology In: European Journal of Psychotraumatology 4, S. 1–9, 2013

Pinquart, M., Forstmeier, S.:Effects of Reminiscence Interventions on Psychosocial Outcomes: A Meta-Analysis. In: Aging and Mental Health 16, S. 541–558, 2012

Preschl, B. et al.:Life-Review Therapy with Computer Supplements for Depression in the Elderly: A Randomized Controlled Trial. In: Aging and Mental Health 1, S. 1-11, 2012

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