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Kloster Cluny: Licht der Welt

Als Herzog Wilhelm I. im mittelalterlichen Burgund ein benediktinisches Kloster gründete, ahnte er nicht, welche Folgen dies für die Kirche haben würde. Das asketische Leben der Mönche in der Abtei Cluny sollte nicht nur viele europäische Konvente beeinflussen. Es trug schließlich maßgeblich zu einem neuen Selbstverständnis der Päpste bei, die sich im Investiturstreit vom Einfluss der weltlichen Herrscher befreiten. In diesem Jahr feiert das Kloster den 1100. Jahrestag der Abteigründung.
Jahrhundertelang hatten die Karolingerkönige für Recht und Ordnung in der mittelalterlichen Welt gesorgt. Doch mit dem Verfall der Dynastie herrschte Chaos im Europa des 10. Jahrhunderts. Normannen und die aus Arabien stammenden Sarazenen fielen ein und verwüsteten ganze Landstriche. Die Landesfürsten mussten ihre Territorien nun selbst verteidigen und auch den Schutz der Klöster übernehmen. Dabei mischten sie sich immer mehr in das ­Leben der Mönche ein. Die Konsequenzen: Äbte, die nicht lesen konnten, leiteten die Konvente, der Klerus erlaubte sich zunehmend privaten Besitz und billigte Unzucht. Schon im 9. Jahrhundert hatte es ähnliche Verfallserscheinun-gen gegeben. Der Klosterreformer Benedikt von Aniane bekämpfte sie damals, indem er die Regel des heiligen Benedikt von Nursia zum Maßstab erklärte. Danach mussten die Mönche keusch leben, sich einfach ernähren und zu festgelegten Zeiten beten, arbeiten und die Heilige Schrift lesen. Als jetzt, ein Jahrhundert später, die Moral in den Konventen wiederum zu verfallen drohte, wurde der Ruf nach Reformen laut. Weltliche und geistliche Vertreter begannen darüber zu streiten, wer Bischöfe berufen durfte, welche Rolle der Papst spielen sollte und welche Richtlinien für Geistliche verbindlich sein sollen.

Die Auseinandersetzung zwischen Klerus und Adel eskalierte im Jahr 1076. König Heinrich IV. versuchte Papst Gregor VII. abzusetzen, weil dieser die Vorrangstellung der geistlichen Herrscher gegenüber den weltlichen forderte. Der Kleriker bannte den Adligen und trieb ihn so in die Defensive. Denn die Fürsten wollten ein neues Oberhaupt wählen, falls Heinrich nicht innerhalb eines Jahres in die Glaubens­gemeinschaft zurückgekehrt sein sollte. Überliefert ist dieser Streit in einer berühmten Szene: In den Januartagen des Jahres 1077 fegte ein bitterkalter Wind über die norditalienische Fes­tung Canossa. Barfuß und im Büßergewand zog der König vor die Burg, in der Hoffnung, der Papst würde ihn von der Ächtung befreien. Doch der Kirchenmann zögerte. Er ließ sich erst umstimmen, als Abt Hugo von Cluny sich einschaltete.

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