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Geistesblitze - Bildgebung: Live aus dem Genom

Wo werden im Gehirn besonders häufig Gene abgelesen? Und wo ist es eher ruhig? Das ließ sich bislang nur durch Gewebeproben, beispielsweise bei einer Autopsie, in Erfahrung bringen. Nun präsentieren Wissenschaftler um Jacob Hooker von der Harvard Medical School ein Verfahren, mit dem sich die epigenetische Aktivität der Hirnzellen sozusagen in Echtzeit von außen beobachten lässt.

Dazu verabreichten sie Patienten vor der Untersuchung im PET-Hirnscanner einen speziellen Wirkstoff. Das von Hooker und seinem Team entwickelte Molekül ist schwach radioaktiv, so dass es im PET aufleuchtet. Seine Besonderheit: Es heftet sich in Hirnzellen an die so genannten HDAC-Enzyme (Histon-Deacetylasen), die maßgeblich daran beteiligt sind, Gene für eine gewisse Zeit stillzulegen. Überall dort, wo der Körper sie in besonderem Maß bildet, herrscht folglich Ruhe im Genom. Und überall dort findet der PET-Scanner dann auch das Sensormolekül.

Die Forscher stellten fest, dass sich die Verteilung aktiver und nichtaktiver Hirnregionen von Teilnehmer zu Teilnehmer kaum unterschied. Besonders aktiv waren bei allen acht Testpersonen Hippocampus und Amygdala, in denen bekanntermaßen häufig neue Verknüpfungen entstehen, da beide Bereiche in die Gedächtnisbildung involviert sind. Aus genetischer Sicht besonders still war es hingegen im Kleinhirn, auch Zerebellum genannt. Es wirkt an der Bewegungssteuerung mit und hat einen hochgradig geordneten Aufbau, der sich wenig oder kaum zu verändern scheint. Dass sich hier erkennbar viele HDAC-Enzyme nachweisen ließen und Gene deaktivierten, passt deshalb ins Bild.

Ihren Nutzen soll die Technik künftig zunächst als Forschungsinstrument bei Patienten mit diversen Hirnerkrankungen unter Beweis stellen. Hooker und Team hoffen, dass dabei spezifische epigenetische Muster zu Tage treten, die mehr über Ursachen oder Auswirkungen von Alzheimer, Parkinson und Co verraten. Ob es sich auch lohnt, sie im Klinikalltag einzusetzen, ist noch ungewiss. (jd)

Science Translat. Med. 10.1126/scitranslmed.aaf7551, 2016

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