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Medienkompetenz - die neue Herausforderung der Informationsgesellschaft


Die Gesellschaft sieht sich auf dem Weg in das Informationszeitalter mit zwei Herausforderungen konfrontiert. Einerseits wird durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien der gesamte audiovisuelle Sektor, der bisher in Film und Fernsehen, Tonträger, Rundfunk, Datenverarbeitung und Telekommunikation gegliedert war, grundlegend verändert. Andererseits verändern neue Anwendungen wie Teleworking, Telelearning, Telebanking oder Teleshopping die Strukturen der bisherigen Industriegesellschaften selbst. Zunehmend prägt nicht mehr die industrielle Güterproduktion die gesamtgesellschaftliche Entwicklung; statt dessen findet ein ökonomischer Wandel hin zur Informationsgesellschaft statt, die auf dem Generieren und Weiterverarbeiten von Information und Kommunikation basiert.

Bisher getrennte Welten wachsen in der Informationsgesellschaft zusammen, und zwar sowohl auf technischer als auch auf ökonomischer Ebene sowie in ihren rechtlichen Rahmenbedingungen. Ein Symptom dafür ist die Frage, ob wir ein Multimedia-Gesetz brauchen oder ob die bisherigen Regelungen des Rundfunks und der Telekommunikation ausreichend sind. Zu beobachten ist die Konvergenz von bisher getrennten Techniklinien: Der Computer wird multimedial und kombiniert Texte, Daten, Graphiken, Photos, Filme, Musik und Sprache in einer Anwendung. Im Gegenzug entwickelt sich das Fernsehgerät zu einem individuell nutzbaren Informations- und Kommunikationsterminal.

An der Schwelle zur Informationsgesellschaft reicht es nicht, den Multimedia-Nutzern – ob Privatpersonen oder Unternehmen – einfach neuartige Endgeräte zur Verfügung zu stellen. Wichtig scheint vielmehr, daß die durch neue Multimedia-Techniken möglich gewordenen neuen Arbeits- und Lebensumstände sozialverträglich eingeübt werden können. Es ist eine Aufgabe der Politik, den gesellschaftlichen Strukturwandel mit (arbeits-)organisatorischen, qualifizierenden und rechtlichen Maßnahmen zu begleiten. Vor dem Eintritt in die Informationsgesellschaft müssen die Menschen Gelegenheit bekommen, Medienkompetenz zu erwerben.

Das Beispiel Telearbeit verdeutlicht die Dringlichkeit der Aufgabe: Das Interesse an dieser Arbeitsform, die etwa eine freiere Zeiteinteilung für Eltern mit sich bringt, ist groß. Gewerkschaften und betriebliche Interessenvertretungen stehen der Einführung durchaus zustimmend gegenüber. Die Auswirkungen von Telearbeit auf die Pendlerverkehrsströme und damit auf die Umwelt werden im allgemeinen positiv bewertet.

Die Effekte auf den Arbeitsmarkt insgesamt sind dagegen zwiespältig. So können mehr Menschen Ort und Zeit flexibler für die Erfüllung ihrer Aufgaben nutzen; Telearbeit bietet Unternehmen jedoch auch die Möglichkeit, auf neue Weise Arbeitsmärkte in Billiglohnländern zu erschließen. Telearbeit betrifft Arbeitgeber und Arbeitnehmer, betriebliche Interessenvertretungen und Gewerkschaften gleichermaßen. Heimarbeit am Bildschirm oder Telearbeits-Zentren berühren Fragen zu den Feldern Sozialversicherung, Mitbestimmungsrecht, Arbeitsbedingungen, Arbeitsschutz, Haftung und Entlohnung. Der Gefahr der Scheinselbständigkeit von Tele-Beschäftigten stehen die Möglichkeiten einer freieren Arbeitszeit- und Aufgabengestaltung gegenüber. Für den Arbeitgeber können sich zum Beispiel Einsparungen bei Raum- und Arbeitsplatzkosten ergeben sowie eine verbesserte Qualität von Dienstleistungen; er kann qualifizierte Mitarbeiter gewinnen und halten, die einer regelmäßigen Bürotätigkeit im Betrieb sonst gar nicht oder zeitweise nicht nachgehen könnten.

Aus offenen Problemen ergeben sich entscheidende Hemmnisse für die Einführung von Telearbeit. Haftungsrechtliche Fragen, die Gefahr, daß Arbeitnehmer sich isolieren und die wichtigen informellen Kontakte verlieren, tarifliche Eingruppierungen oder die Umstellung von hierarchischen auf team-orientierte Organisationsstrukturen bilden Hürden, die erst überwunden werden müssen. Aber auch der Einfluß auf die familiäre und persönliche Situation der Arbeitnehmer muß berücksichtigt werden. Bei der Lösung dieser Fragen sind nicht nur Unternehmen und ihre individuell betroffenen Arbeitnehmer gefordert. Eine Diskussion über die Bedingungen von Telearbeit müssen auf politischer Ebene auch die Parteien, Verbände und Interessenvertretungen führen.

Diese vielschichtigen Probleme lassen sich nur in einem gesellschaftlichen Diskurs angehen, der zum Ziel hat, Gestaltungsvorschläge für Telearbeit zu unterbreiten. Alle an diesem Diskurs Beteiligten, ob Arbeitnehmer, Unternehmer, Politiker, Interessenvertreter, Experten und andere – müssen wissen, welche Folgen die Anwendungen der elektronischen Medien haben. Die Kompetenz für die Beurteilung der neuen komplexen Arbeits- und Kommunikationsstrukturen wird in einer Informationsgesellschaft immer wichtiger. Die Förderung und Vermittlung dieser Kompetenz ist relevant für jeden einzelnen, für Institutionen und Organisationen.

Natürlich wird auch in der Aus- und Weiterbildung Multimedia immer relevanter. Nehmen wir an, wir möchten unsere englischen Sprachkenntnisse verbessern. Die klassischen Methoden sind Sprachkurse oder Sprachferien; doch wenn unsere Zeit sehr knapp bemessen ist, bieten sich Medien an, die wir individuell und zeitunabhängig nutzen können. Lehrbücher mit Grammatikübungen und Lösungshefte, die für das Selbststudium geeignet sind, oder Hörspielkassetten sind bereits üblich, Fernkurse werden ebenfalls angeboten. Zusätzlich können wir jedoch mittlerweile Sprachunterricht mittels CD-ROM am heimischen Computer nehmen. Die CD-ROM kombiniert Sprache, Bild, Graphik und Ton.

Eine technisch schon mögliche Alternative dazu ist das distant learning, vernetztes, interaktives Lernen in Kombination von Datenbanken, Lernprogrammen und Tutoren, die bei speziellen Fragen den Lernenden persönlich in einem Kommunikationsnetz – zum Beispiel in Videokonferenzen – Rede und Antwort stehen.


Für wen und wozu?

Medienkompetenz in diesem individuellen Sinne ist zu verstehen als Fähigkeit von Personen, selbstbestimmt mit neuen und etablierten Medien umzugehen und ihre Möglichkeiten sowohl für die berufliche Tätigkeit, für die weitere Qualifikation als auch für die Freizeit zu nutzen. Das Beispiel, auf welche Weisen man eine Sprache lernen kann, verdeutlicht, daß es einer gewissen Kenntnis und eines gewissen Überblicks bedarf, um aus der Vielfalt der Möglichkeiten auszuwählen. Dabei geht es zum einen um die unterschiedlichen Medienarten, die zur Verfügung stehen. Dann müssen die unterschiedlichen Wege der Vermittlung von Sprache beurteilt werden, und dabei sind Pro und Kontra der direkten Vermittlung über Sprachkurse oder Gesprächskreise und der indirekten Vermittlung mit Hilfe von Medien gegeneinander abzuwägen. Des weiteren spielen Kenntnisse über die praktische Nutzung der vorhandenen Medienangebote eine Rolle. Und inzwischen ist schon vorstellbar, daß der Schüler selbst und aus eigenem Antrieb im Internet eine Lerngruppe organisiert, Lernmaterial austauscht oder sogar selbst gestaltet.

Aber Medienkompetenz ist noch in vielen anderen Fällen gefragt. Zum Beispiel ist das Teleshopping mittels CD-ROM, wie es einige Versandhäuser heute schon anbieten, der erste Schritt zum elektronischen Einkaufsbummel. Pläne gehen dahin, Teleshopping auch im Rahmen interaktiver Fernseh-Pilotprojekte zu testen und langfristig flächendeckend anzubieten. Wichtig für den Nutzer ist vor allem eine transparente Kostengestaltung und eine leicht zu handhabende, fehlertolerante Menüführung. Dagegen abzuwägen hat er die Vorteile, die sich aus Zeitersparnis, einem bequemeren Einkauf und der Möglichkeit, Preisvergleiche von zu Hause aus anzustellen, ergeben können.

Datenschutz und Datensicherheit spielen beim Telebanking eine besonders wichtige Rolle. Die Risiken von Übermittlungsfehlern, Mißverständnissen und Irrtümern dürfen dabei nicht nur auf den Bankkunden verlagert werden. Der Unmenge von Daten, die über die Kontoinhaber gespeichert werden, steht bislang ein schwacher Datenschutz gegenüber. Vorteile können ebenfalls Zeit- und Kostenersparnisse sein.

In Schulen und Hochschulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und bei der beruflichen Aus- und Weiterbildung ergeben sich zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für neue Medien bei der Vermittlung von Wissen. Der Kulturbereich der Gesellschaft steht zwar nicht unter dem gleichen Veränderungsdruck wie der Wirtschaftssektor. In der Präsentation von Inhalten, etwa in Bibliotheken und Museen, ergeben sich durch neue elektronische Aufbereitungstechniken jedoch veränderte Vermittlungsformen, über deren Sinn und Unsinn Anbieter wie Nutzer sich gleichermaßen bewußt werden müssen.

Die Diskussion um eine schlanke, also personalreduzierte Verwaltung betrifft die interne Rationalisierung der Abläufe ebenso wie die Kommunikation zwischen Bürger und Administration: Einerseits lassen sich mittels Multimedia lästige Behördengänge ersetzen – zum Beispiel bei der Kfz-Zulassung. Andererseits ist der Ausschluß von Bürgern, die mediale Techniken scheuen oder nicht beherrschen, für die Nutzung kommunaler Dienstleistungen besonders prekär. Wahlmöglichkeiten müssen darum erhalten bleiben. Vorteilhaft scheint zu sein, daß die Verwaltung die Bürger multimedial intensiver über Planungen und Vorhaben zu informieren vermag. Würde dadurch die Beteiligung reger, wäre das ebenfalls positiv zu bewerten.

Bei den Vorarbeiten für die Errichtung eines Europäischen Zentrums für Medienkompetenz (EZfM) in Marl haben wir fünf essentielle Elemente von Medienkompetenz identifiziert:

- Selbstbestimmungs- und Orientierungskompetenzen. Hier geht es um Fähigkeiten und Möglichkeiten unterschiedlicher Zielgruppen, sich zu jeweils tragbaren Bedingungen selbstbestimmt über technisch-inhaltliche, ökonomische, kulturelle, ästhetische und andere Medienentwicklungen und damit einhergehende Veränderungen in der Arbeits- und Lebenswelt zu informieren, deren Relevanz für die eigene Situation einzuschätzen, nötige Maßnahmen zu definieren und gegebenenfalls eine Beratung oder Qualifizierungsangebote in Anspruch zu nehmen. Grundlage ist ein breites und reflektiertes Verständnis der Medienstrukturen und ihrer politischen Legitimation, der medienökonomischen, politischen und anderen Interessenlagen einzelner Akteursgruppen, der Leistungsfähigkeit und Grenzen der technischen Systeme und ihrer Bedienungsfreundlichkeit, der rechtlichen Regelungen und der gesellschaftlichen Wirkungspotentiale.

- Selektions- und Entscheidungskompetenzen. Darunter versteht man Fähigkeiten, sich unter bestimmten Bedingungen (Zeit- und Geldbudgets, funktional-rationalen Nutzenerwartungen, emotionalen Einstellungen) bewußt für oder gegen bestimmte inhaltliche Angebote, Anwendungen, technische Systeme (Hard- und Software, Netzzugang) oder Qualifizierungsmaßnahmen zu entscheiden.

- Instrumentell-qualifikatorische Aneignungskompetenzen. Grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten für die Inbetriebnahme und die Bedienung der benutzten technischen Konfigurationen (Installation und Bedienung von Hard- und Software, Einwählen in Netze, Abruf von Diensten) sollen erworben werden, für die Nutzung offline- oder online-bereitgestellter inhaltlicher Angebote, Dienste oder Anwendungen (zum Beispiel Navigieren in Datenbanken, Erstellen von E-mails).

- Konstruktiv-qualifikatorische Aneignungskompetenzen. Dabei geht es um Kompetenzen für die reflektierte Bewertung der genutzten inhaltlichen Angebote und Dienste nach funktionalen, normativen und emotionalen Kriterien, um eine effektive, kreative und kritische Aneignung zu ermöglichen. Das setzt im Bereich audiovisueller Medienangebote zum Beispiel Grundkenntnisse über Angebotstypen beziehungsweise Genres ebenso voraus wie über technisch-ästhetische Gestaltungs- und Manipulationsmöglichkeiten zum Beispiel in virtuellen Realitäten.

- Lern- und Gestaltungskompetenzen. Dazu gehören die generelle Fähigkeit und Bereitschaft, auf Anforderungen der Informationsgesellschaft flexibel, aber auch angemessen, selbstbestimmt, verantwortlich und nach weiteren eigenen normativen und funktionalen Kriterien reagieren zu können. Erforderlich sind ebenso Aufgeschlossenheit gegenüber medienspezifischen Bildungs- und Qualifikationsangeboten, die Fähigkeit und Bereitschaft, eigene Gestaltungsspielräume zu erkennen sowie nach funktionalen und normativen Kriterien so zu nutzen, daß eine gesamtgesellschaftlich verantwortliche und nachhaltige Entwicklung möglich ist, und eine gesellschaftliche Bewertungs- und Handlungskompetenz für die diskursive Bewältigung auftretender Probleme oder Risiken und zur Ausschöpfung von Chancen der Informationsgesellschaft.


Die Vermittlung

Medienkompetenz schaffen und verbessern heißt, Bedingungen herzustellen, die es möglichst allen Gruppen in Wirtschaft und Gesellschaft – unabhängig von ihrem jeweiligen sozialen Status – erlauben, sich über relevante Medienentwicklungen zu informieren, sich bewußt neue Angebote anzueignen (oder auch nicht) und entsprechende Lernprozesse zu durchlaufen, sofern dies für notwendig erachtet oder erwünscht wird. Nur medienkompetente Nutzer können darüber entscheiden, ob Multimedia tatsächlich das gesellschaftliche Leben und Arbeiten erleichtert und bereichert. Medienkompetenz bezieht sich dabei nicht nur allein auf das Individuum, sondern auch auf Institutionen, Unternehmen, Parteien, Verwaltungen, Verbände und sonstige handelnde Einheiten der Gesellschaft.

Eine Basisaufgabe für die Vermittlung von Medienkompetenz besteht darin, die informationellen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Alle Elemente von Medienkompetenz setzen grundlegende Informations-, Beratungs- und Experimentiermöglichkeiten voraus. Wichtig ist dabei die koordinierte Dokumentation verfügbarer Informationen etwa über Software zur Aus- und Weiterbildung, rechtliche Grundlagen der Dienstenutzung im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit sowie Verbraucherschutz und Kostenstrukturen der Nutzung. Die Möglichkeiten der spielerischen Erprobung können die selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen bestimmte Anwendungen erleichtern. Es geht um die Koordination, Qualifizierung und Erweiterung von Dokumentation und Information, Forschung und Entwicklung einschließlich des Transfers der Ergebnisse und um Experimentier- und Erprobungsmöglichkeiten.

Kenntnisse und Fähigkeiten für die Aneignung und Bewertung von Medienangeboten und Anwendungen von Medienanwendungen unter inhaltlichen, technischen, ökonomischen, soziokulturellen, ästhetischen und anderen Gesichtspunkten nach funktionalen oder normativen Kriterien stehen im zweiten Aufgabenbereich, der unmittelbaren Kompetenzvermittlung, im Vordergrund. Es geht um die Schulung von Selbstbestimmung, Orientierung und Reflexion im Umgang mit Medien, das heißt um Medienkunde und Medienkritik, und um die Qualifizierung zur Nutzung und kreativen Weiterentwicklung von Medien.

Die entscheidende und damit übergeordnete Aufgabe im Zusammenhang mit der Förderung von Medienkompetenz sind Diskurs und Gestaltung der Perspektiven der Informationsgesellschaft. Dabei geht es um die Entwicklung von Bewertungs- und Handlungskompetenzen für die diskursive Bewältigung auftretender Probleme oder Risiken und zur Ausschöpfung von Chancen. Die Initiierung, die Moderation und die Aufbereitung entsprechender Themenfelder und die Entwicklung konkreter Gestaltungsvorschläge sind die wichtigsten Aufgaben im Rahmen der Vermittlung von Medienkompetenz. Besondere Bedeutung haben dabei die Bedingungen für eine entsprechende institutionelle Reorganisation.

Im Hinblick auf die Bandbreite der Aufgaben ist das gegebene Potential der Medienlandschaft zu nutzen, zu stärken und organisatorisch zu vernetzen. Dabei wird das EZfM steuernd, koordinierend und informierend mitwirken. Das Zentrum bildet selbst einen Knoten im Netzwerk der Medienkompetenz und versucht, profilierend und stimulierend darauf einzuwirken. Das Netz arbeitet so zentral wie nötig und so dezentral wie möglich. Es ist flexibel und auf Wachstum angelegt.


Medienkompetenz – warum jetzt?

Mit dem Begriff Informationsgesellschaft wird derzeit in der öffentlichen Diskussion der gesellschaftliche Wandel gekennzeichnet, den die Anwendungen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien hervorrufen. Auf supranationaler Ebene und vor allem innerhalb der Europäischen Union werden inzwischen Maßnahmen geplant und umgesetzt, die den Weg in die Informationsgesellschaft ebnen sollen. In der Vergangenheit waren diese Aktivitäten überwiegend von technik- und angebotsorientierter Förderpolitik gekennzeichnet. Das gilt auch für Berichte und Maßnahmenkataloge, die in der Bundesrepublik Deutschland auf Bundesebene vorgelegt wurden. Zunehmend werden aber auch soziale und kulturelle Gestaltungskriterien berücksichtigt.

Ziel ist es, den Weg in die Informationsgesellschaft anwender- und nutzerorientiert zu gestalten. Das Gewicht der Maßnahmen verlagert sich stärker auf eine Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen. Chancen sollen genutzt, Risiken erkannt und minimiert werden.

Dem einzelnen Menschen in seinen unterschiedlichen Arbeits- und Lebenszusammenhängen sowie den Unternehmen und Interessenverbänden werden für diese Anwendungen umfassende Kompetenzen abverlangt. Die Vermittlung von Medienkompetenz heißt dabei nicht nur, für den Umgang mit Medien zu qualifizieren, sondern auch ein kritisches Verständnis für die Einsatzbereiche von Medien zu schulen.


Auf dem Weg in die Informationsgesellschaft

Die Entwicklung der Kommunikations- und Medienwirtschaft wird in globalen Zusammenhängen vorangetrieben; neue bereichsübergreifende unternehmerische Allianzen auf dem Gebiet der Filmproduktion, des Fernsehens, der Datenverarbeitung und der Telekommunikation kennzeichnen die Positionierung auf weltweiten Märkten. Konvergenzentwicklungen im Informations- und Kommunikationssektor im engeren Sinne, Globalisierung der Marktentwicklungen und sektoraler Strukturwandel innerhalb der führenden westlichen Industrienationen: Diese drei Trends beschleunigen zusammengenommen die wirtschaftlichen Veränderungen, auf die sich jede offene Volkswirtschaft einzustellen hat. Nationale oder europäische Strategien zur Förderung und Gestaltung der Entwicklung neuer Medien haben nur dann eine Chance, wenn sie diese globalen Rahmenbedingungen berücksichtigen.

Bei der derzeitigen Medienentwicklung stellen sich mithin technische und wirtschaftliche und organisatorische und gesellschaftspolitische Herausforderungen zugleich. Auf internationaler, europäischer, bundesdeutscher und regionaler Ebene sucht man diesen Herausforderungen in zahlreichen Initiativen mit unterschiedlichen Schwerpunkten Rechnung zu tragen. Allgemein ist dabei eine Verlagerung von industriepolitisch motivierten Programmen, wie sie seit 1994 mit dem Bangemann-Bericht und dem Aktionsplan der Europäischen Kommission vorliegen, hin zu einer stärkeren Berücksichtigung bildungs- und kulturpolitischer Ziele festzustellen.

Ein Beispiel dafür sind die jüngst von den G7-Staaten vorgenommenen Akzentsetzungen. In ihren Schlußfolgerungen zu Fragen der "Globalen Informationsgesellschaft" legten die sieben führenden Industrienationen und die Europäische Kommission im vergangenen Jahr acht Prinzipien als Grundlage für eine künftige Zusammenarbeit fest. Außer wirtschaftspolitischen Zielen und den erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen umfassen sie die Sicherstellung eines offenen Netzzugangs, die Sicherung eines universellen Diensteangebots und -zugangs, die Förderung der Chancengleichheit aller Bürger und die Programmvielfalt einschließlich der kulturellen und sprachlichen Vielfalt sowie die Anerkennung des Erfordernisses weltweiter Zusammenarbeit, insbesondere auch mit den Entwicklungsländern. Konkrete Ergebnisse der Ministerkonferenz sind Pilotprojekte unter anderem zu den Themen "Kulturübergreifende allgemeine und berufliche Bildung" sowie "Elektronische Museen und Galerien".

Im Zuge der Initiative "Info 2000. Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft", die mit auf Empfehlungen des Rates für Forschung, Technologie und Innovation beruht, betonte die Bundesregierung Anfang dieses Jahres auch die Notwendigkeit einer Bildungsoffensive. Gemeinsam mit den Ländern, mit den Sozialpartnern und allen am Bildungswesen Beteiligten sollen die Qualifikation der Beschäftigten, die Entwicklung neuer Berufsbilder und die allgemeine Bildung sowie die berufliche Aus- und Weiterbildung in Richtung eines aktiven und verantwortungsbewußten Umgangs mit neuen Informations- und Kommunikationstechniken gestärkt werden.

In Nordrhein-Westfalen wurde die Initiative media NRW zur Gestaltung der Informationsgesellschaft gegründet. Zu ihr gehört unter anderem das Projekt "NRW-Schulen ans Netz – Verständigung weltweit" und der Aufbau des EZfM. Das Zentrum sieht seine Hauptaufgabe darin, durch die kontinuierliche Förderung des allgemeinen Dialogs über den Weg in die Informationsgesellschaft Brücken zu schlagen zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, den wirtschaftlich Interessierten der Multimedia-Promotoren und den kulturkritischen Skeptikern. Dazu will es zusammen mit einschlägigen Initiativen und mit Unternehmen in Deutschland und Europa ein Netzwerk Medienkompetenz errichten, um den selbstbestimmten und gestalterisch-kreativen Umgang mit Medien zu fördern, den Diskurs und die Gestaltung der Informationsgesellschaft voranzubringen.

Literaturhinweise


– Denkschrift der Kommission "Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft" beim Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen. Herausgegeben von der Bildungskommission NRW. Berlin 1995.

– Europe's Way to the Information Society. An Action Plan. Herausgegeben von der Europäischen Kommission. Brüssel 1994 (aktualisierte Fassung vom 1. April 1996).

– Multimedia und Gesellschaft. Studie im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Vorbereitung eines Forschungsschwerpunktes. Von F. Fenger, M. Krebs, B.-P. Lange, R. Rock, P. Seeger und F.-H. Witt. Forschungsinstitut für Telekommunikation an der Universität Wuppertal und Europäisches Medieninstitut, Wuppertal und Düsseldorf 1995.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 8 / 1996, Seite 38
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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