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Menstruationszyklus: Gute Tage, schlechte Tage

Viele Frauen kennen das: In der Woche vor der Periode geht plötzlich die Stimmung in den Keller. Schon lange weiß man, dass ­Hormonschwankungen hinter dem monatlichen Gefühlskarussell stecken. Was aber stellen die Botenstoffe im Gehirn an?
Frau liegt mit Bauchschmerzen auf dem Sofa

Menstruationsurlaub in Spanien, Zyklusmonitor mit Temperaturmessung, Periodenunterwäsche mit Spitze, ein Podcast zum zyklusorientierten Leben – Charlotte scrollt durch ihren Social-Media-Feed. Nie schienen die »besonderen Tage« präsenter als heute. Viele öffentliche Einrichtungen bieten kostenlose Periodenprodukte, und Frauen sprechen offen, vielleicht sogar mit ein wenig Stolz über die monatliche Blutung.

Noch vor ein paar Jahren war dies undenkbar: Die Menstruation war ein eher schambehaftetes Thema, über das sich niemand gerne öffentlich äußerte. Binden wurden so unauffällig wie möglich auf das Kassenband des Drogeriemarkts gelegt und Tampons heimlich Freundinnen oder Kolleginnen zugesteckt.

Routiniert öffnet Charlotte ihre Menstruations-App und atmet beruhigt auf: perfekt, Donnerstag, Zyklustag neun! Mittlerweile kennt sie ihren Körper und die Auswirkungen der monatlichen Hormonschwankungen gut genug, um zu wissen, was dies für die kommenden Tage bedeutet. Sie legt das Handy entspannt zur Seite und freut sich auf eine ausgeglichene, zufriedene Stimmung und ein gutes Körpergefühl am kommenden Wochenende.

Die natürlichen Schwankungen der Sexualhormone im weiblichen Körper sind bereits gut erforscht. Ebenso ihre Funktion in Eierstöcken und Gebärmutter. Allerdings sind das nicht die einzigen Wirkorte der Botenstoffe: Viele menstruierende Frauen spüren, wie der Monatszyklus ihre Gefühle ins Wanken bringt.

Das hatten bereits die alten Griechen beobachtet, weshalb sie ein angeblich typisch weibliches Verhalten nach einem nur in Frauen entdeckten Organ benannten: die Hysterie, von »hystera«, »Gebärmutter«. Der griechische Philosoph Platon (um 428–348 v. Chr.) verdächtigte den leidenden Unterleib der Frau, die monatlich wiederkehrenden Symptome ­zu verursachen – aus Trauer darüber, kein Kind auszutragen.

Erst mehrere Jahrtausende später sollten die wahren Täter identifiziert und ebenfalls nach einem griechischen Wort benannt werden: Hormone (nach »hormao« für antreiben, anregen). Obwohl Sexualhormone im Gehirn auf den ersten Blick vielleicht fehl am Platz wirken, sind sie für unser Wohlbefinden genauso wichtig wie etwa die bekannten Botenstoffe Serotonin und Dopamin.

Was machen sie also in unserem Denkorgan? Um ihre Wirkung auf das Nervensystem zu verstehen, müssen wir zunächst in die Welt der Molekularbiologie abtauchen. Die beiden Hauptakteure des Menstruationszyklus, Östradiol und Progesteron, gelangen über den Blutstrom in unser Gehirn. Weil sie klein und fettlöslich sind, können sie problemlos die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Im Gehirn finden sie spezifische Zielstrukturen, so genannte Rezeptoren, an der Oberfläche oder im Inneren von Nervenzellen, an die sie sich nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip binden. In der Folge verändern die Zellen ihre neuronale Aktivität.

Die Rezeptoren sind im Gehirn weit verbreitet. Am dichtesten stehen sie in Arealen, die unsere Gefühle und das Gedächtnis steuern. Hier beeinflussen die Sexualhormone die ...

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  • Quellen

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