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Meref-nebef: Der Berater des Pharaos

In der antiken Königsnekropole Sakkara entdeckten polnische Archäologen das Grab des bisher unbekannten Wesirs Meref-nebef, eines Politikers aus jener Zeit, in der das Alte Reich zerfiel.


Sakkara, Memphis, Djoser – Namen, die Bilder des antiken Ägyptens wachrufen, genauer: jener ersten Blütezeit, die als Altes Reich bezeichnet wird (um 2686–2181 vor Christus). Das eher unter seinem griechischen Namen Memphis bekannte Men-nefer, oberhalb von Kairo am westlichen Nilufer gelegen, war damals Hauptstadt des pharaonischen Ägyptens. Heute ist es längst vergangen, als Steinbruch für Kairo mißbraucht; nur ab und an tauchen Ruinenreste unter dem Ackerland auf.

Dagegen bietet die etwa 20 Kilometer südlich gelegene Nekropole der Hauptstadt, am Fuß eines sandig-steinigen Plateaus in harter Arbeit angelegt, Archäologen aller Herren Länder ein reiches Betätigungsfeld. In den heute als Mastaba bezeichneten Grabstätten bettete man die Körper der Adligen und Reichen. Hier steht auch die älteste Pyramide der Welt, etwa um 2650 vor Christus von dem Architekten Imhotep für seinen Pharao Djoser errichtet und Vorbild für immer größere Monumente des Totenkults um die Pharaonen.

Der heutige Name des ältesten Teils dieses Gräberfeldes, Sakkara, leitet sich vom Totengott Sokaris her; er ist vermutlich identisch mit Ptah, dem Urgott der Hauptstadt Memphis. Auch im Reich der Ptolemäer galt Sakkara als heiliger Boden; denn Alexander der Große soll dort begraben worden sein.

Als sich der große Feldherr im Rahmen seiner Eroberungsfeldzüge Ägypten einverleibte, war das einstmals mächtige Reich eine Provinz Persiens. Der griechische Eroberer ließ sich in Memphis zum Pharao krönen und gründete 331 vor Christus Alexandria. Nach seinem Tode acht Jahre später beherrschte das Geschlecht der Ptolemäer, auch Lagiden genannt, ein über Ägypten hinausgehendes, hellenistisch geprägtes Reich. Ihrem Hauptgott Sarapis war das unweit der Djoser-Pyramide gelegene Serapeum gewidmet: eine unterirdische Anlage, deren älteste Kammern aber schon auf die Zeit des Pharaos Amenophis III. (um 1400 vor Christus) zurückgehen (siehe Karte nächste Seite). Dort bestatteten und verehrten die Gläubigen Mumien der heiligen Apis-Stiere, die den Ägyptern als Verkörperung des Gottes Ptah galten und später mit Sarapis in Verbindung gebracht wurden.

Aus jener Zeit stammt auch die ptolemäische Exedra: ein zwischen Djoser-Pyramide und Serapeum-Eingang gelegener halbkreisförmiger Sockel, auf dem große Steinstatuen berühmte griechische Dichter und Philosophen darstellten. Nach Meinung einiger Forscher sollte dieses Bauwerk an die Stelle erinnern, an der Alexander zum ersten Mal begraben worden war. Wie Pausanias, der berühmte griechische Schriftsteller, Geograph und Reisende des 2. Jahrhunderts nach Christus berichtete, brachte Ptolemaios, später Ptolemaios I, den Leichnam seines in Babylon verstorbenen Herrschers zunächst nach Memphis, um ihn später nach Alexandria zu überführen. Wo diese erste Ruhestätte lag, gehört zu den großen Rätseln der Nekropole.

Wer in Sakkara gräbt, bringt also die Zeugnisse von Jahrtausenden ans Licht. Quellentexte lassen vermuten, daß Gräber von mindestens fünf Pharaonen der II. Dynastie (um 2890–2686 vor Christus) im Umfeld der Djoser-Pyramide liegen müßten. Doch nur die von Hotepsechemui und Ninetjer, dem ersten und dem dritten Herrscher dieser Dynastie, hat man bislang gefunden.

 

Müllplatz oder Schatzkammer?

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erforschen deshalb archäologische Expeditionen verschiedener Länder den geschichtsträchtigen Ort. Meist schenkten sie dem Gelände westlich der markanten Djoser-Pyramide wenig Beachtung; einige hielten es sogar für den Müllplatz der Nekropole. Diese Ansicht stellten Wissenschaftler des Instituts für Archäologie der Warschauer Universität in Frage; denn im Glauben der Ägypter ist der Westen den im Jenseits Weiterlebenden vorbehalten. Sollte diese Seite der heiligen Grablege also nur als Schuttabladeplatz oder Steinbruch gedient haben? Das von Kazimierz Michalowski gegründete und mittlerweile nach ihm benannte "Zentrum für die Archäologie des Mittelmeerraumes" des genannten Instituts rüstete deshalb 1987 unsere erste Expedition aus.

Zunächst untersuchten wir das Gelände systematisch mit dem Magnetometer, um aus Intensitätsveränderungen des Erdmagnetfeldes auf Konstruktionen unter der Sandoberfläche zu schließen. Des weiteren gruben wir – und unsere ägyptischen Arbeiter – an drei Stellen im Umkreis von mehreren hundert Metern jeweils etwa fünf mal fünf Quadratmeter große Schächte. Zahlreiche in den Fels gehauene Grabschächte und Mumien bekräftigten die Zweifel an der gängigen Meinung. Ehemals reiche Personen bedeckte eine Gipsschicht, die Künstler nach dem Trocknen bemalt und mitunter geschmückt hatten; ärmere hatte man mumifiziert und in Sand beigesetzt oder gar nicht erst präpariert und nur auf eine Schilfrohrmatte gelegt, mit einer zweiten zugedeckt. Ein Müllplatz?

Etwa 100 Meter von der Pyramide entfernt brachte eine Sondage etwas besonders Aufregendes zutage: eine Mauer, aus unregelmäßig gehauenen und mit Mörtelschlamm verbundenen Quadern. Einstmals trug sie wohl noch eine Krone aus Lehmziegeln, die man aber schon im Altertum wieder abmontiert hatte. Um sie anderweitig zu verwenden? Ihr Aufbau ließ uns vermuten, daß sie während einer der ersten Dynastien auf dem eingeebneten Felsgestein errichtet worden war. Das bestätigten auch Keramikscherben im Sand. Beispielsweise fanden wir Fayencekacheln mit blau glasierter Oberfläche – ebensolche verzierten einst auch einige Räume in den unterirdischen Bezirken der Pyramide. Zumindest im Bereich der Grabung verlief die Mauer parallel zu ihr. Gehörte sie also zu den Außenanlagen des Monuments und umgürtete ehedem die Pyramide? Oder war sie doch Teil einer benachbarten Grablege?

Schlichter Geldmangel zwang das Team, die Arbeit für neun Jahre zu unterbrechen. Da wir nicht die Mittel aufbringen konnten, einen Lagerraum zu bauen, um die Funde angemessen aufzubewahren, erhielten wir keine Grabungsgenehmigung. In dieser Zeit untersuchten britische Wissenschaftler dieses Gebiet mit geophysikalischen Methoden (also ohne den Spaten anzusetzen), und eine japanische Expedition entdeckte ein Bauwerk aus der Zeit Ramses II., das heißt, aus dem Neuen Reich.

Erst 1996 stellte uns der Ägyptische Antikendienst schließlich dankenswerterweise die erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung, und so nahm eine polnisch-ägyptische Expedition die Untersuchung wieder auf. Dabei konzentrierten wir uns auf die erwähnte Mauer und folgten ihr Richtung Süden. Bald knickte sie im rechten Winkel ab und lief nun auf die Pyramide zu. Deren Umgürtung war sie also nicht, vielmehr entpuppte sie sich als Umfriedung eines großen Hofes.

Welchem Zweck mochte er gedient haben? Arbeiter hatten einst den Fels nivelliert, nun bedeckte ihn eine dicke Schicht Schlamm. Darin fanden wir Fragmente von Tierknochen, außerdem kreisförmige rote, in der Mitte schwarze Flecken – die Merkmale ritueller Feuerstellen. Es gab keinen Zweifel, wir standen im Hof der Mastaba eines vermutlich recht bedeutenden Würdenträgers. Während des Totenkultes hatten ihm die Lebenden dort Gaben dargebracht.

 

Verborgen hinter einem Wall

Die Aufregung war groß, denn die Umstände ähnelten denen bei der Auffindung des Grabes von Ninetjer. Würden wir ein Königsgrab ans Licht bringen? Wir mußten den Eingang zum unterirdischen Teil finden, um diese Frage zu beantworten, und der konnte nur in Richtung zur Pyramide liegen.

Die Suche erwies sich als recht zeitaufwendiges Unterfangen, denn in den oberen, jüngeren Schichten stießen wir auf zahlreiche Bestattungen aus der ptolemäischen und der noch späteren römischen Periode Ägyptens. Sie alle mußten rasch gesäubert, dokumentiert, konserviert und fortgebracht werden, denn die drastische Änderung der Umgebungsbedingungen hätte sie schnell zerstört.

Doch als wir tiefer kamen, versperrten eine Schicht aus Lehmziegeln – großteils von der erwähnten Mauerkrone – und darunter ein Haufen Steinblöcke den Weg; ihrer Form nach stammten letztere aus dem Muttergestein und waren bei der Anlage unterirdischer Räume als Bauschutt angefallen. Warum lagen sie gerade dort? Es schien, als hätte man sie deponiert, um den Weiterweg zu versperren und – was immer auch dahinter liegen mochte – vor neugierigen Augen zu verbergen.

Und noch etwas fanden wir auf dieser Expedition: Der Boden, auf dem der Steinhaufen lag, war – zumindest in zwei Bereichen – 1,40 Meter tiefer als der des schon bekannten Grabhofes. Aus all dem schlossen wir, daß eine ältere Grabanlage ohne sonderliche Ehrfurcht an ihrer Ostseite zerstört worden war, um eine neue anzulegen. Keramikfragmente weisen darauf hin, daß dieser Akt in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends vor Christus stattfand. Das Muttergestein entlang des Randes zwischen dem Hof und den beiden später ausgehauenen Vertiefungen war aber so grob bearbeitet, daß die Vermutung nahelag, die Zeit für diesen Umbau sei knapp bemessen gewesen.

Wer durfte sich damals erlauben, das Grab eines Würdenträgers, vielleicht sogar eines Herrschers aus einer für ihn sicher noch nicht lang vergangenen Zeit teilweise zu zerstören und sich anzueignen? Und: Wir fanden keine Zeugnisse späterer Zeiten, das heißt, jemand hatte die Anlage nur wenige Jahre nach der Beisetzung mit dem Steinhaufen verschlossen. An anderen Stätten fanden noch Jahrhunderte lang Totenkulte statt, warum nicht hier?

Voller Spannung kehrten wir im Herbst des nächsten Jahres zurück. Wir begannen damit, zehn Meter weiter in Richtung der Pyramide in die Tiefe zu gehen. Und schon in den ersten Minuten entdeckten wir gleich unter der heutigen Erdoberfläche große Kalksteinblöcke, die auf der Sandschicht in Nord-Süd-Richtung, also wieder parallel zum Djoser-Grabmal lagen. Offensichtlich bildeten sie die Grenze einer großen Anlage. Auf ihrer pyramidenabgewandten Seite lehnte sich eine Mauer aus Lehmziegeln an. Wir vermuten, daß sie aus hellenistischer Zeit stammt.

Erneut fanden wir Mumien und Skelette, aber auch einen Schacht, etwas mehr als zwei Meter breit und voll gefüllt mit Sand. Waren wir unserem Ziel nahe? In 15 Metern Tiefe stießen wir auf einen Sarkophag, den man waagrecht hinabgelassen hatte. Doch leider waren weder er noch die Schachtwände dekoriert. Vermutlich hatten die Steinmetze vergebens gearbeitet, war das Grab ungenutzt geblieben. Der einzige Tote weit und breit lag auf dem Schutt, der den Sarkophag bedeckte. Hatte ein Räuber gehofft, reiche Beute zu machen und war dabei zu Tode gekommen? Fest stand nur: Der, nach dem wir suchten, war hier nicht begraben.

Natürlich verfolgten wir gleichzeitig auch unsere Spur von der letzten Kampagne – und hatten endlich Erfolg: Eine der Vertiefungen im Fels der älteren Grablege diente offensichtlich als Vorhof zu einer Grabkammer, denn schon die ersten Lücken im Wall brachten farbenprächtige, mit Hieroglyphen versehene Fassaden ans Licht. Sie verzierten den Eingang zur Opferkammer im Fels.

 

Eine Tür zum Jenseits

Dort präsentierte sich der dreiste Usurpator des früheren Grabes in Begleitung einer Frau. Aus den Schriftzeichen lasen wir seinen Namen und seinen Rang: Meref-nebef ("Der seinen Herrscher liebt"), Wesir des Pharao. Dieses Amt machte ihn zur rechten Hand des Königs. Wir fanden noch zwei weitere Bezeichnungen: den offiziellen Namen "Unis-ankh" und den privaten "Fefi". Beide bestätigten unsere vorsichtige Datierung auf die zweite Hälfte des 3. Jahrtausends, denn Unis hieß der letzte Pharao der V. Dynastie (etwa 2494 – 2345 vor Christus). Vermutlich herrschte er während der Geburt des Wesirs, die Namensgebung drückte Verehrung aus, und ein so kurzer Name wie Fefi war zu Beginn der VI. Dynastie gebräuchlich, wie die Königsnamen Teti und Pepi zeigen.

Die Hieroglyphen teilten uns mit, daß Meref-nebef unter anderem Priester des Teti-Totenkultes war. So ergibt sich eine mögliche Erklärung dafür, warum der Wesir gerade diesen Ort für seine eigene Grablege ausgewählt und sozusagen den früheren Eigentümer hinausgeworfen hatte: Er befindet sich zwischen den Pyramiden Tetis und Unas. Daß Meref-nebef die Macht dazu besaß, erklärt sich aus den Entwicklungen seiner Zeit. Der Wesir erlebte den Zerfall des Alten Reiches (Bürgerkriege beendeten es um 2200 vor Christus). Die Stellung des Pharao wurde im Zuge dieser Entwicklungen schwächer, und immer mehr Macht ging auf die Beamten über.

Einige Fragen, die an dieser Stelle, auftauchen, können erst durch künftige Ausgrabungen beantwortet werden: Befanden sich zur Zeit Meref-nebefs überall auf dem Gelände von Sakkara Grabdenkmäler früherer Dynastien? Führte eine Straße der Hochwürdigen aus den Anfängen des Alten Reiches an der Westseite der Djoser-Pyramide entlang?

Doch kehren wir zurück zum Grab des Wesirs, zu der Frau, die an seiner Seite im Eingang dargestellt ist. Ihr Name lautete Meres-ankh ("Die das Leben liebt"), doch eine weitere Auskunft über ihre Rolle enthalten die Inschriften nicht. Das erstaunt, denn in der Kammer selbst, zu der wir uns schließlich Zugang verschafften, fanden wir auch Bildnisse von fünf weiteren Frauen, die ausdrücklich als Gattinnen bezeichnet sind. Gehörte Meres-ankh zum Hof des Wesirs, vielleicht als Kurtisane? Selbst für die Freizügigkeit des Alten Ägyptens dürfte ihre Darstellung an so exponierter Stelle dann ungewöhnlich gewesen sein. Welche Rolle diese Frau auch im Leben Meref-nebefs gespielt haben mag, ein langweiliger Bürokrat war er wohl nicht.

Daß er sich von den Nachfahren die übliche angemessene Versorgung im Rahmen des Totenkults erhoffte, zeigt die Ausgestaltung der Kammer. An der Wand auf der Westseite ließ der Wesir eine Scheintür hauen. Durch diese künstlerische Andeutung einer Pforte nahmen die Verstorbenen dem ägyptischen Glauben zufolge Kontakt zu den Lebenden auf und empfingen die Gaben der Priester. Dementsprechend verzieren zahlreiche Opferdarstellungen Scheintür und Wände: Geflügel, Rinderkeulen, Gemüse, Opferträger und Blumen sind zu sehen, darüber zwei große Listen von Gaben. Auf einer Felsstufe wurden die Opfer wohl abgestellt, einige in Tongefäßen, wie Scherben in den Felstrümmern verraten, die bei unserem Eindringen des Wesirs Kapelle bis zu einem Drittel der Wandhöhe gefüllt hatten.

Bei keiner anderen bisher entdeckten Grabstätte aus jener Zeit ist die Ausgestaltung so gut erhalten. Reliefs an den Wänden zeigen Szenen, die schon aus anderen Gräbern von Würdenträgern des alten Memphis bekannt sind, doch nirgends fanden sich so intensive Farben. Manches ist in Miniaturformat gemalt, als hätte der Künstler versucht, ein Repertoire an Motiven in einem Raum unterzubringen, das er in anderen Grabstätten auf viele Wände verteilen konnte.

Eigenartig berühren die Darstellungen der Söhne Meref-nebefs. Bis auf eine – die des ebenfalls Fefi genannten Kindes – wurden nämlich alle vollständig herausgeschlagen; geblieben sind sozusagen ihre Negative im Kalkstein. Schon die Südwand des Grabeingangs zeigt den Vater mit seinen Söhnen, der jüngere Fefi wendet zwar freundlich seinen Kopf zu einem Bruder, doch dessen Gestalt wurde zerstört. Sind dies Zeugnisse eines Streits unter Geschwistern nach dem Tode des mächtigen Vaters? Wenn diese Söhne Kinder verschiedener Frauen waren, lassen sich leicht Konkurrenz, Neid und daraus folgend peinliche Szenen im Innern der Grabkammer vorstellen. Hatte ein Priester die Mastaba verschließen lassen, um die Familienehre zu retten?

Es gibt noch eine weniger spektakuläre Erklärung – das Grab zu betreten war möglicherweise lebensgefährlich. Immer wieder fanden wir Spuren des Kampfes, den Steinmetze und Bildhauer mit dem brüchigen Kalkstein geführt hatten. So haben sie abgebröckelte Teile von Hieroglyphen in Gips nachmodelliert, eine weitere Scheintür südlich der Eingangsnische begonnen und wieder aufgegeben. Direkt daneben entdeckten wir ein großes Bruchstück einer erst teilweise modellierten Steinplatte. Vermutlich hätte sie den Sockel eines Pfeilers abgeben sollen, doch blieb diese Fassadengestaltung in den Anfängen stecken. Die südlich vom Vorhof 1,40 Meter in den älteren Grabhof getriebene zweite Vertiefung scheint ebenfalls eine unvollendete Konstruktion, nicht einmal die Mauer, die des Wesirs Grab gegen das ältere nach Norden hin abschließen sollte, haben die Arbeiter vollständig ausgeführt.

Welche Gründe es auch immer gewesen sein mögen – die Absicht, das Grab vor den Augen der Welt zu verbergen, dürfte Erfolg gehabt haben. Nach dem Ende des Alten Reiches verlor dieser westlich der Djoser-Pyramide gelegene Teil Sakkaras an Bedeutung, bis er in ptolemäischer Zeit wieder in Mode kam. Wer wollte nicht in der Nähe des ersten Grabes von Alexander dem Großen zur Ruhe gebettet werden?

So mag die Ruhestätte Meref-nebefs dem Zugriff der Menschen für Jahrhunderte entzogen gewesen sein. Selbst wir, nüchterne Archäologen der Neuzeit, fühlten uns an den sagenhaften Fluch erinnert, der dem Volksglauben zufolge die Gräber der Pharaonen und Priester schützen soll: Als wir die Fassade des Wesirgrabes freizulegen begannen, brach ein Sandsturm los, wie ihn noch keiner von uns erlebt hatte, und wütete einen Tag lang. Doch das wird uns nicht davon abhalten, zurückzukehren und die Arbeit fortzusetzen. Noch haben wir den Leichnam selbst nicht gefunden. Sicher führt ein noch nicht entdeckter Schacht von der Kammer hinunter zur eigentlichen Grabkammer. Vielleicht finden wir sie ja von Räubern unversehrt – dank eines Steinhaufens, dessen Ursprung wohl immer ein Rätsel bleiben wird.

Literaturhinweise

The Teti Cemetery at Saqqara. Von N. Kanawati und A. Hassan in: The Tomb of Ankhmahor, Australian Center for Egyptology Reports 9, Bd. 2, Warminster, 1997.

Die Wanddarstellungen im Grab des Mehu in Saqqara. Von H. Altenmüller. Archäologische Veröffentlichungen 42, Deutsches Archäologisches Institut, Abteilung Kairo, Mainz 1998.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 1999, Seite 54
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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