Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Musikgeschichte: Monteverdis Geniestreich

Menschen handeln singend – so absurd das Geschehen auf einer Opernbühne wirken mag, so wahr können die Empfindungen und Begierden sein, die dort zum Ausdruck kommen. Seit den Anfängen des Musiktheaters hat sich daran nichts geändert.
Die Oper ist ein Kind des Irrtums. Eigentlich sollte die antike Tragödie in der neuen Kunstform wiederauferstehen. Jedenfalls nach Ansicht ihrer Väter, Mitglieder der Künstlergruppe Camerata im Umkreis des Florentiner Grafen Giovanni Maria de’ Bardi (1534?–?1612). Nach ihrer Ansicht hatte es in den Dramen der Griechen den einstimmigen Gesang gegeben. Viel wichtiger war den Dichtern wie den Komponisten indes etwas ganz Neues. Dass es mit der Berufung auf die antike Tragödie nicht wirklich ernst gemeint war, offenbart sich schon am Beispiel der Bearbeitung des Mythos um Orpheus in der ersten erhaltenen Oper – »Euridice« von Jacopo Peri (1561?–?1633). Der Librettist Ottavio Rinuccini raubte der Sage den tragischen Charakter. Bei ihm verliert Orpheus seine Frau Eurydike nicht, als er sich beim gemeinsamen Weg aus dem Totenreich nach ihr umsieht. Rinuccini verlegt die Handlung in eine arkadische Welt – und beschert der Tragödie ein lieto fine, ein glückliches Ende.

Durch diese Verlagerung in ein stilisiertes, künstliches Umfeld sollte ein seit jeher festgestellter, beklagter, belächelter Widerspruch der »unmöglichen Kunstform Oper« – so der Theaterschriftsteller Oscar Bie (1864?–?1938) in seiner Geschichte der Gattung – aufgehoben werden: dass das Reden und Handeln der Figuren als Gesang vorgeführt wurde. Anders als eine realistische Tragödie stellt sich die Oper als Form dar, in der tatsächliche Vorgänge in einer unrealistischen Darstellungsform zu erleben sind. Der singende Mensch, scheinbar der Wirklichkeit fern, wird zur Chiffre für den Wahrheitsanspruch der neuen Kunstform.

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Wie Glasfaserleitungen bei der Erdbebenfrühwarnung helfen

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.