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Neuartige Mikrophone in Silicium-Technologie

Mit Verfahren der Mikromechanik lassen sich elektroakustische Wandler auf Halbleiter-Chips fertigen. Ihre Eigenschaften können trotz der winzigen Abmessungen mit denen herkömmlicher Mikrophone durchaus konkurrieren.

Die bewährten Methoden zur Produktion integrierter elektronischer Schaltkreise setzen Ingenieure seit einigen Jahren auch ein, um winzige mechanische Strukturen herzustellen. Als Material für die Mikromechanik dient dabei derselbe Halbleiter wie für die Mikroelektronik: Silicium. Zahlreiche Produkte auf der Basis dieser Technologie haben mittlerweile Serienreife erlangt und sind bereits weit verbreitet; insbesondere Sensoren gehören zu den wichtigsten Anwendungen (Spektrum der Wissenschaft, Januar und Februar 1994, jeweils Seite 92).

Mittels mikromechanischer Verfahren ist es beispielsweise möglich, Mikrophone in der Größe eines Stecknadelkopfs herzustellen. Eine solch geringe Baugröße ist für den Einsatz in den zunehmend miniaturisierten Komponenten der Unterhaltungselektronik und Kommunikationstechnik sowie für spezielle Anwendungen – etwa in Hörgeräten – von großer Bedeutung. Aber auch physikalische Gründe sprechen für eine Verkleinerung, denn das akustische Verhalten eines Mikrophons ist dann optimal, wenn seine Membran wesentlich kleiner ist als die kleinste noch zu detektierende Schallwellenlänge.


Probleme der Miniaturisierung

Allerdings ist die Miniaturisierung eines Kondensator-Mikrophons mit einigen grundlegenden technischen Schwierigkeiten verbunden. Dieser am häufigsten eingesetzte Wandlertyp besteht aus einer dünnen, straff gespannten Membran aus einem Metall, welche die Schallwellen aufnimmt und vor einer Gegenelektrode schwingt.

Diese beiden Komponenten stellen im Prinzip die Elektroden eines Plattenkondensators dar; durch die Schwingungen der Membran ändert sich der Abstand zwischen den beiden Platten und damit die Kapazität des Kondensators.

Je kleiner aber nun die Abmessungen des Wandlers sind, desto stärker ist die Störung durch – aufgrund des konstruktiven, mechanischen Aufbaus bedingte – Streukapazitäten, wodurch sich das Ausgangssignal abschwächt. Zudem treten bei sehr geringen Abständen zwischen Membran und Gegenelektrode infolge von Strömungsvorgängen in diesem Luftspalt Dämpfungswiderstände auf, die das Frequenzverhalten des Mikrophons ungünstig zu beeinflussen vermögen.

Unter Federführung des Instituts für Übertragungstechnik und Elektroakustik der Technischen Hochschule Darmstadt und unter Beteiligung der Industrie begannen Ende der achtziger Jahre Arbeiten zur Entwicklung elektroakustischer Wandler in Silicium-Mikromechanik (Spektrum der Wissenschaft, August 1988, Seite 17). Die Mikrophone wurden jeweils aus zwei in getrennten Fertigungsprozessen hergestellten Chips aufgebaut; auf dem einen befindet sich die Membran, auf dem anderen die Gegenelektrode, welche die Membranschwingungen detektiert und in entsprechende elektrische Signale umsetzt. Während die ersten der auf diese Art hergestellten Miniaturwandler noch eine geringere Empfindlichkeit hatten als herkömmliche Mikrophone, ließen sich die technischen Eigenschaften mittlerweile wesentlich verbessern.


Membranen

Die untere Grenze des Empfindlichkeitsbereichs eines Mikrophons wird durch die Hörschwelle des Menschen bestimmt, die bei einem Schalldruck von bar liegt. Dementsprechend sind extrem dünne Membranen nötig. Zugleich soll im Membranmaterial eine hohe Zugspannung herrschen, damit ein gleichmäßiger Frequenzgang über den gesamten Hörbereich (16 bis 20000 Hertz) gewährleistet ist. Für die miniaturisierten Wandler hat sich Siliciumnitrid (Si3N4) wegen seiner mechanischen Eigenschaften als Membranmaterial bewährt, zumal sich die Zugspannung während der Herstellung durch Ionenimplantation in einem weiten Bereich einstellen läßt. Die auf Silicium-Wafern gefertigten Chips enthalten eine quadratische Grube als Schalleinlaßöffnung, an deren Boden sich die nur 150 Nanometer (millionstel Millimeter) dicke Siliciumnitrid-Membran befindet, die zur Metallisierung auf ihrer Unterseite mit einer 100 Nanometer dicken Aluminiumschicht bedampft ist (Bild 1).

Neuartiges FET-Mikrophon

Ein Vorteil der Silicium-Mikromechanik ist, daß mechanische Strukturen gemeinsam mit Halbleiter-Bauelementen auf demselben Chip, also monolithisch integriert werden können. Damit wird zum Beispiel die Detektion von Membranschwingungen mit einem mechanisch gesteuerten Feldeffekttransistor (FET) möglich. Dieser entspricht zunächst einem gewöhnlichen FET, jedoch ist die Steuerelektrode – Tor oder Gate genannt –, die den Widerstand eines leitfähigen Kanals zwischen zwei Elektroden regelt, durch die Mikrophonmembran ersetzt. Das elektrische Steuerfeld des Gates wirkt über einen schmalen Luftspalt, der die Membran von der FET-Struktur trennt, auf das Kanalgebiet und somit auf den Drain-Strom des Transistors ein (Bild 2).

Diese neuartige Konstruktion vermeidet die bisherigen Beschränkungen von miniaturisierten Wandlern: Durch den niederohmigen Ausgangswiderstand des FET-Mikrophons entfallen die störenden Einflüsse von Streukapazitäten völlig. Zudem treten keine Probleme mit Strömungswiderständen auf, weil der Steg mit der FET-Struktur sehr schmal ist und die Luft aus dem Spalt nahezu ungehindert zu den seitlichen Rückvolumengruben hin abströmen kann.

Wie Messungen zeigten, ist der Frequenzgang über den gesamten Hörbereich linear; zudem erwies sich die Empfindlichkeit für Mikrophone solcher Abmessungen als extrem hoch. Je nach den Werten für Betriebsspannung und Drain-Widerstand ließe sich die Empfindlichkeit theoretisch sogar noch beliebig steigern, da beide Parameter in diese Größe eingehen.


Neues Kondensator-Mikrophon

Ein anderes Entwicklungsprojekt befaßte sich mit der Herstellung eines Wandlertyps in Silicium-Technologie, welcher nach dem Funktionsprinzip des herkömmlichen Kondensator-Mikrophons arbeitet. Der Membran-Chip ist im wesentlichen mit dem des FET-Mikrophons identisch; lediglich die Abmessungen sind verändert, und bedampft wurde die Membran mit Gold anstelle von Aluminium.

Der Chip mit der Gegenelektrode ist jedoch gänzlich anders gestaltet. Das Rückvolumen des Wandlers ist mit einer durch Ätzen hergestellten dünnen Lochplatte abgedeckt (Bild 3). Die Perforation dient dazu, den Luftaustausch zwischen Luftspalt und Rückvolumen zu ermöglichen. Auch bei diesem Mikrophontyp wies der gemessene Frequenzgang eine sehr gute Linearität auf.

Beide Wandlertypen lassen sich mit mikromechanischen Verfahren auf Silicium-Wafern in großen Stückzahlen, also kostengünstig herstellen. Das in seinem Aufbau neuartige FET-Mikrophon könnte, so ist zu vermuten, herkömmliche Wandlerprinzipien bereits in naher Zukunft ablösen. Seine technischen Eigenschaften sind hervorragend und können ansonsten nur durch wesentlich größere Mikrophonkapseln erzielt werden.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 1995, Seite 20
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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