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Talentförderung: Neue Mathematik-Projekte für Schüler

Mit Unterstützung der Volkswagen-Stiftung werben die Universitäten um Nachwuchs-Mathematiker.


Es gibt sie sehr wohl, die Begeisterung für Mathematik, den allgemeinen Ekelsprüchen zum Trotz, auch und gerade unter Jugendlichen; aber in der Regel schlummert sie, und der übliche Mathematikunterricht ist nicht dazu angetan, das zu ändern.

Um so erstaunlicher ist der Erfolg einzelner Erweckungsbewegungen: Die 1983 von dem Hamburger Erziehungswissenschaftler Karl Kießwetter initiierten Samstagskurse für Schüler finden nach wie vor regen Zulauf, ehemalige Teilnehmer haben an anderen Orten bereits Ableger gegründet. Zahlreiche Schülerzirkel gedeihen, in der Regel durch die Initiative von Einzelpersonen. Mathematik-Wettbewerbe sind wahre Massenveranstaltungen geworden. Auf der Tagung "Mathe ist TOP", welche die Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV) im September vergangenen Jahres in Duisburg zu diesem Thema veranstaltete, trat eine erstaunlich hohe Anzahl von Graswurzel-Initiativen ans Licht.

Die neu erblühte Liebe der DMV (die wesentlich von Universitäts-Mathematikern getragen wird) zu den Schülern ist nicht ganz uneigennützig: Den mathematischen Fakultäten bleiben die Studienanfänger weg, und das trotz zur Zeit exzellenter Berufsaussichten für Mathematiker. Da liegt es für die Universitäten nahe, sich verstärkt um den Kontakt zur Schule zu bemühen. Zu geeignet vorbereiteten "Tagen der offenen Tür" strömen die Schüler bereits in Massen in die Hochschulen, auch zu den Mathematikern; für deren Interessen wären allerdings Projekte längerer Dauer mit besonders Begabten eher angemessen, aber auch mit mehr Aufwand verbunden.

Um der daraus resultierenden Zaghaftigkeit aufzuhelfen, hat die Volkswagen-Stiftung einen Geldtopf bereitgestellt und die Universitäten aufgefordert, sich um eine Portion aus diesem Topf zu bewerben ("Perspektiven der Mathematik an der Schnittstelle von Schule und Universität", www.volkswagenstiftung.de/infotext/infopers.htm). Vierzehn Projekte erhielten einen Zuschlag in Höhe von je 50000 Mark; auf einem Workshop in Berlin wurden sie im Februar vorgestellt.

Eine gewisse Zaghaftigkeit war auch bei der Vorstellung noch zu spüren. Nicht bei der Auswahl der Themen – da hatten die Initiatoren klare und überzeugende Vorstellungen. Aber den Kontakt zu kooperationsbereiten Lehrern herzustellen wurde allgemein als eher mühsam empfunden, und für die regelmäßige Arbeit mit Schülern mochte man sich eher nicht persönlich engagieren, sondern lieber Examenskandidaten für das Lehramt dazu heranziehen.

Interessanterweise verfügen zwei der Projekte über langjährige Erfahrungen, weil sie aus der wettbewerbsorientierten Talentförderung der DDR hervorgegangen sind. Das Institut für Mathematik der Humboldt-Universität Berlin will Sommerschulen und wöchentliche Arbeitsgemeinschaften, die es seit jeher zusammen mit (Ost-)Berliner Spezialschulen betreibt, zu einem (Gesamt-)"Berliner Netzwerk" ausweiten; und die kleine, aber feine Mathematik-Zeitschrift "Wurzel", die seit 1967 an der Universität Jena herausgegeben wird, bereichert ihr Programm durch Ferienakademien für jeweils etwa 40 Schüler.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 5 / 2001, Seite 92
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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