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Neue Verfahren zur Kunststoff-Wiederverwertung

Gerade die für Anwendungen aller Art unschätzbar nützliche Vielfalt der Kunststoffe macht ihr Recycling zu einer großen Herausforderung für Forschung und Technik. Das Aachener Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) erforscht und entwickelt neuartige Methoden, die Lösungen für unterschiedliche Probleme bieten.

Unsere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten befassen sich mit allen drei Wiederverwertungsmöglichkeiten für Kunststoffe: dem materiellen Recycling, das heißt der Stoffgewinnung durch Produktrückführung oder Umschmelzen, dem chemischen Recycling – Zerlegen in molekulare Bausteine und deren Verwertung – sowie der energetischen Verwertung, das heißt Energiegewinnung durch Verbrennen mit Luft oder reinem Sauerstoff (Bild 1). Welche Möglichkeit bevorzugt wird, richtet sich zunächst nach dem Reinheitsgrad (Sortenreinheit und Verschmutzungsgrad) der Abfälle.

Das materielle Recycling, also die direkte Wiederverwertung für neue Produkte, ist vor allem sortenreinen und nicht oder nur leicht verunreinigten Materialien vorbehalten. Doch oft lassen sich auch gemischte Kunststoffabfälle mittels geeigneter Trennverfahren materiell recyceln. Bei sortenreinen Thermoplasten bereitet das materielle Recycling technisch gesehen kaum noch Schwierigkeiten. Allerdings ist die Qualität des Materials nach der Wiederverarbeitung in der Regel unbekannt; hier setzt eine Richtung unserer Forschungen an.

Ist materielles Wiederverwerten wegen starker Verunreinigungen nicht mehr sinnvoll, kommt das chemische Recycling – die Aufspaltung der Polymere in niedermolekulare Bestandteile – ins Spiel. Problematisch hierbei ist das insbesondere im Massenkunststoff PVC (Polyvinylchlorid) enthaltene Chlor, das durch massive Korrosion die weiterverarbeitenden Anlagen schädigt; zudem entstehen bei unsachgemäßem Betrieb toxische oder cancerogene Stoffe. Wir untersuchen Möglichkeiten, durch gezielte Behandlung die Halogene vor dem chemischen Recycling abzuscheiden, und haben dabei mit der sogenannten degradativen Extrusion sehr gute Ergebnisse erzielt.

Schließlich bleibt noch die energetische Verwertung von Kunststoffabfällen; dabei wird ihr hoher Heizwert zur Energewinnung genutzt. Das IKV verfolgt hier im Bereich der Grundlagenforschung einige Projekte, die zum Beispiel die Schadstoffbelastung des Abgases reduzieren sollen.

Materielles Recycling von Thermoplasten

Schon heute werden fast alle sortenrein und in größeren Mengen entstehenden Kunststoffabfälle aus Industrie und Gewerbe zu hochwertigen Regranulaten aufgearbeitet oder direkt wiederverarbeitet – die vermischten und in geringen Mengen entstehenden Abfälle jedoch kaum. In der Regel geschieht die Aufarbeitung grundsätzlich nach dem Schema: Zerkleinern, Reinigen, Trennen, Trocknen und Regranulieren.

Beim Zerkleinern strebt man eine gleichmäßige Kornverteilung an, da sonst die unterschiedlichen geometrischen Abmessungen das Sortieren stören. Um feinkörnige Produkte zu erhalten, werden meist schnellaufende Prallmühlen eingesetzt, doch dafür muß der Kunststoff sehr spröde sein. Für zähelastische Stoffe haben sich Schneidmühlen bewährt: Mit ihnen lassen sich fast alle Kunststoffsorten zerkleinern, auch gemischte Abfälle.

Da Verunreinigungen die Materialdichte und somit die Trenngenauigkeit in den Sortierstufen beeinflussen, müssen die Abfälle in Waschanlagen intensiv gereinigt werden. Dann werden sie durch Klassieren und Sortieren getrennt. Unter Klassieren versteht man die Auftrennung eines Korngemisches aufgrund unterschiedlicher Korngrößen und -formen (Sieben und Sichten). Beim Recycling wird diese Trennart meist als Vorstufe (Feinsieben) oder zusammen mit dem Sortieren eingesetzt. Die Sortierung beruht im Unterschied zur Klassierung auf physikalischen Stoffmerkmalen wie Dichte, Benetzbarkeit und Leitfähigkeit.

Industriell trennt man Kunststoffabfälle meist über die Dichte. Beim Schwimm-Sink-Verfahren wird die Dichte der Trennflüssigkeit so gewählt, daß der gewünschte Kunststoff entweder als Schwimm- oder Sinkfraktion anfällt; dadurch lassen sich Reinheiten von 98 bis 99 Prozent erzielen. Zur Trennung im sogenannten Hydrozyklon dient ein Zentrifugalfeld. Durch eine bestimmte Zyklongeometrie entsteht ein aufwärtsgerichteter Innenwirbel zum Ausbringen der Leichtfraktion sowie ein abwärts gerichteter Außenwirbel für die Schwerfraktion (Bild 2). Außer der Dichte kann man im Prinzip auch die elektrische Leitfähigkeit sowie hydrophobe Eigenschaften zur Trennung verwenden.

Sind die einzelnen Fraktionen sortiert, lassen sie sich nach einem Entwässerungs- und Trocknungsprozeß wieder aufschmelzen und wie Neuware granulieren. Bei diesem Verarbeitungsschritt kann man das Recyclat in einem sogenannten Extruder noch aufwerten und bestimmte Eigenschaften verbessern. Zum Beispiel haben unsere Untersuchungen an Recyclaten aus Polyethylen gezeigt, daß sich durch mineralische Füll-stoffe wie Kreide, Talkum oder Glimmer die mechanischen Eigenschaften (Festigkeit, Steifigkeit) sowie die Wärmeformbeständigkeit verbessern lassen.


Compatibilizer

Das Trennen von Kunststoffabfällen in sortenreine Kunststoffe ist schwierig und kostspielig. Gemischte Kunststoffe lassen sich aber oft wegen der Unverträglichkeit ihrer Komponenten nur eingeschränkt gemeinsam verarbeiten – das heißt, die Polymere mischen sich auf molekularer Ebene nicht; zwischen den einzelnen Phasen erscheint eine scharfe Grenzfläche, und dadurch verschlechtern sich die Eigenschaften der Mischung ganz erheblich. Ein Beispiel dafür ist die Zugfestigkeit des Gemischs aus PE-LD (Polyethylen-Low Density) und PP (Polypropylen) in Abhängigkeit von der Zusammensetzung (Bild 3).

Durch spezielle Verarbeitungsprozesse und Zugabe von sogenannten Compatibilizern sucht man die Eigenschaften solcher Polymermischungen und die Verträglichkeit der Komponenten zu verbessern. Meist wird ein drittes Polymer oder Oligomer hinzugegeben, das Segmente der beiden zu kombinierenden Polymere enthält; oder man nimmt eine niedermolekulare Substanz, die durch polare oder ionische Wechselwirkungen die beiden unverträglichen Polymere verbindet.

Am IKV untersuchen wir derzeit den Einfluß verschiedener Compatibilizer auf die Eigenschaften von Recyclat-Mischungen aus Polyolefinen, insbesondere aus Polyethylen und Polypropylen. Diese Kunststoffe – mit 65 Prozent die weitaus häufigsten im Hausmüll – lassen sich nämlich durch die üblichen Trennverfahren nur gemeinsam separieren.

Wir haben mit Polyolefin-Recyclaten verschiedene Aufbereitungsverfahren sowie unterschiedliche Compatibilizer getestet. Dem Recyclat wurden jeweils 5 Gewichtsprozent Compatibilizer zudosiert; das Granulat wurde dann zu Probekörpern verspritzt, und wir ermittelten die Streckspannung, die Streckdehnung sowie die Durchstoßarbeit. Während sich Streckspannung und -dehnung nur unwesentlich änderten, verbesserte sich die Schlagzähigkeit. Die Durchstoßarbeit nahm je nach Compatibilizer zwischen 5,4 und 12,6 Prozent zu. Die Veränderung der mechanischen Eigenschaften läßt sich unter dem Mikroskop gut erkennen: Die einzelnen Partikel sind kleiner geworden (Bild 4).

Ermittlung der Recyclingfähigkeit

Oft weiß man noch immer zu wenig darüber, wie Recycling die Werkstoff- beziehungsweise Bauteileigenschaften beeinflußt. Darum haben wir Färbehülsen der Textilindustrie, die aus Polypropylen-Copolymeren durch Spritzgießen hergestellt werden, auf ihre materielle Recyclingfähigkeit untersucht. Uns interessierte, welche Eigenschaften sich ändern, wenn man ungebrauchte Färbehülsen bis zu fünfmal im Mahlversuch wiederverarbeitet und sie mit industriell genutzten – das heißt durch Dispersionsfarbstoffe verschmutzten – und einmal recycelten Hülsen vergleicht. Durch praxisnahe Bauteilprüfung haben wir die mechanischen Eigenschaften von Färbehülsen unterschiedlicher Vorgeschichte untersucht und somit die Recyclingfähigkeit beurteilt.

Nicht im Färbeprozeß verwendetes Material wies außer einer Abnahme der Viskosität durch die Wiederverarbeitung kaum Veränderungen auf. Ganz anders beim bereits im Färbeprozeß verwendeten Recyclat: Hier nimmt die Fließfähigkeit schon durch einmalige Wiederverarbeitung stark ab (Bild 5). Verantwortlich dafür ist ein Zusammenspiel von molekularer Abbaureaktion und Vernetzung der Ethylen-Sequenzen im Copolymer.

Die molekularen Veränderungen beeinflussen vor allem die Kristallinitäts- und Orientierungsverteilung. Die Verunreinigungen durch den Dispersionsfarbstoff wirken als Kristallisationskeime, und das Recyclat zeigt eine höhere Kristallinität als das Mahlgut. Dadurch verbessern sich die mechanischen Kurzzeiteigenschaften, insbesondere die Biegesteifigkeit. Die Färbehülsen können also durchaus recycelt werden und haben danach sogar bessere Eigenschaften als neue Ware (Bild 6).


Werkstoffuntersuchungen an verunreinigten Thermoplasten

Die Wiederverwertung von technischen Thermoplasten ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich interessant. Deshalb haben wir den – bislang weitgehend unbekannten – Einfluß von Mehrfachverarbeitung und Verunreinigungen auf ihre Werkstoffeigenschaften ausführlich untersucht.

Im Kurz- und Langzeit-Zugversuch erwies sich das Werkstoffverhalten von unverstärkten Thermoplasten – ob verschmutzt oder nicht – als nahezu unabhängig von der Anzahl der Wiederverarbeitungen. Doch stoßartiger oder langzeitig schwingender Belastung halten sie im Vergleich zur Neuware deutlich schlechter stand; besonders ausgeprägt ist dies bei verunreinigten Materialien, da die Fremdstoffe eine innere Kerbwirkung hervorrufen. Alles in allem konnten wir aber zeigen, daß die mechanischen Eigenschaften von Recyclaten häufig besser sind als erwartet.

Diese Ergebnisse sind die Grundlage weiterer Projekte in Zusammenarbeit mit der Industrie. Dabei wird zunächst bestimmt, welche Eigenschaften das einzusetzende Material nach einer Mehrfachverarbeitung oder dem Gebrauch der Bauteile noch aufweist, um danach geeignete Konzepte für ein Recycling zu erarbeiten.


Verarbeitung von Recyclaten

Bei der Extrusion wird das Kunststoffgranulat in einem beheizten Zylinder aufgeschmolzen und dabei von einer Schnecke kontinuierlich nach vorne gefördert. Am Ende des Zylinders strömt die dann vorliegende Schmelze unter hohem Druck durch ein Werkzeug und wird beispielsweise zu einem Rohr, einer Platte oder einem Profil ausgeformt. Bei schwer rieselfähigen Recyclaten können Druck- und Durchsatzschwankungen auftreten, so daß die Auslaufmasse

ungleichmäßig aus dem Massetrichter strömt und sich dadurch die Schnecke im Einzugsbereich ungleichmäßig füllt. Auch eine nicht optimierte Schneckengeometrie kann diese Probleme hervorrufen. Wie sich im Versuch zeigt, haben unterschiedliche Recyclate (Folienschnitzel), Trichtergeometrien und Ausflußöffnungen großen Einfluß auf den Auslaufmassestrom des Trichters und das Einzugsverhalten der Schnecke.

Bei vielen Thermoplasten verursacht die Mehrfachverarbeitung einen molekularen Abbau, der die Fließeigenschaften und somit den Verarbeitungsprozeß beeinflußt. Beim Spritzgießen von Recyclat muß man daher mit größeren Qualitätsschwankungen rechnen, und bei Neuware-Recyclat-Gemischen hängen Formteilschwindung und -gewicht vom Recyclat-Anteil ab. Zur On-line-Überwachung wichtiger Qualitätsmerkmale eignen sich sogenannte Prozeßmodelle. Aus den erfaßten Prozeßgrößen (Drücken, Temperaturen, Geschwindigkeiten) werden Kennzahlen gebildet, mit denen man die Änderungen des Spritzgießprozesses erfaßt. Indem die Prozeßmodelle den Zusammenhang zwischen der Formteilqualität und den Kennzahlen quantitativ beschreiben, erlauben sie eine Qualitätsüberwachung.

Duromere Verbundkunststoffe

Duromere – nicht schmelzbare Faserverbundkunststoffe – sind aufgrund hoher Wärmeformbeständigkeit, Chemikalien- und Flammbeständigkeit, guter Verarbeitbarkeit sowie äußerst hochwertiger mechanischer und dielektrischer Eigenschaften vielfältig einsetzbar. Wir finden sie in gepreßten Bauteilen von Automobilen, etwa Stoßfängerträgern und Karosserieaußenteilen (Heckklappen), in Gehäusen für Elektrogeräte, gewickelten Rohrleitungen im Chemieanlagenbau oder als Strukturbauteile in der Luft- und Raumfahrt. Doch gerade aufgrund ihrer Vorzüge sind sie schwer zu recyceln – insbesondere wenn man die Verstärkungseigenschaften der Fasern auch weiterhin nutzen möchte.

Industriell durchgängig verwirklichte Lösungen findet man derzeit in der Automobil-Zulieferindustrie, die gepreßte Teile aus SMC (sheet moulding compound aus Glasfasern, ungesättigtem Polyesterharz und Füllstoffen) herstellt und ausgediente Bauteile im sogenannten Partikel-Recycling aufbereitet. Die Teile werden geschreddert und gemahlen; das Mahlgut wird fraktioniert, als Füllstoff neuem SMC beigegeben und dieses Gemisch zu neuen Bauteilen verarbeitet. Der Kreislauf ist somit praktisch geschlossen. Die Fasern werden dabei zwar von 50 auf etwa 5 Millimeter verkürzt, haben aber immer noch einen deutlichen Verstärkungseffekt.

Mit ähnlichen Techniken würde man gerne auch andere Faserverbundbauteile unter vertretbarem Aufwand wieder in neue Werkstoffe einarbeiten. Dafür muß man allerdings die Geschichte des Bauteils kennen. Wurden bei der Herstellung kaltgehärtete Polyesterharze verwendet, so behindern die darin enthaltenen Beschleuniger und organischen Peroxide die Verwertung als gemahlener Füllstoff in neuem SMC: Es käme zu einer vorzeitigen Vernetzung, das Material wäre nicht lagerstabil. Wir beschäftigen uns darum mit der Bestimmung der Rest-Peroxide und deren Neutralisierung in zerkleinerten Fraktionen von glasfaserverstärkten Kunststoffen.

Für nichtausgehärtete Produktionsabfälle sind spezielle Problemlösungen nötig. So entwickeln wir derzeit ein Verfahren, sogenannte Prepreg-Abfälle (preimpregnated materials: vorimprägnierte textile Halbzeuge) aus der Luftfahrtindustrie zu DMC (dough moulding compound, einer teigartigen Formmasse) aufzubereiten. Solche Abfälle aus hochwertigen Kohlenstoff-Fasern und Epoxidharz entstehen bei der Herstellung hochbelasteter Strukturbauteile, zum Beispiel des Airbus-Seitenleitwerks.

Für das Zerkleinern entwickeln wir – da das Material klebrig und biegeschlaff ist und sich den üblichen Mahlverfahren widersetzt – spezielle Techniken auf Schneckenmaschinen. Die Faserlängen werden dabei von beliebig großen Werten auf etwa 10 Millimeter reduziert; dadurch lassen sich die hochwertigen Fa-sereigenschaften auch in dem nach weiteren Aufbereitungsschritten entstehenden DMC nutzen.

Da es sich hier um eine Familie völlig neuer Werkstoffe handelt, müssen die Verarbeitungseigenschaften noch ausgiebig erforscht werden. So können sich beispielsweise die Komponenten des Materials bei der Verpressung entmischen. Erste Anhaltspunkte für solche Phänomene liefern Computersimulationen. Aber erst Versuche bei der Herstellung stark verrippter Bauteile geben letztlich genaue Auskunft über das Werkstoffverhalten.


Chemisches Recycling

Für ihre vielfältigen chemischen Verwertungsmöglichkeiten muß man die Abfälle zuvor aufbereiten. Vor allem Kunststoffe aus Haushalten sollten gereinigt und sterilisiert sowie in eine transportfähige Form mit größtmöglicher Dichte gebracht werden.

Zudem sucht man sie so umzuwandeln, daß sie in ihrer Konsistenz möglichst den Vakuumrückständen gleichen, die bei der Mineralölverarbeitung durch Hydrierung, Cracken und so weiter anfallen; denn diesen Rohölrückständen sollen sie anschließend zugemischt werden. Am günstigsten wäre dafür, wenn sie bei Raumtemperatur bereits flüssig wären.

Möglichst gleichzeitig sollten sie auch von Begleitern befreit werden, welche die nachfolgenden Prozesse stören würden – in erster Linie Halogene und hier vor allem das in gemischten Kunststoff-abfällen fast allgegenwärtige Chlor, das meist aus PVC stammt. Schließlich möchte man eine solche Prozedur unkompliziert und preisgünstig durchführen, und zwar gleich dort, wo die Abfälle in größeren Mengen entstehen – vor allem bei Sortierstationen für das Material aus dem gelben Sack, bei Schredderanlagen und so weiter.

Am IKV haben wir zur Vorbehandlung gemischter Kunststoffabfälle die degradative Extrusion entwickelt. Die Substanzen werden dabei auf sehr einfache und schnelle Weise physikalisch und chemisch so modifiziert, daß man sie an anderer Stelle weiterverarbeiten kann (Bild 7).

Bei unserem Verfahren werden thermoplastische Kunststoffabfälle in einem Extruder durch thermische und mechanische Energieeinwirkung zu niedrigmolekularen und somit niedrigviskosen Polymerschmelzen abgebaut; unterstützt wird der Vorgang durch die katalytische Wirkung von zugesetzten oder eingedüsten chemischen Agenzien oder durch die Einwirkung reaktiver Gase. Geeignet sind dafür Luft oder Sauerstoff, Wasserdampf, Metalloxide oder andere Katalysatoren.

Zersetzungsprodukte (zum Beispiel Chlorwasserstoff-Gas), die die nachfolgenden Prozeßabläufe stören, werden durch Entgasung oder Bindung an geeignete Stoffe möglichst entfernt. Das anfangs heterogene Abfallgemisch wird so entweder zu einer homogenen Flüssigkeit vereinheitlicht oder am Ausgang des Extruders granuliert – oder es wird so hoch aufgeheizt (über 520 Grad Celsius), daß es sich zersetzt und vergast (Bild 8).

Damit Recyclate sich chemisch verwerten lassen, sind vor allem gute Dosierbarkeit in Form eines Öls und ausreichende Enthalogenierung nötig. Wie die ersten Untersuchungen zur degradativen Extrusion gezeigt haben, sind diese Anforderungen erfüllbar.

Energetisches Recycling

Für einen Teil der Abfälle bleibt als Verwertung nur noch die thermische Behandlung übrig; sie nutzt durch Verbrennen den hohen Energieinhalt der Kunststoffe.

Zusammen mit anderen Instituten der RWTH Aachen untersuchen wir ein neues thermisches Verfahren: Bei Verbrennung mit reinem Sauerstoff werden durch hohe Temperaturen (etwa 1600 Grad Celsius) alle toxischen Anteile zerstört und die Rückstände mineralisiert. Das Abgasvolumen vermindert sich auf rund 25 Prozent. Mangels Luftstickstoffs entstehen keine Stickoxide: Die Abgase bestehen fast nur aus Kohlendioxid und Wasser. Zudem beschäftigen wir uns mit deren stofflicher oder chemischer Weiterverwertung. Besonders die hauptsächliche Abgaskomponente, das Kohlendioxid, kann als chemischer Rohstoff zur Methanol-, Benzin- oder Harnstoffsynthese dienen. Eine stoffliche Verwendung ist zum Beispiel als Fördergas für Rohöl möglich, als Lösungsmittel im überkritischen Zustand oder als Inertisierungsmittel, das heißt als Schutzgas gegen unerwünschte Oxidationsprozesse.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 1993, Seite 107
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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