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Nicht zum Schaden der Tiere


Wer transgenes Nutzvieh züchtet, muß sich der Frage stellen, was ein solcher Eingriff in das Erbgut für Gesundheit und Wohlergehen der Tiere bedeutet. Wird hybrides Erbmaterial, wie wir es benutzen, in eine besamte Eizelle eingebracht, kann es später in jeder einzelnen Zelle des ausgewachsenen Organismus vorhanden sein und – zum Beispiel wenn es am falschen Ort oder zur falschen Zeit zur Wirkung kommt – unter Umständen Schaden anrichten.



Aus solchen Gründen war es äußerst wichtig, unsere gentechnische Strategie so auszurichten, daß die fremde DNA nur bei weiblichen Schweinen im Gewebe der Milchdrüse abgelesen wird, einem Organ, das dafür eingerichtet ist, Proteine zu liefern. Drüsen sekretieren ihre Produkte natürlicherweise, ohne daß dies sie oder den Organismus beeinträchtigt. Indem wir als Steuerelement einen Promotor wählten, der die Herstellung eines Milchproteins veranlaßt, also eine Art Schalter, wie er bei allen Säugetieren vorhanden ist, vermochten wir die Folgen des Eingriffs auf die Milchdrüsen zu beschränken. Wir mußten allerdings erkennen, daß selbst solchermaßen gebändigte Gene nicht immer gänzlich unserer Kontrolle unterliegen. So bildeten die transgenen Sauen das menschliche Protein auch, wenngleich in geringer Menge, in den Speicheldrüsen. Das war sogar zu erwarten, denn das Gewebe von Speichel- und Milchdrüse ist im Aufbau ähnlich. Dieser Nebeneffekt dürfte jedoch, dessen sind wir uns ziemlich sicher, die Tiere in keiner Weise beeinträchtigen.



Zu den ethischen Gründen kommen pragmatische Erwägungen. Eine gentechnische Pioniermethodik wird sich nur dann etablieren können, wenn die behandelten Tierbestände völlig gesund sind. Daß man die Gefahr der Übertragung von Krankheiten auf den Menschen aufs äußerste minimieren muß, haben wir mehrfach angesprochen. Selbst nur leicht geschwächte Tiere wären aber anfälliger für Infektionen; womöglich würde ihr Organismus auch bislang unbekannte pathogene Keime leichter in das erwünschte Produkt gelangen lassen. Unser dringliches Anliegen ist deshalb, kerngesundes Vieh zu züchten, das den Menschen mit lebensrettenden Medikamenten versorgt.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 3 / 1997, Seite 74
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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