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Denken: Gewusst warum

Wonach streben wir am meisten im Leben? Liebe, Glück, ­Gesundheit – oder vielleicht Erklärungen? Für die Psychologin und Philosophin Tania Lombrozo sind Warum-­Fragen die Triebfedern des Denkens.
Tania Lombrozo

Professor Lombrozo, Menschen legen sich laufend Erklärungen für Dinge zurecht, die um sie herum geschehen. Warum sind wir so versessen darauf?

Anders als viele meinen, suchen nicht nur Wissenschaftler und Intellektuelle nach Erklärun­gen. Jeder tut das, selbst Kleinkinder, allerdings eher beiläufig, oft sogar unbewusst. Wir fragen uns zum Beispiel, warum unser Partner auf eine bestimmte Weise gehandelt hat, warum die Leute so reden und sich so verhalten, wie sie es tun, oder warum nirgends ein Parkplatz zu finden ist und so fort. Die Erklärungen, die wir dafür heranziehen, offenbaren uns, wie die Welt funktioniert, und das wiederum hilft uns vorherzusehen, was in Zukunft geschehen wird.

Bietet die Suche nach Erklärungen also einen evolutionären Vorteil?

Sicher. Meine Kollegin Alison Gopnik veröffent­lichte einmal einen Fachartikel mit dem Titel "Erklärung als Orgasmus". Darin beschrieb sie, dass wir Erklärungen so befriedigend finden und so sehr danach streben, weil sie eine ähnliche Funktion erfüllen wie der Orgasmus: Der Reiz guter Erklärungen motiviert uns dazu, Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu erkennen, ähnlich wie der Orgasmus uns antreibt, uns fortzupflanzen.

Welche Erklärungen finden wir besonders sexy?

Eine Unterscheidung, die für meine Arbeit eine große Rolle spielt, ist die zwischen mechanistischen und teleologischen Erklärungen. Wenn ich frage, warum diese Tasse einen Henkel hat, könnte eine mechanistische Erklärung lauten, weil sie in der Fabrik auf bestimmte Weise aus Keramik geformt wurde. Aber natürlich würden wir eher eine Erklärung erwarten nach dem ­Muster: "Die Tasse hat einen Henkel, damit man sie anheben kann, ohne sich die Finger zu verbrühen." ...

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  • Quellen

Gopnik, A.: Explanation as Orgasm and the Drive for Causal Knowledge – The Function, Evolution, and ­Phenomenology of the Theory Formation System. In: Keil, F. C., Wilson, R. A. (Hg.): Explanation and Cognition. Cambridge, MIT Press 2000, S. 299 – 323

Lombrozo, T.: The Instrumental Value of Explanations. In: Philosophy Compass 6, S. 539 – 551, 2010

Williams, J. J. et al.: The Hazards of Explanation: Overgeneralization in the Face of Exceptions. In: Journal of Experimental Psychology: General 142, S. 1006 – 1014, 2013

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