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Primaten: Das Rätsel der heiligen Paviane

In Afrika gelten Paviane oft als Plage, doch für die alten Ägypter waren sie heilige Tiere. Zu dieser Vorstellung bewog die Menschen womöglich das Verhalten der Affen, die sie aus dem ­sagenumwobenen Punt heranschafften. Pavianmumien geben nun Aufschluss über die tatsächliche Lage jenes »Goldlands«.
Brustschmuck aus dem Grab des Tutanchamuns mit zwei Mantelpavianen, die den Sonnengott in dessen Form als Skarabäus verehren.

Seine letzte Ruhe fand EA6736 im British Museum in London. Die Inventarnummer gehört zu einer Mumie aus dem Tempel des Chons im ägyptischen Karnak. Der einbalsamierte Körper stammt aus der Zeit des Neuen Reichs, das Ägyptologen von zirka 1550 bis 1069 v. Chr. ansetzen. Wer oder was EA6736 zu Lebzeiten war, zeigt sich bei genauem Hinsehen: Die sorgfältig gewickelten Leinenbinden sind stellenweise zerfallen – und aus den Löchern ragen Fellhaare; an den Füßen stehen kräftige Zehennägel hervor. Röntgenaufnahmen offenbaren das charakteristische Skelett und den schnauzenförmigen Schädel eines Primaten. Bei der mumifizierten Kreatur handelt es sich um Papio hama­dryas, einen Mantelpavian, den die alten Ägypter als heiliges Tier verehrten.

EA6736 ist ein Beispiel von vielen für die bedeutende Rolle von Pavianen in der Kunst und Religion des alten Ägypten. Auf zahlreichen Wandmalereien und Reliefs, ebenso als Statuen und Schmuckstücke tauchen die Primaten in der gut 3000-jährigen Geschichte der Nilzivilisation immer wieder auf. Eines der ältesten Zeugnisse ist die Statue eines Mantelpavians, in deren Sockel der Name von König Narmer eingeritzt steht. Dieser war einer der frühesten Pharaonen Ägyptens, wenn nicht sogar der erste, als er zwischen 3150 und 3100 v. Chr. regierte. Fast zwei Jahrtausende später herrschte Tutanchamun über das Land am Nil, von 1332 bis 1323 v. Chr. Zu seinem Grabschatz gehört ein mit Pavianen verziertes Pektoral, ein Brustschmuck: Die Affen sitzen auf einer Barke und huldigen mit erhobenen Armen dem Skarabäus in ihrer Mitte, der eine Form des Sonnengotts Re darstellt. Und in Tutanchamuns Gruft im Tal der Könige zieren gleich zwölf solche Primaten eine Wand der Grabkammer. Die Tiere symbolisieren wohl die Stunden der Nacht.

Die alten Ägypter verehrten den Mantelpavian als Verkörperung von Thot, dem Gott des Mondes, der Weisheit, des Wissens und des Kalenders, zugleich fungierte jener als Berater des Sonnengotts Re. Der Pavian ist aber längst nicht das einzige Tier, das die Menschen damals heilig nannten: Der Schakal stand mit dem Totengott Anubis in Verbindung, der Falke mit der Himmelsgottheit Horus und das Flusspferd mit Taweret, der Schutzgöttin für Geburt und Fruchtbarkeit. Dennoch ist der Pavian ein eigenartiges heiliges Tier. Für die meisten Menschen, die regelmäßig mit diesen Primaten zu tun haben, sind sie nämlich nichts anderes als gefährliche Plagegeister. Zudem ist der Pavian das einzige Tier der ägyptischen Götterwelt, das nicht im Niltal heimisch ist …

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  • Quellen

Amato, K. et al.:Convergence of human and Old World monkey gut microbiomes demonstrates the importance of human ecology over phylogeny. Genome Biology 20, 2019

Dominy, N. et al.:Mummified baboons reveal the far reach of early Egyptian mariners. eLife 2020

Grathwohl, F. et al.:Adulis and the transshipment of baboons during classical antiquity. bioRxiv - the preprint server for biology, März 2023

Hill, C. M.:Conflict of interest between people and baboons: crop raiding in Uganda. International Journal of Primatology 21, 2000

Jolly, A. et al. (Hg.):Ringtailed lemur biology. Lemur catta in Madagascar. Springer, 2006

Thomas, E.:Papio hamadryas and the rising sun. Bulletin of the Egyptological Seminar 1, 1979

te Velde, H.: Some remarks on the mysterious language of the baboons. In: Kamstra, J. H. (Hg.): Funerary symbols and religion, Festschrift für M. S. H. G. Heerma van Voss. Kok, 1988, S. 129-137

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