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Strukturbiologie: Proteinfabrik in Nahaufname



Die Frage, ob das Ei älter ist oder die Henne, lässt sich auch wissenschaftlich formulieren: Begann das Leben auf der Erde mit den Proteinen, die Stoffwechselreaktionen ausführen, oder mit den Molekülen des Erbguts, in denen der Bauplan für die Proteine gespeichert ist? Die Arbeitsgruppe um Thomas Seitz von der Yale-Universität in New Haven hat nun über Strukturuntersuchungen an den zelleigenen Eiweißfabriken, den so genannten Ribosomen, die bisher eindeutigste Antwort gefunden. Die riesigen Produktionsstätten in einer Zelle enthalten außer diversen Proteinen auch etliche RNA-Stränge, die chemisch mit der DNA des Erbguts verwandt sind. Die Wissenschaftler konnten bei einem Bakterium per Röntgenstrukturanalyse erstmals den Aufbau der großen Untereinheit des Ribosoms in atomarer Auflösung ermitteln. Dabei stellten sie fest, dass die Proteine vor allem an der Außenfläche des Komplexes sitzen. Damit beschränkt sich ihre Aufgabe darauf, die RNA-Ketten zu stabilisieren, die im Reaktionszentrum die entscheidenden Schritte der Proteinsynthese ausführen. Das Ergebnis erhärtet die schon länger existierende Theorie, dass RNA-Strukturen am Anfang des Lebens standen, weil sie sowohl genetische Information trugen als auch enzymatische Funktionen erfüllten. (Science, Bd. 289, S. 878, 905, 920, 947)

Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 2000, Seite 27
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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