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Prüfverfahren für dünne Schichten


Neue Produkte und Technologien erfordern oft auch neue Werkstoffe, doch lassen sich die mittlerweile gestellten Anforderungen kaum noch mit einem einzigen realisieren. Deshalb nutzt man häufig unterschiedliche Materialien in Verbunden. Einen bedeutenden Beitrag dazu leisten Oberflächen- und Dünnschichttechniken, die Eigenschaften modifizierter Randschichten beziehungsweise aufgebrachter Beschichtungen mit denen des Grundwerkstoffs kombinieren. Typische Schichtdicken liegen zwischen wenigen Nano- und bis zu einigen Mikrometern (millionstel beziehungsweise tausendstel Millimetern).

Solche Überzüge mit besonderen Eigenschaften wie Glanz, Härte oder chemische Beständigkeit lassen sich auf vielfältige Weise herstellen. Zu den klassischen Verfahren für Beschichtungen gehört etwa die Galvanotechnik, also das im allgemeinen elektrochemische Abscheiden von Metallen zum Korrosionsschutz oder als dekorativer Überzug. Das Verfahren wurde bereits 1840 in Frankreich und England zum Vergolden und Versilbern eingesetzt. Heutzutage versteht man darunter auch rein chemische, also stromlose Methoden der Metallisierung. Es lassen sich damit Legierungen abscheiden und Hartstoff-Partikel für den Verschleißschutz beigeben; auch die Mikroelektronik-Industrie nutzt Weiterentwicklungen der Galvanotechnik in der Chip-Fertigung, um Leiterbahnen und Kontakte aufzubringen.

Um nahezu beliebige Legierungen sowie viele chemische Verbindungen ohne Belastung der Umwelt durch Abfälle der galvanischen Bäder auf Stahl, Leichtmetall, Glas oder auch Kunststoff extrem dünn abzuscheiden, wurden die in den vorstehenden Beiträgen beschriebenen Prozesse der Gasphasenbeschichtung – physical und chemical vapour deposition (PVD und CVD) – entwickelt. Keramische Überzüge, halb so hart wie Diamant, schützen Werkzeuge wie Bohrer, Fräser und Schneiden oder stark beanspruchte Maschinenbauteile wie Lager, Scheiben, Federn und Kolben vor Verschleiß; die Gebrauchsdauer solcher Teile verlängert sich im Einzelfall auf das Zehn- oder gar Dreißigfache. In der Medizintechnik verhütet man die Korrosion von chirurgischen Instrumenten wie auch von Implantaten und verbessert deren biologische Verträglichkeit. Auch Kunststoffe lassen sich behandeln, beispielsweise erhöhen Barriereschichten auf Verpackungsfolien deren Dichtigkeit. Zu den Hauptnutzungen gehören optische Schichten etwa auf Gebäude- und Automobilscheiben, Brillenglas, Reflektoren, Spiegeln und vielerlei Komponenten von Geräten. Größte Anwendungsbereiche aber sind die Optik sowie die Elektronik, Mikroelektronik und Nachrichtentechnik. Mittels Schichttechniken stellt man in mikroskopischen Bereichen elektrische Kontakte und Isolierschichten her, kapselt Bauteile ab und verfertigt Magnetbänder und -platten sowie magneto-optische Schichten.

Dieser Vielfalt entsprechen unterschiedlichste, zudem hohe Anforderungen an die Schichteigenschaften, und dazu bedarf es einer adäquaten Prüftechnik. Hier bestehen jedoch noch große Defizite, weil die Eigenschaften des Überzugs und die Eignung des beschichteten Teils für seine Verwendung eben wegen der geringen Schichtdicke häufig nur schwer zu ermitteln sind; auch stehen bislang nur wenige standardisierte Verfahren zur Verfügung. Angesichts der Bedeutung der Dünnschichttechniken für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist die Vereinheitlichung von Prüfverfahren durch Normen und Richtlinien deshalb derzeit ein zentrales Anliegen von Forschung und Industrie.


Die wichtigsten Prüfverfahren

Bei der Prüfung beschichteter Bauteile sollte streng zwischen den Eigenschaften von Schichten und dem Verhalten des Bauteils unterschieden werden. Ein beschichtetes Bauteil reagiert als System, dessen Eigenschaften in der Regel auch von seiner Verwendung in einer bestimmten Umgebung abhängen.

Technisch wichtige Charakteristiken von Funktionsschichten sind zum Beispiel Haftung auf dem Grundkörper, Dicke, chemische Zusammensetzung, innere Materialstruktur, Gefüge, Textur, Härte, Verformbarkeit, Rauheit der Oberfläche sowie optische Merkmale wie Farbe, Glanz und Brechungsindex, aber auch elektrische und thermische Leitfähigkeit, dielektrische und magnetische Charakteristiken, Temperaturbeständigkeit, Alterung und Stabilität von Grenzflächen. Und nur selten hängt allein von einem Parameter ab, ob und in welchem Maße die beschichtete Komponente zum Beispiel von Feuchte, Temperatur und Gasumgebung angegriffen wird oder verschleißt, chemische Reaktionen katalysiert oder Allergien auslöst.

Während es bei der Entspiegelung von Brillenglas vor allem auf die optischen Eigenschaften der Schicht ankommt, sind in der Informationstechnik eher elektrische und magnetische bedeutsam. Hartstoffschichten für den Verschleißschutz wiederum müssen bestimmte mechanische Qualitäten haben, die aber besonders schwer quantitativ zu bestimmen sind. Komplexe Anforderungen, wenn etwa ein Produkt sowohl dekoratives Aussehen als auch einen hohen Gebrauchswert lange behalten soll, lassen sich meist nur durch Kombination mehrerer Beschichtungen erfüllen; deren Einflüsse auf den gesamten Schichtverbund sind oft nur schwer getrennt zu erfassen.

Hinzu kommt, daß die Industrie Untersuchungen fordert, die

- möglichst zerstörungsfrei sowie schnell und preiswert sein sollen,

- unmittelbar nach oder sogar während der Beschichtung im Fertigungsprozeß einzusetzen sind sowie

- reproduzier- und vergleichbare Meßergebnisse und Kennwerte liefern, die sich als Basis für eine Klassifizierung eignen.

Das ist vielfach gegenwärtig noch nicht gegeben. Beispielsweise sind zerstörende Prüfungen an einem hochwertigen beschichteten Bauteil nicht durchzuführen, so daß statt dessen ein mitbeschichtetes Probestück untersucht werden muß. Außerdem fehlen meist noch geeignete Referenzproben, um die Meßeinrichtungen damit zu kalibrieren.

Obwohl viele Prüfvorschläge existieren, sind noch kaum Normen dafür vorhanden. Um vor allem dem Bedarf der Werkzeuge herstellenden Industrie nachzukommen, wurde in dem Programm OSTEC des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) ein Verbundprojekt "Qualifizierung von Prüfverfahren und Standards für die Dünnschichttechnologie" gefördert. Daran beteiligten sich zehn maßgebliche Forschungseinrichtungen der Oberflächentechnik und des Prüf- und Meßwesens; es wurde vom Institut für Werkstofftechnik in Bremen koordiniert und vom VDI-Technologiezentrum in Düsseldorf betreut.

Dabei wurden Härteprüfnormale für keramische Verschleißschutzschichten entwickelt, Schichthärteprüfungen nach dem Last-Eindringverfahren festgelegt und verschiedene Analyseverfahren für die Bestimmung der Schichtzusammensetzung miteinander verglichen. Aus den Ergebnissen ließen sich Richtlinien ableiten, die in Produktionsnormen Eingang finden können.


Zerstörungsfreie Schichtdickenmessung

Um die Dicke einer Schicht während des Aufwachsens zu bestimmen, läßt man das Material außer auf dem Substrat oft auch auf Schwingquarzen abscheiden – die Massenänderung bewirkt eine Veränderung der Schwingungsfrequenz. Mit Glasträgern, die mit einem aufwachsenden Film immer weniger Licht durchlassen, läßt sich die Dicke optischer Schichten kalibrieren. Bei der industriellen Beschichtung von transparenten Substraten wie Glasscheiben, Bändern und Folien in großen Durchlaufanlagen, sogenannten Coatern, vermag man die Schichtdicke direkt am Produkt auf weniger als einen Nanometer genau optisch zu messen; beispielsweise bestimmt man dazu Änderungen der Polarisationsebene von Licht, das an der Schicht reflektiert wird (Ellipsometrie).

Diese Verfahren sind aber bei dicken lichtundurchlässigen Schichten nicht anwendbar. Als zerstörungsfreie Methoden kommen in solchen Fällen die Röntgenfluoreszenzanalyse und das Beta-Rückstreuverfahren in Frage; erstere mißt die Intensität der durch Röntgenstrahlen angeregten charakteristischen Röntgenfluoreszenzstrahlung der Schicht, letzteres das Spektrum von Elektronen, die an und in der Schicht gestreut werden. Beide Methoden sind genormt und ausreichend genau, sofern geeignete – das heißt der Kombination von Schicht- und Grundwerkstoff entsprechende – Kalibrierstandards zur Verfügung stehen. Allerdings liefern sie nur Mittelwerte und können Mehrfachschichten nicht unterscheiden. Diese Verfahren werden vorwiegend für die Messung von Metallüberzügen etwa aus Nickel oder Kupfer eingesetzt. Außerdem lassen sich sehr komplexe oder sehr große Probengeometrien damit nicht erfassen. Andere zerstörungsfreie Verfahren wie die Wirbelstrom-Induktion oder magnetinduktive Prüfungen können zwar mit tragbaren Geräten durchgeführt werden, ihre Meßgrenze liegt aber bei Dicken von einigen Mikrometern, so daß sie für dünne Filme nur in Ausnahmefällen einsetzbar sind. Ihre Anwendung ist zudem auf wenige Materialien begrenzt.

Die Schicht beschädigend, dafür aber schnell und preiswert arbeitet der Kalottenschliff: Mit einer Stahlkugel von beispielsweise 50 Millimetern Durchmesser wird mit einer Diamantsuspension eine kleine Mulde (Kalotte) in die Oberfläche des beschichteten Teils geschliffen; im Lichtmikroskop mißt man dann die Konturen aus und kann daraus die Dicken auch von Mehrfachschichten bestimmen (siehe Titelbild).


Haftfestigkeit

Für die meisten Anwendungen ist die Haftung einer Schicht auf dem Grundwerkstoff ein entscheidendes Qualitätskriterium, das aber lediglich durch zerstörendes Ablösen der Schicht und Messen der dafür aufgewendeten Kraft zu ermitteln ist. Zwar gibt es eine Vielzahl von Verfahren wie Schäl-, Scher- und Abziehtests; sie lassen aber oft nur qualitative Aussagen zu und sind für Hartstoffschichten wie die aus dem weitverbreiteten goldfarbenen Titannitrid ungeeignet. Will man diese harte und spröde Schicht abspalten, wird ein Teil des Grundmaterials mit abgelöst.

In der Praxis nutzt man sehr oft den Rockwell-Test, bei dem man – wie bei der Härteprüfung – einen Diamantkegel unter definierter Last in die spröde Schicht eindrückt. Diese bricht und platzt wie eine Eierschale vom Grundkörper. Hält die Beschichtung schlecht, ist die somit freigelegte Fläche groß, während man bei guter Haftung nur die Bruchkante als etwa kreisförmige Begrenzung der Eindrucksfläche sieht (Bild 1). Beim Ritztest wird eine Diamantspitze mit etwa 0,2 Millimeter Krümmungsradius, ein sogenannter Indentor, mit steigender Last über die Oberfläche einer Probe gezogen, bis die aufgebrachte Schicht bei einem kritischen Wert ausbricht (Bild 2). Das kann mikroskopisch beobachtet und mit einem Schallaufnehmer akustisch gemessen werden.

In der Praxis beobachtet man sehr unterschiedliche Versagensformen. Eine Verschleißschicht auf Stahl reagiert anders auf den Ritztest als eine auf Kunststoff. Zudem wird die Haltbarkeit der Schicht auf dem Werkstück sehr stark von inneren mechanischen Spannungen des Schichtsystems beeinflußt, die in der Praxis schwer zu erfassen sind. Messen kann man sie selten am beschichteten Teil; Untersuchungen an ähnlichen Systemen liefern aber gut reproduzierbare Aussagen, aus denen sich wiederum Rückschlüsse auf Herstellung und Haltbarkeit ziehen lassen.

Als neues Verfahren, das derzeit erst in Forschungslaboratorien verwendet wird, könnte schließlich der Kavitationstest in wenigen Jahren routinemäßig eingesetzt werden. Dabei erzeugt man mittels Ultraschalls im Wasserbad Vakuumbläschen, welche die Oberfläche erodieren. Was lange Zeit für den Schiffsbau ein Problem war – Kavitation zerstört Schiffsschrauben –, erwies sich in der letzten Zeit als Effekt, der im Vergleich zu den schon länger gebräuchlichen Methoden sehr gut reproduzierbare Meßwerte liefert.


Rauheit, Topographie und Wachstumsstruktur

Zur Rauheitsmessung mit mechanischen Tastern gibt es seit langem detaillierte Normen. Es wäre wohl nicht sinnvoll, weitere speziell für dünne Schichten zu entwickeln – mit Ausnahme solcher für ultra-glatte Oberflächen, wie sie etwa Magnetplatten jüngster Generation aufweisen.

Um Speicherkapazitäten von einem Gigabyte (Milliarden Bytes) bei geringer Laufwerksgröße zu erreichen, wurde die Speicherdichte pro Fläche erhöht. Demgemäß war aber der Abstand zwischen Magnetschicht und Schreib-Lese-Kopf auf einige Nanometer zu reduzieren. Welch eine außerordentliche Leistung das ist, erkennt man insbesondere daran, daß nunmehr atomare Dimensionen erreicht wurden. Eine solche Topographie läßt sich nur noch mit modernen Verfahren wie der Rastertunnelmikroskopie und daraus weiterentwickelten Meßverfahren genau erfassen. Diese werden erst seit wenigen Jahren angewendet, so daß es noch grundlegender Forschung bis zur Entwicklung von standardisierten Prüfverfahren bedarf.

Mögliche Beschichtungsfehler und die innere Struktur beeinflussen das Schichtverhalten. Man untersucht sie mit Lichtmikroskopen oder den Methoden der Rasterelektronenmikroskopie, wobei die beschichteten Proben gebrochen und die Bruchflächen betrachtet werden. Auch die Oberfläche vermag man so zu untersuchen und hinsichtlich ihrer Fehlerhaftigkeit – etwa der Porenbildung – zu klassifizieren.


Härtemessung

Bei Schichten für den Verschleißschutz ist außer der Haftfestigkeit selbstverständlich die Härte von Bedeutung. Die zu ihrer Messung konventionell häufig verwendeten Verfahren sind jedoch wegen der geringen Schichtdicken problematisch: Man drückt eine Diamantpyramide unter bestimmter Last senkrecht auf das eingespannte Werkstück und mißt mikroskopisch die Diagonalenlänge des Eindrucks als Maß für die Härte. Bei dünnen Schichten ist aber mit extrem niedrigen Lasten zu arbeiten, um einen Einfluß des oft weicheren Grundkörpers auszuschließen; die Eindringtiefe soll nach einer Faustregel nicht mehr als zehn Prozent der Schichtdicke betragen. Die Meßstreuungen betragen, wenn die Grenze der optischen Auflösung erreicht ist, 50 bis 100 Prozent.

In den letzten Jahren hat deshalb die Universalhärtemessung Bedeutung erlangt, bei der man die Eindringtiefe eines Diamantindentors während des Vorgangs als Funktion der Kraft auf die Prüffläche registriert. Gemessen wird in die Tiefe sowohl bei steigender als auch bei abnehmender Last, so daß elastische und plastische Verformung der Schicht getrennt zu erfassen sind. Die Tiefenauflösung des Meßprofils beträgt je nach Verfahren zwei bis zwanzig Nanometer. Zudem schließt dieses Meßprinzip Einflüsse des Beobachters aus, nur die Auswahl der Meßstelle bleibt subjektiv.


Chemische Zusammensetzung

Um die molekulare oder die elementare Zusammensetzung von Werkstoffoberflächen beziehungsweise dünnen Schichten zu bestimmen, gibt es eine Reihe chemischer und physikalischer Verfahren. Eine Analyse sollte möglichst zerstörungsfrei, in kleinsten Bereichen, kostengünstig und in kurzer Zeit durchführbar sein.

Naßchemische Analysen sind aufwendig und liefern nur mittlere Konzentrationsangaben. Mehrfachschichten, solche mit einem Gradienten in der Stoffkonzentration sowie Grenzflächen zwischen Schichten oder zwischen Schicht und Substrat kann man damit nicht differenziert untersuchen.

Physikalische Verfahren haben diese Nachteile im allgemeinen nicht. Man untersucht damit die Probenoberfläche spektrographisch, wobei es manche der Verfahren sogar erlauben, Tiefenprofile aufzunehmen, so daß Gradienten- und Mehrlagenschichten wie auch der Übergangsbereich von Schicht und Grundwerkstoff getrennt vermessen werden können.

Allerdings erfordern manche Verfahren einen hohen apparativen Aufwand etwa für ein Ultrahochvakuum und geeignete Kalibrierstandards. Deshalb verzichtet man in der Praxis häufig auf eine genaue Bestimmung der Schichtzusammensetzung und leitet sie lediglich aus Prozeßparametern und Ausgangsmaterialien ab oder begnügt sich gar mit firmenspezifischen Bezeichnungen. Ein Vergleich von Produkten aus verschiedenen Beschichtungsanlagen ist so freilich nur begrenzt möglich.

Ein weiteres Problem ist die Vergleichbarkeit und Aussagekraft der physikalischen Verfahren. Im Rahmen des genannten, im Programm OSTEC geförderten Qualifizierungs-Verbundprojekts wurden deshalb einige der bekannteren unter diesem Aspekt getestet:

- Optische Glimmentladungsspektroskopie. Ein Plasma löst Oberflächenatome aus und regt sie zur charakteristischen Lichtaussendung an.

- Sekundärneutralteilchen- und Sekundärionen-Massenspektrometrie. Ionenbeschuß schlägt die entsprechenden Teilchen aus der Schicht heraus, die dann sortiert und nachgewiesen werden.

- Energiedispersive Röntgenanalyse. Unter Elektronenbeschuß werden Atome angeregt, elementtypische Röntgenphotonen auszusenden; im Unterschied zu den anderen Verfahren liefert dieses nur Mittelwerte über große Tiefen. Zwar erlaubt das Verfahren nur erheblich geringere örtliche Auflösung, doch steht es als Zusatz zu einem Rastermikroskop vielen Anwendern zur Verfügung und hat deshalb große Bedeutung.

- Auger-Elektronen-Spektroskopie. Durch Elektronenbeschuß werden Atome angeregt, die ihre überschüssige Energie dann unter anderem als Auger-Elektronen charakteristischer Energie aussenden (dieser Effekt ist nach dem französischen Physiker Pierre-Victor Auger benannt, der ihn 1925 entdeckte).

- Photoelektronen-Spektroskopie. Durch Röntgenbestrahlung werden Atome und Moleküle angeregt, die dann beim folgenden Abregen in element-charakteristischer Weise unter anderem sogenannte Photoelektronen aussenden (Photoeffekt).

Zur Kalibrierung der Methoden dienten naßchemische Analysen. Es zeigte sich zum Beispiel für Titannitrid-Schichten, daß die Empfindlichkeit der Meßtechniken in unterschiedlicher, aber eindeutiger Weise vom Konzentrationsverhältnis der beiden Elemente Titan und Stickstoff abhängt. Verwendet man geeignete Standards, läßt sich deshalb mit allen Verfahren eine befriedigende quantitative Analyse durchführen.


Korrosions- und Verschleißbeständigkeit

Mechanische Oberflächenschädigungen untersucht man mit Tribometer genannten Prüfsystemen, die reale Beanspruchungen möglichst gut simulieren (Verschleiß, Reibung und Schmierung gegeneinander bewegter Körper sind Gegenstände der Tribologie, der Wissenschaft von der mechanischen Wechselwirkung von Oberflächen). Allerdings sind Ergebnisse von Modellversuchen mit Prüfkörpern einfacher Geometrie nur bedingt auf die Praxis übertragbar.

Verschleißschutzschichten analysiert man meist mit dem Stift-Scheibe-Test. Der scheibenförmige Prüfkörper wird unter einem belasteten Prüfstift gedreht; man kann sowohl ein unbekanntes Schichtmaterial mit bekanntem Prüfstift testen als auch umgekehrt. Sonst gibt es nur wenige genormte Verfahren für spezielle Prüfungen wie die von optischen oder dekorativen Schichten. Für alle gilt, daß vergleichende Aussagen über unterschiedlich beschichtete Proben nur für die jeweilige spezielle Beanspruchung gelten. Schon die Änderung eines Testparameters wie Druck oder Relativgeschwindigkeit kann völlig andere Wertungen ergeben.

Zur Prüfung der Korrosionsbeständigkeit existieren nur wenige für dünne Schichten spezifische Normen, die vor allem für dekorative Hartstoffschichten von Uhrenkomponenten und für optische Schichten entwickelt wurden. Außerdem nutzt man einige Klimaprüfungen, die beispielsweise bei galvanotechnisch aufgebrachten Überzügen angewendet werden, auch für PVD- oder CVD-beschichtete Bauteile.


Normungsbedarf zur Qualitätssicherung

Technische Richtlinien, Standards und Normen leisten einen wichtigen Beitrag zum freien Verkehr mit Industriewaren, denn sie ermöglichen Vertragssicherheit und geregelte Lieferbedingungen. Die Internationalisierung des Wirtschaftslebens hat dementsprechend längst auch das Normungswesen erfaßt, und weltweit gültige Regelungen beseitigen Handelshemmnisse und fördern den grenzüberschreitenden Güteraustausch.

Die Basis jedes Normungsvorhabens bilden Freiwilligkeit, Öffentlichkeit, Beteiligung aller interessierten Kreise, Konsens sowie Ausrichtung am Stand der Technik und an den wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die Entwicklung vollzieht sich stufenweise. Oft bilden betriebseigene Standards, also Regeln zur internen Qualitätssicherung insbesondere marktführender Unternehmen, den Anfang. Werden diese dann in Form von Richtlinien durch Interessenverbände vereinheitlicht, werden sie meist schon weithin akzeptiert und können, wie auch bereits betriebsinterne Standards, Grundlagen für spätere Vornormen und Normen sein.

Auf allen Stufen werden diese Arbeiten durch nationale Standardisierungsorganisationen wie die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig sowie durch Forschungseinrichtungen unterstützt. Nationale und internationale Normungsaktivitäten betreut hierzulande das DIN Deutsches Institut für Normung in Berlin; es benennt Delegationen, fordert die deutsche Fachöffentlichkeit zu Stellungnahmen auf, gibt deutsche Voten ab und erarbeitet deutsche Fassungen internationaler Normen (vergleiche Spektrum der Wissenschaft Spezial 4 "Schlüsseltechnologien", Seite 142). Das DIN, das aus dem 1917 gegründeten Normalienausschuß für den Allgemeinen Maschinenbau hervorging, der sich von 1926 an Deutscher Normenausschuß nannte, ist Mitglied in den europäischen und internationalen Organisationen (Comité Européen de Coordination des Normes, CEN, und International Organization for Standardization, ISO).

Besonders bedeutsam für die Qualitätssicherung sind die Normen der Reihe ISO 9000 zur Beurteilung innerbetrieblicher Managementsysteme sowie der Reihe DIN EN 45000, welche die technische Kompetenz von Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen fixieren. Sofern eine Einrichtung diesen Anforderungen genügt, werden ihre Prüfungen und Zertifizierungen von Produkten weltweit anerkannt und müssen nicht jeweils auf nationaler Ebene wiederholt werden.

Beispiele aus anderen oberflächentechnologischen Branchen wie der Galvanotechnik belegen, daß Werkstoff-, Verfahrens-, Konstruktions- und Bauelemente-Normen sowie genormte Prüfverfahren die Akzeptanz neuer Beschichtungsverfahren und damit beschichteter Komponenten in der Industrie fördern. Deshalb muß es Ziel sein, Komponenten künftig mittels Dünnschichttechnik unter zertifizierten Bedingungen zu produzieren und die Produkte von akkreditierten Prüfstellen zu bewerten.

Für kleine und mittelständische Unternehmen, die Beschichtungen oder deren Analysen als Dienstleistung anbieten, sind solche Auflagen aber eine erhebliche Belastung. Sie brauchen deshalb Unterstützung durch die Entwicklung geeigneter Meß- und Prüfverfahren und deren Standardisierung sowie Möglichkeiten der Weiterbildung an kompetenten Forschungs- und Prüfinstituten.

Insgesamt ist der Bedarf an Normen und Referenzmaterialien für die Oberflächen- und Schichttechnologien erheblich. Die Standardisierung komplexer Meß- und Prüfverfahren ist, wie wir geschildert haben, kein Selbstzweck, sondern dient der Wettbewerbsfähigkeit und muß sich darum pragmatisch an den Bedürfnissen von Herstellern und Anwendern orientieren. Da pränormative Forschungs- und Entwicklungsprojekte aufwendig sind und oftmals kleine und mittelständische Unternehmen überfordern, werden sowohl national als auch von der Europäischen Union entsprechende Vorhaben finanziell gefördert.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 1996, Seite 99
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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