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Rendezvous im Weltraum. Die Erforschung der Kometen


Dies ist ein wirklich interessantes Buch. Anschaulich und in einfacher Sprache geschrieben, bietet es auf 242 Seiten nahezu eine Gesamtübersicht dessen, was wir heute über Kometen, diese merkwürdigen Himmelskörper, wissen (oder vermuten). Technische und mathematisch-physikalische Komplikationen werden dem Leser erspart; einige der wichtigsten Gleichungen sind aber in einem der Anhänge aufgeführt. So macht die Lektüre auch demjenigen Spaß, der weder Physiker noch Astronom ist.

Dabei stellen die amerikanischen Astronomen John C. Brandt und Robert D. Chapman die wesentlichen Beobachtungen, Meßmethoden und theoretischen Ideen durchaus ohne Abstriche dar; nichts wird versimpelt. Im Gegenteil, am Beispiel der Kometen lernt der Leser nebenbei spielend eine Menge Physik. Der Text ist durch viele Bilder, Zeichnungen und Diagramme aufgelockert und veranschaulicht.

Die Verfasser folgen in der Anordnung des Stoffes in der Hauptsache der historischen Entwicklung. Gebührend stellen sie den annus mirabilis der Kometenforschung – das Jahr 1950 – heraus, in dem Fred Whipple sein Modell des Kometenkerns als Schneeball vorstellte, Ludwig Biermann den Plasmaschweif durch den von ihm vorgeschlagenen Sonnenwind erklärte und Jan Oort seine riesige Wolke von hundert oder tausend Milliarden Kometen postulierte. Den Gipfel erreicht das Buch mit der Erscheinung des Halleyschen Kometen 1985/1986, als eine ganze Armada von Weltraumsonden zu seiner Erforschung ausgesandt wurde, die uns im Verständnis der Kometen wesentlich weiterbrachte (Spektrum der Wissenschaft, März 1986, Seite 66, und Oktober 1987, Seite 40).

Die folgenden Kapitel sind dem Ursprung der Kometen gewidmet, ihren Beziehungen zu Meteorkratern auf der Erde und – was damit zusammenhängt – zu ihrer möglichen Rolle bei der Entstehung des Lebens. Das Schlußkapitel "Die Zukunft" beschreibt vor allem die geplanten Weltraum-Missionen zu Kometen, unter anderem die "Comet Rendezvous Asteroid Fly-by Mission" der NASA; obwohl sie 1992 gestrichen wurde, hat sie dem Buch zu seinem Titel verholfen.

Die fachkundige Übersetzerin hat ausgezeichnete Arbeit geleistet und überdies stellenweise den Text von 1992 auf den Stand vom Januar 1994 gebracht. So kommt auf der letzten Seite selbst der spektakuläre Einschlag des Kometen Shoemaker-Levy 9 auf Jupiter (Spektrum der Wissenschaft, Juli und September 1994, jeweils Seite 18) in einer ausführlichen Anmerkung zur Sprache.

Einige Anglizismen wie zum Beispiel via für "über" hätte man besser vermieden. Statt amerikanischer Amateuraufnahmen hätte man genauso gut unter die Abbildungen einige der hervorragenden Aufnahmen deutscher Amateure aufnehmen können. Eine Original-Abbildung des Teppichs von Bayeux mit der Erscheinung des Halleyschen Kometen im Jahre 1066 hätte ich der Tafel 3 mit dem mangelhaften Neulatein vorgezogen. Alles in allem: nur kleine Mängel bei einem sehr lesenswerten Buch.



Aus: Spektrum der Wissenschaft 5 / 1995, Seite 126
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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