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Medizin: Reparatur in der Gebärmutter

Einige genetisch bedingte Krankheiten schädigen bereits den Fötus im Mutterleib. Für Abhilfe könnte eine vorgeburtliche Gentherapie sorgen.
Ultraschalluntersuchung

Im Juli 2018 berichteten Forscher, sie hätten eine tödliche Hirnerkrankung bei Mäusen mit Hilfe der Gentherapie stoppen können – und zwar bevor die Tiere geboren wurden. Die Nager trugen eine defekte Version des Gens GBA; dieses enthält den Bauplan eines Enzyms, das bestimmte Lipidverbindungen namens Glucocerebroside abbaut. Fehlt das Enzym, reichern sich diese Moleküle im Gehirn an und verursachen dort irreparable Schäden. Tiere, die von dem Gendefekt betroffen sind, sterben normalerweise binnen 14 Tagen nach der Geburt. Ihre Krankheit entspricht dem Gaucher-Syndrom beim Menschen – deshalb dienen die Mäuse als Tiermodelle, um dieses Leiden zu erforschen. Das Gaucher-Syndrom kann unterschiedlich schwer verlaufen, daher unterteilen die Ärzte es in drei Typen. Beim Typ II werden die betroffenen Kinder meist nicht älter als zwei Jahre.

In dem Versuch mit GBA-defekten Mäusen spritzten die Wissenschaftler etwa zur Halbzeit der Schwangerschaft in das Gehirn der Mäuseföten bestimmte Viren ein, die eine intakte Version des Gens GBA enthielten. Die so behandelten Tiere kamen ohne Komplikationen auf die Welt und lebten mindestens viereinhalb Monate lang, ohne Anzeichen eines Hirnschadens zu zeigen. »Das entspricht einer überaus bedeutsamen Lebensverlängerung«, betont Jerry Chan, Spezialist für vorgeburtliche Medizin an der Duke-NUS Medical School (Singapur), einer der beteiligten Autoren. Darüber hinaus behandelten die Wissenschaftler auch gesunde Makakenföten mit ihrer gentherapeutischen Methode – und demonstrierten damit, dass sich bei diesen Primaten, die dem Menschen hinsichtlich Größe und Physiologie deutlich mehr ähneln als Mäuse, ein entsprechender Eingriff vornehmen lässt, ohne dass schwere Nebenwirkungen auftreten. »Wir haben versucht, experimentell möglichst aussagekräftig und zugleich ethisch einwandfrei einen Weg aufzuzeigen, wie sich unser Gentherapie-Ansatz in die klinische Anwendung am Menschen übertragen lässt«, sagt Simon Waddington, Gentherapieforscher am University College London und Leiter der Studie …

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Gehirn&Geist – Neurodiversität: Eine neue Sicht auf die Vielfalt unseres Denkens

Mit dem Begriff Neurodiversität beschreibt die Wissenschaft die natürliche Vielfalt unseres Denkens – und eröffnet neue Perspektiven auf Autismus, ADHS & Co. Aber warum ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Diagnosen so deutlich gestiegen? Unsere Titelgeschichten gehen dieser Frage nach und beleuchten medizinische Ursachen ebenso wie gesellschaftliche Einflüsse und geschlechterspezifische Unterschiede. Erfahren Sie zudem im Interview mit Molekularbiologe Prof. Thomas Bourgeron, welche Rolle genetische Faktoren bei der Ausprägung und Diagnostik neurodiverser Eigenschaften spielen. Auch soziale Ungleichheit steht im Fokus dieser Ausgabe, denn neue Studien zeigen, wie sie politische Einstellungen beeinflusst und was Menschen dazu bringt, autoritäre Persönlichkeiten zu wählen. Daneben erklärt Maren Urner im Interview, was die ständige digitale Reizflut mit unserem Gehirn macht – und weshalb Langeweile gut für die mentale Gesundheit ist. Zudem berichten wir, warum Antidepressiva oft nicht wirken und welcher Weg zu einer maßgeschneiderten Therapie führen kann.

Spektrum der Wissenschaft – Präzision statt Zufall – Genomeditierung revolutioniert Pflanzenzucht

Seit der Mensch Pflanzen anbaut, versucht er auch, Erträge und/oder Widerstandskraft durch Zucht gezielt zu optimieren. Was zunächst als simple Auslese begann, hat sich unter anderem dank der Fortschritte in der Molekularbiologie längst deutlich erweitert. Doch Methoden, bei denen ins Erbgut der Gewächse eingegriffen wird, wecken bei vielen Menschen Bedenken und stellen auch die Gesetzgebung vor Herausforderungen. Wie präzise die neueren Verfahren sind und welche Regelungen derzeit gelten oder diskutiert werden, erfahren Sie in unserem Titelthema. Weitere Themen: Im Notfall kann die Wasserversorgung schnell an ihre Grenzen kommen – eine große Aufgabe für den Katastrophenschutz. Was können Klimaforschende aus historischen Daten zur Weinqualität in Europa über die Vergangenheit lernen, und warum schmeckt alkoholfreier Wein so anders als solcher mit Alkohol? Außerdem gehen wir der Frage nach, was Fischschwärme, Hirnströme und Supraleitung gemeinsam haben und wie Emergenz diese Komplexität erklären könnte.

Spektrum Kompakt – Paläogenetik

Uralte DNA auf Fossilien kann längst vergessene Geheimnisse und Verhältnisse lüften. Durch die Paläogenetik weiß man beispielsweise, wann Neandertaler und Homo sapiens erste gemeinsame Nachkommen zeugten. Neue Analyseverfahren genetischer Überreste erzählen so die Menschheitsgeschichte im Detail.

  • Quellen

Carr, D. J. et al.: Peri- and postnatal effects of prenatal adenoviral VEGF gene therapy in growth-restricted sheep. Biology of Reproduction 94, 2016

Massaro, G. et al.: Fetal gene therapy for neurodegenerative disease of infants. Nature Medicine 24, 2018

Ricciardi, A. S. et al.: In utero nanoparticle delivery for site-specific genome editing. Nature Communications 9, 2018

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