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Reparatur von Leiterbahnen bei der Fertigung


Leiterplatten tragen und verbinden integrierte Schaltungen. Deren Komplexität wächst, und somit nimmt die Anzahl der nach außen führenden Leitungen zu. In Hochleistungsrechnern oder Geräten der Unterhaltungselektronik wie CamCordern weisen manche Mikrochips bereits bis zu 200 Anschlüsse auf. Die Verbindungen von derart hochpoligen Schaltkreisen oder von Modulen mit vielen Chips erfordern enorm viel Platz – angesichts der Miniaturisierung der eigentlichen Funktionselemente eine paradoxe Situation.

Aus diesem Grunde wurde die Mehrlagen-Verdrahtung entwickelt. Bei sogenannten Multilayer Boards, die aus alternierenden Schichten eines Isolators wie glasfaserverstärktem Epoxidharz oder Polyimidfolie und Kupferfolie aufgebaut sind, ist die Gesamtzahl der benötigten Verbindungen auf mehrere Ebenen verteilt und, um die Verdrahtungsdichte pro Fläche weiter zu erhöhen, die Bahnbreite auf 0,2 bis 0,5 Millimeter verringert; man spricht von Feinstleitertechnik.

Die einzelnen Ebenen strukturiert man mit photolithographischen Verfahren: Auf eine Kupferschicht wird ein Photoresist als Ätzschutz aufgetragen, belichtet und entwickelt sowie die Leiterstruktur eingeätzt; es folgt eine Isolationsschicht und eine neue Leiterschicht, und der Prozeß wird so lange wiederholt, bis die gewünschte Anzahl von Leiterebenen erreicht ist. Für Geräte der Unterhaltungselektronik genügen bis zu vier, für Hochleistungsrechner sind bis zu 28 erforderlich.

Mit der Anzahl der Verbindungen steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, daß Fehler auftreten. Bei Breiten von 0,5 Millimetern oder mehr lassen sich ungewollte Bahnverbindungen und ähnliche Störstellen noch mechanisch entfernen, Unterbrechungen mit einem dünnen Draht verschweißen. In der Feinstleitertechnik sind diese Verfahren aber nicht mehr anwendbar.

Unterbrechungen von Leiterbahnen solch geringer Dimension vermag man bereits mittels laser-unterstützten Abscheidens aus der Gasphase (laser chemical vapor deposition, LCVD) zu schließen, doch sind die verwendeten metallorganischen Verbindungen oft giftig oder an Luft leicht entzündlich. Der Prozeß muß deshalb in einer geschlossenen Kammer bei einem Druck von meist 0,1 Millibar ablaufen; auch Zuführung und Entsorgung der Prozeßgase sind aufwendig. Wirtschaftlichkeit erreichen diese Anlagen nur bei sehr hochwertigen Produkten und großen Stückzahlen.

Bei der Suche nach einem kostengünstigen Reparaturverfahren sind deshalb folgende Kriterien zu beachten:

- Toxische oder explosive Stoffe sollen vermieden werden,

- ebenso eine aufwendige Vakuumtechnik;

- der Prozeß sollte in einer Stufe ablaufen und

- die Ergebnisse bereits abgeschlossener oder sich anschließender Fertigungsschritte nicht beeinträchtigen.

So dürfen Substrate nur bei einer Temperatur metallisiert werden, bei der sich das Material noch nicht zersetzt. Um eine spätere Korrosion oder eine aufwendige Reinigung der Reparaturstelle zu vermeiden, verzichtete man tunlichst auf wäßrige Lösungen oder Verbindungen, die Halogene – insbesondere Chlor – enthalten. Außerdem müssen sich die erforderlichen Leiterbahndicken möglichst in einem Prozeßschritt beziehungsweise durch wiederholte Anwendung einer Prozedur erreichen lassen.

Die laser-induzierte Abscheidung aus metallorganischen Flüssigkeiten erfüllt all diese Anforderungen. In dem an unserem Institut entwickelten Verfahren wird ein Prekursor wie Methyl-(trimethylphosphin)-Gold(I), der bei Raumtemperatur und Normaldruck fest ist, in einer flüssigen organischen Verbindung wie Diethylenglykoldimethylether gelöst. Er ist weit weniger giftig als die für LCVD oft verwendeten Chromcarbonyle. Zwar ist er sauerstoff- und feuchtigkeitsempfindlich; das Lösemittel sorgt aber für genügenden Luftabschluß – die Lösung ist also an Luft handhabbar.

In einer Reparaturstation für Leiterplatten kann man wahlweise dazu entweder einen Argon-Ionenlaser oder auch einen frequenzverdoppelten Neodym-YAG-Laser verwenden; beide emittieren grünes Licht mit einer Wellenlänge von 514 beziehungsweise 532 Nanometern (millionstel Millimetern). Des weiteren wird ein Mikroskop mit einem etwa fünffach vergrößernden Objektiv und einer motorischen Verstellung des Probentischs benötigt. Der Laserstrahl wird mit dem Objektiv auf die Leiterplatte fokussiert, wobei der Strahldurchmesser typischerweise 50 bis 100 Mikrometer (tausendstel Millimeter) beträgt.

Ist eine Bahnunterbrechung auf einer Platine lokalisiert, positioniert man die Fehlstelle unter dem Mikroskop und gibt einige Tropfen der metallorganischen Lösung mit einer Nadel darauf. Dann wird der Laser eingeschaltet und der Mikroskoptisch mit definierter Geschwindigkeit verfahren, so daß der Strahl quasi eine Brücke über die Fehlstelle hinweg schreibt. Aufsteigende Dämpfe des Lösemittels saugt man ab.

Da die Lösung für grünes, Polyimid dagegen nur für rotes Licht transparent ist, absorbiert das Substrat die Strahlung vollständig. In diesem Falle dringt sie weniger als 60 Mikrometer tief ein und erhitzt somit eine dünne Schicht auf eine Temperatur zwischen etwa 150 und 300 Grad Celsius. Im Kontakt mit der heißen Oberfläche erwärmt sich die metallorganische Lösung; der Prekursor zerfällt schließlich und setzt metallisches Gold frei, das sich an der Substratoberfläche anlagert. Die typische Korngröße beträgt 150 Nanometer und ist von Prozeßparametern wie Laserleistung und Schreibgeschwindigkeit weitgehend unabhängig. Mit zunehmender Bestrahlungsenergie nimmt zwar die Anzahl der Goldkörner zu, deren Größe bleibt aber gleich.

Sind die zugeführte Energie und die Vorschubgeschwindigkeit derart, daß die Temperatur der Lösung unterhalb der Verdampfungsschwelle liegt, scheidet sich nur stellenweise Gold ab. Erhöht man hingegen die Laser-Leistung, bis die Lösung im Zentrum des auf das Substrat auftreffenden Strahls vollständig verdampft, entsteht an dieser Stelle ein geschlossener Metallfilm. Dieser stark lokalisierte Prozeß erzeugt eine Konvektionsströmung in der Flüssigkeit, die frische Lösung zuführt.

Die typische Schichtdicke der Metallisierung beträgt bei einer Laser-Leistung von 80 Milliwatt sowie einem Strahldurchmesser von 80 Mikrometern und einer Schreibgeschwindigkeit von einem halben Millimeter pro Sekunde etwa 0,2 Mikrometer. Bis zu zehnfach höhere Schichtdicken lassen sich außerdem durch wiederholtes Überschreiben herstellen (Bild).

An Labormustern haben wir die Tauglichkeit des Verfahrens zur Reparatur von Leiterbahnen auf Polyimidsubstraten oder polyimid-beschichteten Silicium-Wafern demonstriert. Die Forschungsarbeiten konzentrieren sich nun auf andere Substratmaterialien wie Polyesterfolien, glasfaserverstärkte Epoxidharze und Polytetrafluorethylen (PTFE) sowie auf das Verbessern der Haftfestigkeit der Leiterbahnen. Außer zur Reparatur einzelner Defekte bei der Fertigung komplexer und kostenintensiver Leiterplatten eignet sich das Verfahren ebenso zur Fertigung von Labormustern in der Schaltungsentwicklung oder zur Kleinserienfertigung.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 1996, Seite 93
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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