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Rußfilter aus Metallfasern

Aus dem Abgasstrom von Dieselmotoren lassen sich Rußpartikel bislang nicht effizient entfernen. Die dazu verwendeten keramischen Filter versagen unter anderem wegen lokal zu hoher Temperaturen und der Wirkung von Motoröladditiven. Mit Know-How aus der Kerntechnik könnten aus metallischem Gewebe wirksamere Filter gebaut werden.

Bis zu 7000 Tonnen Rußpartikel mit Hunderten daran haftender organischer Verbindungen stoßen Dieselmotoren allein in Deutschland jährlich aus. Galt diese sparsame Verbrennungsmaschine noch vor einigen Jahren als relativ umweltfreundlich, so suchen Automobilhersteller mittlerweile Rußemissionen zu verringern, um den neuen Abgasgrenzwerten zu genügen und Marktanteile zu bewahren. Außer der Optimierung der Verbrennung sollen Filter diesen Zweck erfüllen.

Rußpartikel sind nur wenige zehntausendstel Millimeter groß und breiten sich wie Gasmoleküle in der Luft aus; nach Messungen der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Immissionsschutz kann die bodennahe Luft bei Spitzenverkehr mehr als 40 Mikrogramm Ruß pro Kubikmeter enthalten. Zwar ist Ruß nichts weiter als unverbrannter Kohlenstoff; stammt er aber aus schlecht eingestellten Dieselmotoren, sind die Anteile an polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen nicht unerheblich, deren krebserregende Wirkung seit langem belegt ist (die sogenannten Schornsteinfegerwarzen wurden schon 1755 als eine Art Berufskrankheit erkannt). Als weitgehend gesichert gilt auch, daß die klebrige Verbindung aus feinverteiltem Ruß, organischen Molekülen und pflanzlichen Pollen eine höhere allergene Wirkung hat als Blütenstaub allein.

Derzeitige Filter bestehen aus Keramik – in Form eines aufgewickelten Gewebes von Fasern oder von monolithischen Wabenkörpern. Das hindurchströmende Abgas kann beim Verbrennen des abgelagerten Rußes allerdings bis 1100 Grad Celsius heiß werden, so daß sich das schlecht wärmeleitende Material lokal bis auf 1300 Grad Celsius erhitzen kann, was es zerstört. Des weiteren vermögen Motorölzusätze in Keramik hineinzudiffundieren und das Material ebenfalls anzugreifen. Ohnedies läßt sich der spröde Werkstoff nur schlecht gemeinsam mit anderen verarbeiten.

Ein neues Konzept stammt von Wissenschaftlern des Forschungszentrums Karlsruhe. Das Institut für Aerosolphysik und Filtertechnik hatte ehemals Filter aus Fasern eines speziellen Edelstahls für die Kerntechnik entwickelt – sie sollten im Falle einer Kernschmelze aus dem Sicherheitsbehälter des Reaktors freigesetzte Partikel von der Umwelt fernhalten. Mit diesen Erfahrungen wählten Hans-Georg Dillmann und Jürgen Furrer ein Gewebe aus einer anderen Legierung und versahen die nur zwölf Mikrometer (tausendstel Millimeter) dicken Fasern mit einer Oxidschicht, um sie gegen Korrosion zu schützen.

Die Wirksamkeit der Anordnung (nebenstehendes Bild) prüften die Forscher in mehreren Testserien. Zunächst erhitzten sie die Filter auf 800, 900, 1000 und 1100 Grad Celsius; in einem zweiten Experiment gaben sie Partikel aus verbranntem Dieselöl zu und belasteten in einem dritten die Filterkerze zusätzlich mit Stickoxiden.

Von den Partikeln ab Größen um 0,12 Mikrometer wurden mehr als 97 Prozent zurückgehalten. Das Faservlies blieb bis 1000 Grad Celsius stabil; erst ab 1100 Grad Celsius verlor es seine Funktionsfähigkeit.

Des weiteren setzte man eine Filterkerze dem realistischen Rußstrom von verbrennendem Diesel- und Motoröl aus. Jeweils wenn der Druckabfall infolge der Partikelbeladung 50 Millibar betrug, wurde das Metall elektrisch erhitzt, so daß der Ruß bei etwa 600 Grad Celsius verbrannte. Dieser Zyklus ließ sich 1400mal wiederholen, ohne daß die Rückhalteeffizienz unter 80 Prozent gesunken wäre. Beim praktischen Einsatz ließe sich diese Reinigung elektronisch automatisieren; der Fahrer des Wagens würde davon gar nichts merken.

Schließlich folgten zehn Wochen dauernde Tests in einem Motorprüfstand. Pro Woche belud man die Filterkerze ohne Unterbrechung 120 Stunden lang und verbrannte den Ruß wieder nach Erreichen des genannten und zulässigen Druckabfalls. Zwar färbte sich das Fasermaterial, doch beeinflußte das die Filterwirkung nicht.

Damit sind grundlegende Forderungen von Automobilherstellern erfüllt, die bereits Interesse an einer weiteren gemeinsamen Entwicklung bekundet haben. Der Aufbau der Filterkerzen ist so gestaltet, daß sie sich gängigen Maßen anpassen lassen; sie können zudem für die katalytische Zersetzung der Stickoxide im Abgas ausgelegt werden.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 2 / 1996, Seite 17
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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