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Arktis: Auf dünnem Eis

Hohe Temperaturen, ­schmelzendes Eis, ansteigende Luftfeuchtigkeit: Das Klima der Arktis stellt einen Extremwert nach dem ­anderen auf – mit erheblichen Folgen für das Wetter rund um den Globus.
Eiswand mit Wasserfall

25 Wissenschaftler, darunter ich, erlebten 2003 eine Offenbarung. Die National Science Foundation hatte uns zu einer Klausurtagung über die Arktis in den Wintersportort Big Sky in Montana eingeladen. Jeder von uns hatte sich in der Polarforschung auf sein eigenes, eng gefasstes Spezialgebiet konzentriert. Als wir uns über unsere verschiedenen Blickwickel austauschten, kamen wir zu einer beängstigenden Erkenntnis: Alle Veränderungen, die jeder Einzelne von uns beobachtetet hatte, hingen miteinander zusammen. Gemeinsam ergaben sie ein stimmiges, alarmierendes Bild – die gesamte Arktis steuert auf einen prekären Zustand zu. Und es schien bereits damals kaum möglich, etwas dagegen zu tun.

Wir veröffentlichten einen Fachartikel mit einer unfassbaren, kontroversen Schlussfolgerung: Bei der Geschwindigkeit, mit der sich der Wandel vollzog, bestand die Möglichkeit, dass das Nordpolarmeer innerhalb der kommenden 100 Jahre im Sommer eisfrei sein würde. Das hatte es seit Jahrtausenden nicht gegeben. Heute mache ich mir noch mehr Sorgen, denn inzwischen sieht es so aus, als sollte es in der Arktis vermutlich bereits ab 2040, sprich ganze 60 Jahre früher als von uns damals vorher­gesagt, sommers kein Meereis mehr geben.

Die Arktis verändert sich im Prinzip so, wie Wissenschaftler es prognostiziert haben – allerdings wesentlich schneller, als selbst die pessimistischsten Szenarien vermuten ließen. Die jüngsten Messungen sprengen alle bisherigen Daten. In nur drei Jahren wurden mehr als ein Dutzend Extremwerte überschritten, die Jahrzehnte Bestand hatten, darunter beim Schwinden des Meereises im Sommer und beim Rückgang im Winter sowie bei der Zunahme der Boden- und Lufttemperaturen.

Diese Trends kündigen Probleme für Menschen rund um den Globus an ...

Erratum
Im Diagramm »Abweichung der winterlichen Luftfeuchtigkeit« auf S. 55 der gedruckten Ausgabe wird als Einheit »Kilogramm pro Kubikmeter« angegeben. Richtig muss es »Kilogramm pro Quadratmeter« heißen. Es handelt sich hier um die ausfällbare Niederschlagsmenge, also die Gesamtmasse an Wasser, die sich in der Luftsäule über einer Fläche am Boden befindet. Im PDF ist es korrigiert.

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  • Quellen

Francis, J. A. et al.: Amplified Arctic Warming and Mid-Latitude Weather: New Perspectives on Emerging Connections. In: WIREs Climate Change 8, e474, 2017

Liu, J. et al.: Has Arctic Sea Ice Loss Contributed to Increased Surface Melting of the Greenland Ice Sheet?
In: Journal of Climate 29, S. 3373-3386, 2016

National Research Council: Arctic Matters: The Global Connection to Changes in the Arctic. National Academic Press, Washington 2015

Overpeck, J. T. et al.: Arctic System on Trajectory to New, Seasonally Ice-Free State. In: EOS 86, S. 309-313, 2005

Union of Concerned Scientists: When Rising Seas Hit Home. Hard Choices Ahead for Hundreds of US Coastal Communities. Cambridge 2017

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