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Agnosie: Die Frau, die nur noch Details sah

Eine Patientin klagt über Sehstörungen und muss bald ­darauf feststellen, dass die Welt für sie in Einzelteile zerfällt. Es gelingt ihr nicht, mehr als einen Gegenstand auf einmal wahrzunehmen.
Tasse Kaffee

Alles fing damit an, dass Frau A. nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr sicher Auto fahren konnte. Irgendwann hörte sie auf, die Blechschäden zu zählen. Hinzu kamen Probleme beim Lesen, die trotz mehrfacher Brillenwechsel nicht verschwanden: Die Wörter schienen vor ihren Augen herumzuspringen, und wenn sie am Ende einer Zeile angekommen war, fand sie nur schwer den Anfang der nächsten. Die Veränderungen fielen auch bald ihren Angehörigen auf. Einmal bat sie etwa ihre Tochter darum, das Salz aus der Küche zu holen, obwohl der Streuer gut sichtbar direkt vor ihr auf dem Tisch stand. Auch nach vielen augenärztlichen Untersuchungen schienen ihre zunehmen­den Sehstörungen unerklärlich. Nach einem Jahr überwies ihr Augenarzt sie schließlich an die Neurologie.

Als Frau A. zu uns kam, war sie 57 Jahre alt. Um einen ersten Eindruck zu bekommen, gab ich ihr eine Doppelseite des Magazins »People« in die Hand, auf der eine königliche Hochzeit abgebildet war. Ich bat sie, ihre Brille aufzusetzen und mir die Szene zu beschreiben. Ihre Schwierigkeiten offenbarten sich umgehend: Frau A. erklärte mir, dass sie ein Wagenrad sehe, eine Art Tor und eine Braut. Als ich auf weiteren Ausführungen bestand, lieferte sie mir nur zusammenhanglose Details. Es gelang ihr nicht, die Szene als Ganzes einzuordnen …

Kennen Sie schon …

Spektrum Gesundheit – Gehirn im Wandel – Was passiert in den Wechseljahren?

In dieser Ausgabe erfahren Sie, wie stark das Gehirn auf hormonelle Veränderungen reagiert – und was es bedeutet, wenn die Menopause viel zu früh beginnt. Außerdem: Zuckerersatz, Herpesviren bei Alzheimer und Datenschutz bei der elektronischen Patientenakte.

Gehirn&Geist – Neuroplastizität im Alter: Klares Denken bewahren

Bei manchen Menschen scheint das Gehirn altersbedingte Schäden besonders gut ausgleichen zu können. »Neuronale Kompensation« nennt sich ein Mechanismus, der dabei hilft, im Alter trotz neuronalem Abbau klares Denken zu bewahren. Wir stellen die drei bisher bekannten Wege einer solchen »neuronalen Kompensation« vor. Daneben berichten wir, welche Verfahren sich in der Psychotherapie bewährt haben und welche Richtlinien es hierzu in Deutschland gibt. Der dritte Teil der Serie »Kognition im Tierreich« behandelt die Kognition von Walen sowie Delfinen und geht der Frage nach, inwieweit sie menschliches Verhalten verstehen. Außerdem informieren wir, wie das Fettgewebe mit dem Gehirn kommuniziert und so Einfluss auf das Körpergewicht und die Gewichtsregulierung nimmt.

Spektrum - Die Woche – Entstehen Alzheimer & Co durch Herpesviren?

Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer entwickeln sich oft schleichend. Neue Studien deuten darauf hin, dass Herpesviren eine Rolle spielen könnten. Erfahren Sie mehr in »Spektrum - Die Woche«. Außerdem: Künstliche Intelligenz in der medizinischen Diagnostik.

  • Quelle

Crutch, S. et al.: Posterior cortical atrophy. The Lancet Neurology 11, 2012

Neitzel, J. et al.: Neuro-cognitive mechanisms of simultanagnosia in patients with posterior cortical atrophy. Brain 139, 2016

Shenker, J., Roberts, M.: Simultanagnosia: When all you can see are trees, the forest still rules. Neurocase 22, 2016

Vinckier, F. et al.: »What« and »where« in word reading: Ventral coding of written words revealed by parietal atrophy. Journal of Cognitive Neuroscience 18, 2006

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