Direkt zum Inhalt

Faktencheck : Elf Mythen über Burnout

Über das Burnout-Syndrom kursieren viele Wahrheiten. Doch etliche halten einer Prüfung nicht stand.
Burnout vs Depression

"Burnout ist wie Pornografie – ich bin nicht sicher, ob ich es definieren kann, aber wenn ich es sehe, weiß ich, was es ist", brachte scherzhaft Richard Bolles, US-amerikanischer Geistlicher und Autor von Ratgeberbüchern für das Berufsleben, seine Wahrnehmung auf den Punkt. Tatsächlich ist Burnout in aller Munde; jeder hat eine gewisse Vorstellung davon, was sich hinter dem Begriff verbirgt. Doch vieles, was wir darüber zu wissen glauben, gehört ins Reich der Mythen. Welche Annahmen zum Thema Burnout sind wirklich fundiert – und wo handelt es sich um Irrtümer?

1. Burnout ist ein Phänomen unserer Zeit

Ein weltbekannter Architekt sieht plötzlich keinen Sinn mehr in seiner künstlerischen Arbeit und den Freuden seines Lebens. Er beschließt, seine Karriere an den Nagel zu hängen und Europa den Rücken zu kehren, um in einem Leprakrankenhaus in Afrika zu arbeiten. Dort blüht er regelrecht auf. Davon handelt, kurz gesagt, der Roman "A Burnt-Out Case" des britischen Schriftstellers Graham Greene (1904-1991). Das Buch stammt aus dem Jahr 1960.

Burnout wird heute als Epidemie wahrgenommen, doch das Phänomen ist längst nicht so jung, wie man glauben mag ...

Dieser Artikel beruht auf einen am 13. Mai 2015 gehaltenen Vortrag des 19. Berliner Kolloqiums der Daimler und Benz Stiftung.

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Seelische Not wie nie zuvor

Der dritthäufigste Grund für Krankmeldungen in Deutschland sind psychische Erkrankungen. Expertinnen und Experten beobachten diesen Trend mit Sorge. In der aktuellen Woche beleuchten wir, welche Ursachen hinter den neuen Rekordzahlen liegen könnten.

Gehirn&Geist – Aus Fehlern lernen

Missgeschicke gehören zum Leben dazu. Unser Gehirn bemerkt sie oft blitzschnell. Wie registriert unser Gehirn, wenn wir uns irren, wie reagiert es darauf und warum lernt das Gehirn nicht immer aus den Fehlern? Daneben berichten wir, aus welchen Gründen manche Kinder den Kontakt zu ihren Eltern abbrechen und wie eine Annäherung vielleicht gelingen kann. Therapien von Morbus Alzheimer konzentrierten sich auf die Bekämpfung der Amyloid-Plaques. Doch man sollte dringend die Ablagerungen des Tau-Proteins stärker in den Blick nehmen. Die Folgen des hybriden Arbeitens rücken zunehmend in den Fokus der Forschung. Es führt zu einer höheren Zufriedenheit bei den Angestellten. Allerdings gibt es auch Nachteile. Bremst das Homeoffice die Kreativität? Daneben gehen wir der Frage nach, ob Tiere empathisch sind.

Spektrum - Die Woche – Warum soziale Medien weniger gefährlich sind, als wir denken

  • Quellen

Burisch, M: Das Burnout-Syndrom. Theorie der inneren Erschöpfung. Springer, Heidelberg 2014

Caspi, A. et al.: Influence of Life Stress on Depression: Moderation by a Polymorphism in the 5-HTT Gene. In: Science 301, S. 386-389, 2003

van Dierendonk, D. et al.: Toward a Process Model of Burnout: Results from a Secondary Analysis. In: European Journal of Work and Organizational Psychology 10, S. 41-52, 2001

Forney, D. S. et al.: Burnout among Career Development Professionals: Preliminary Findings and Implications. In: Personnel and Guidance Journal 60, S. 435-439, 1982

Freudenberger, H. J.: Staff Burn-Out. In: Journal of Social Issues 30, S. 159-165, 1974

Gray‐Stanley, J. A. et al.: Work Stress and Depression among Direct Support Professionals: The Role of Work Support and Locus of Control. In: Journal of Intellectual Disability Research 54, S. 749-761, 2010

Greene, G.: A Burnt-Out Case. Heinemann, London 1960 (dt.: Ein ausgebrannter Fall. dtv, München 2000)

Hakanen, J. J. et al.: The Job Demands-Resources Model: A Three-Year Cross-Lagged Study of Burnout, Depression, Commitment, and Work Engagement. In: Work & Stress 22, S. 224-241, 2008

Iacovides, A. et al.: The Relationship between Job Stress, Burnout and Clinical Depression. In: Journal of Affective Disorders 75, S. 209-221, 2003

Jackson, S. E. et al.: Toward an Understanding of the Burnout Phenomenon. In: Journal of Applied Psychology 71, S. 630-640, 1986

Künzel, R., Schulte, D.: "Burn-out" und Realitätsschock bei klinischen Psychologen. In: Zeitschrift für Klinische Psychologie, Forschung und Praxis 15, S. 303-320, 1986

Langer , E. J. Rodin, J.: The Effects of Choice and Enhanced Personal Responsibility for the Aged: A Field Experiment in an Institutional Setting. In: Journal of Personality and Social Psychology 34, S. 191-198, 1976

Lindström, C. et al.: Increased Prevalence of Burnout Symptoms in Parents of Chronically Ill Children. In: Acta Paediatrica 99, S. 427-432, 2010

Maslach, C.: Burned-out. In: Human Behavior 5, S. 16-22, 1976

Maslach, C. et al.: The Maslach Burnout Inventory Manual. 3rd Edition. Consulting Psychologists Press, Palo Alto 1996

Matud, M. P.: Gender Differences in Stress and Coping Styles. In: Personality and Individual Differences 37, S. 1401-1415, 2004

Pines, A.: Couple Burnout: Causes and Cures. Routledge, London 1996

Plieger, T. et al.: Life Stress as Potential Risk Factor for Depression and Burnout. In: Burnout Research 2, S. 19-24, 2015

Schaufeli, W., Enzmann, D.: The Burnout Companion to Study and Practice: A Critical Analysis. CRC Press, Boca Raton 1998

Twenge, J. M. et al.: Generational Differences in Work Values: Leisure and Extrinsic Values Increasing, Social and Intrinsic Values Decreasing. In: Journal of Management 36, S. 1117-1142, 2010

Williams, S., Cooper, C. L.: Measuring Occupational Stress: Development of the Pressure Management Indicator. In: Journal of Occupational Health Psychology 3, S. 306-321, 1998

Wortman, C. B., Brehm, J. W.: Responses to Uncontrollable Outcomes: An Integration of Reactance Theory and the Learned Helplessness Model. In: Advances in Experimental Social Psychology 8, S. 277-336, 1975

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.