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Spektrogramm


Centrosomen und Krebs

Einer möglichen Störung bei Krebs sind Wissenschaftler von der University of Massachusetts Medical School in Worces-ter auf der Spur. Greenfield Sluder und seine Kollegen untersuchten einen kleinen Bereich in der Nähe des Zellkerns, das sogenannte Centrosom. Es sorgt bei der Zellteilung für die Trennung der verdoppelten Chromosomen. An Frosch-eiern wiesen die Forscher nach, daß ein Enzymkomplex (Cdk2-E) die Verdopplung des Centrosoms selbst steuert. Normalerweise stellen Hemmstoffe sicher, daß es sich im gleichen Rhythmus wie das Erbgut repliziert. Geschieht dies nicht, kann sich das Centrosom bei der Zellteilung übermäßig vermehren (Bild) und die Chromosomenstruktur durcheinander bringen. Diese Erkenntnisse stehen im Einklang mit aktuellen Forschungsergebnissen, wonach Tumorzellen im Frühstadium eine anomale Zahl an Centrosomen aufweisen. (Science, Bd. 283, S. 851)

Auf dem Weg ins galaktische Zentrum

Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes für Radioastronomie in Bonn untersuchten erstmals den Zusammenhang zwischen Magnetfeldern und Gasbewegung in aktiven Balkengalaxien. Dabei fanden sie Hinweise darauf, wie Materie in den Bereich des Zentrums geraten könnte. Dort vermuten die Forscher supermassive Schwarze Löcher, um die sich Akkretionsscheiben gebildet haben, in denen enorme Energien freigesetzt werden. Vor allem die Galaxie NGC 1097 lieferte Hinweise für einen Materietransport in das galaktische Zentrum. Dieser könnte, so legen es die Beobachtungen nahe, durch Magnetfelder verursacht sein. Aufgrund des asymmetrischen Gravitationsfeldes und der daraus folgenden stark elliptischen Umlaufbahnen staut sich das Gas in der Mitte des Balkens. Im zentralen Bereich besitzt das Magnetfeld jedoch eine Spiralform und steht nun in einem Winkel zur Bewegung des Gases. Die dabei auftretenden Kräfte reichen aus, um etwa eine Sonnenmasse an Gas pro Jahr in Richtung des Zentrums abzulenken – genug, um den „Hunger“ des Schwarzen Lochs zu stillen.

Ultraschneller Lichtdetektor entwickelt

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich um Christoph Buchal haben einen Silicium-Detektor entwickelt, der über Glasfaserkabel transportierte Lichtblitze schneller in elektrische Signale umwandeln kann als alle bisherigen solchen Detektoren. Lichtsignale mit Pulsraten von über 100 Gigahertz lassen sich damit auch auf Basis von Silicium in elektrische Signale transformieren.

Statt den Abstand der beiden Elektroden, die in herkömmlichen Silicium-Detektoren kammartig ineinandergreifen, weiter zu verkleinern, verwendeten die Jülicher Forscher für ihren neuen Detektortyp eine Art „Sandwich“-Struktur: Eine dünne Silicium-Schicht befindet sich zwischen zwei Elektroden, von denen eine lichtdurchlässig ist. Ein Lichtsignal kann durch diese in die Zwischenschicht gelangen und dort Elektronen für den erwünschten Stromstoß anregen.

Ziel dieser Entwicklungen ist es, die Lücke zu schließen zwischen der Silicium-dominierten Mikroelektronik und der neueren Optoelektronik, in der hauptsächlich Halbleiter auf Basis von Gallium und Arsen verwendet werden. Damit ließe sich die im Bereich der Datenautobahnen erfolgreich genutzte Glasfasertechnik auch in kleinerem Maßstab – zum Beispiel innerhalb eines Hauses – kostengünstig einsetzen.

Chemie im alten Ägypten

Die Ägypter haben viel früher synthetische Chemie praktiziert als bislang angenommen. Das vermuten Wissenschaftler um Philippe Walter vom Laboratoire de Recherche des Musées de France aufgrund von Untersuchungen an 3200 bis 4000 Jahre alten kosmetischen Pudern, die in ihren Originalbehältern im Pariser Louvre aufbewahrt werden.

Das Forscherteam fand chlorhaltige oxidierte Bleiverbindungen, die in der Natur nur in kleinsten Mengen zu finden sind – zu wenig, um einen ausgiebigen Gebrauch der Kosmetika über acht Jahrhunderte zu erklären. Wegen der sehr guten Erhaltung der Gefäße schlossen die Wissenschaftler bloße Verwitterungseffekte aus. Statt dessen folgten sie den Rezepten antiker Autoren und vermischten „Silberschaum“ (PbO) in Wasser mit Steinsalz und Natron. Das Ergebnis war Laurionit (PbOHCl), wie er sich unter anderem in den altägyptischen Kosmetika fand. Auch wenn die zugrundeliegende chemische Reaktion sehr einfach ist, enthält die Herstellungsprozedur nach Aussage der Forscher viele zu wiederholende Schritte und ist deshalb ziemlich aufwendig und schwierig durchzuführen. (Nature, Bd. 397, S. 483)

Planet bleibt Planet

Seit Februar ist Pluto wieder sonnenfernster Planet. Diesen Rang wird ihm Neptun in den nächsten 228 Jahren nicht mehr streitig machen. Auch den Planetenstatus darf Pluto behalten. Dies beschloß ein Komitee der Internationalen Astronomischen Union (IAU) nun nach wochenlangen Diskussionen unter Planetologen. Der Urheber der Kontroverse war Brian Marsden, Direktor des Harvard Smithsonian Astrophysical Observatory’s Minor Planet Center. Er hatte sich dafür stark

gemacht, Pluto den Trans-Neptunischen Objekten zuzuschlagen. Zum Ausgleich wäre dem Degradierten nur der 10 000. Eintrag im Katalog der kleineren Objekte im Sonnensystem geblieben. (Nature, Bd. 397, S. 455 / Jet Propulsion Laboratory)

Düngung per Luftfracht

Die vulkanischen Böden von Hawaii sind aufgrund der klimatischen Bedingungen ungewöhnlich nährstoffarm. Warum dennoch Regenwälder darauf gedeihen können, haben Oliver A. Chadwick von der University of California in Santa Barbara und seine Kollegen nun herausgefunden. In einer multidisziplinären Studie untersuchten sie zunächst, wie sich der Boden und die enthaltenen Nährstoffe in den letzten vier Millionen Jahren veränderten. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, daß der Anteil an aus Gestein stammenden verwertbaren Mineralstoffen, wie zum Beispiel Calcium und Phosphor, äußerst gering ist. Diese gingen durch Verwitterung und Auslaugung der Gesteine für die Pflanzen verloren.

Als Quelle für anorganische Nährstoffe stellte sich statt dessen die Atmosphäre heraus. Während Phosphor mit dem Wind aus Zentralasien über eine Entfernung von mehr als 6000 Kilometern nach Hawaii gelangt, stammt Calcium aus Meersalz-Aerosolen. (Nature, Bd. 397, S. 491)

Lindenpollen aus dem Tertiär

Zum ersten Mal wurden an einem fossilen Insekt Lindenpollen entdeckt – eingelagert in die Körperhaare einer Hummel, die vor 25 Millionen Jahren in einen See fiel, ertrank und auf den Boden absank. Juliana Köhler von der Universität Tübingen konnte die Pollenkörner aufgrund ihrer Oberflächenstruktur eindeutig identifizieren. Die Ablagerungen des ehemaligen Sees, in die die Hummel eingebettet war, liegen heute nahe der Ortschaft Enspel im Westerwald und sind eine Fundstelle von außergewöhnlich gut erhaltenen Insekten, mit denen sich Sonja Wedmann vom Institut für Zoologie und Anthropologie beschäftigt. Auch größere Tiere konnten geborgen werden – darunter ein flugfähiger Kleinsäuger.

Der kleinste Federhalter der Welt

Mit dem atomaren Kraftfeldmikroskop kann man nicht nur kleinste Oberflächendetails abtasten oder einzelne Atome und Moleküle versetzen. Chad A. Mirkin von der Northwestern University (Illinois) und seine Arbeitsgruppe sind jetzt auch in der Lage, das Kraftfeldmikroskop fast wie einen Tintenfüller zu gebrauchen. Dabei nutzten sie die ansonsten störende Luftfeuchtigkeit in der Probenkammer aus. Sie stellten nämlich fest, daß die an der Abtastspitze kondensierenden Wassertröpfchen ständig zwischen dieser und der Probe hin und her flossen. Genau diesen Fluß nutzten die Forscher aus, um gezielt Molekültinte auf die Oberfläche einer dünnen Goldfolie aufzutragen – ein Federkiel mit einer Strichdicke von nur 30 Nanometern.

Mirkin hat die dippen nanolithography genannte Methode bereits zum Patent angemeldet. Mit ihr könnten sich zum Beispiel chemische Sensoren kostengünstig auf Chips aufbringen lassen. (Science, Bd. 283, S. 661)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 1999, Seite 24
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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