Direkt zum Inhalt

Standpunkt: Macht Gewalt in Unterhaltungsmedien aggressiv?

Fernsehzuschauer werden regelmäßig Zeugen brutaler Verbrechen, Computerspieler schlüpfen in die Rolle von Soldaten oder Scharfschützen. Lässt die Gewalt, die Menschen in Unterhaltungsmedien erleben, sie auch selbst aggressiver denken und handeln? Eine Expertenkommission von sieben Medienpsychologen fasst zu dieser Frage den aktuellen Stand der Forschung zusammen.
Mann Zorn

In Spielfilmen und in Videospielen wird gekämpft und gemordet, Nachrichtensendungen berichten über Krieg und Terror, in sozialen Netzwerken beleidigen und verunglimpfen sich Menschen täglich. All dies sind Beispiele für das Darstellen oder das Ausführen von gewalttätigen Handlungen in den Massenmedien.

Als Unterhaltungsmedien verstehen wir mediale Angebote, die Menschen vor allem deswegen nutzen, weil sie sich davon Vergnügen oder Zerstreuung versprechen – beispielsweise Romane, Fernseh- und Kinofilme, Musik oder Videospiele. In Abgrenzung dazu bezieht sich diese Stellungnahme explizit nicht auf die Wirkung von Gewalt in den Nachrichten (wie die Berichterstattung über Kriege und Ausschreitungen) oder in anderen Kommunikationsmedien (zum Beispiel Handyvideos). Diese thematische Beschränkung haben wir gewählt, da in den vergangenen Jahren immer wieder öffentlich über das Gefährdungspotenzial von Gewalt in Unterhaltungsmedien diskutiert wurde, etwa in Filmen und insbesondere in Computerspielen. Gleichzeitig gibt es bereits seit Jahrzehnten umfangreiche Forschung zu diesem Thema, die sich häufig nur zum Teil oder lediglich einseitig in der Debatte wiederfindet.

Mit dem Begriff "Gewalt" werden in der Psychologie spezifische Formen von Aggression beschrieben, die mit schweren körperlichen Schädigungen einhergehen. Diese können von blutenden Wunden über Knochenbrüche bis zum Tod reichen. Aggression bedeutet dagegen allgemein, dass ein Verhalten mit der Absicht ausgeführt wird, einem anderen Lebewesen zu schaden oder es zu verletzen.

Die Darstellung von Gewalt in Unterhaltungsmedien ist in mehr oder weniger fiktive Geschichten eingebunden und kann dabei realistisch gestaltet sein (wie eine Schlägerei in der TV-Serie "Tatort") oder künstlerisch verfremdet (ein Kampf gegen einen Drachen im Onlinerollenspiel). ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Wie wird die Deutsche Bahn wieder zuverlässiger?

Unpünktlich, überlastet, veraltet – die Deutsche Bahn macht keine gute Figur. Woran das liegt und warum nun selbst Tricksereien nicht mehr helfen, erklärt Verkehrswissenschaftler Ullrich Martin. Außerdem in dieser Ausgabe: eine neue Theorie zu Schwarzen Löchern und Therapien gegen Katzencovid.

Spektrum - Die Woche – Übersehene Mädchen

Die Diagnose ADHS wird deutlich öfter bei Jungen als bei Mädchen gestellt, doch spiegelt das tatsächlich die Realität wider? Was steckt hinter dem Geschlechterbias? Außerdem in der aktuellen »Woche«: ein Experteninterview zum Cyberkrieg, der hinter den blutigen Kulissen in Nahost stattfindet.

Spektrum Psychologie – Kann die Persönlichkeit krank machen?

Der eine frisst den Ärger in sich hinein, der andere geht beim kleinsten Ärgernis in die Luft. Werden mache Menschen deshalb eher schwer krank? Das klären wir in dieser Ausgabe. Außerdem erzählen wir die Geschichte von Ella und ihren zwölf Ichs und beleuchten die Vor- und Nachteile des Auswanderns.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen

Anderson, C. A. et al.: Does the Gun Pull the Trigger? Automatic Priming Effects of Weapon Pictures and Weapon Names. In: Psychological Science 9, S. 308-314, 1998

Anderson, C. A. et al.: Violent Video Game Effects on Aggression, Empathy, and Prosocial Behavior in Eastern and Western Countries: A Meta-Analytic Review. In: Psychological Bulletin 136, S. 151-173, 2010

Anderson, C. A., Dill, K. E.: Video Games andggressive Thoughts, Feelings, and Behavior in the Laboratory and in Life. In: Journal of Personality and Social Psychology 78, S. 772-790, 2000

Appel, M., Schreiner, C.: Digitale Demenz? Mythen und wissenschaftliche Befundlage zur Auswirkung von Internetnutzung. In: Psychologische Rundschau 65, S. 1-10, 2014

Baacke, D.: Medienpädagogik. Niemeyer, Tübingen 1997

Barlett, C. P. et al.: How Long do the Short-Term Violent Video Game Effects Last? In: Aggressive Behavior 35, S. 225-236, 2009

Bijvank, M. N. et al.: Age and Violent-Content Labels Make Video Games Forbidden Fruits for Youth. In: Pediatrics 123, S. 870-876, 2009

Bondü, R.: School Shootings in Deutschland. Internationaler Vergleich, Warnsignale, Risikofaktoren, Entwicklungsverläufe. Dissertationsschrift. Freie Universität Berlin, Berlin 2012

Bushman,B. J. et al.: There is Broad Consensus: Media Researchers Agree that Violent Media Increase Aggression in Children, and Pediatricians and Parents Concur. In: Psychology of Popular Media 4, S. 200-214, 2014

Cantor, J., & Wilson, B. J.: Media and Violence: Intervention Strategies for Reducing Aggression. In: Media Psychology 5, S. 363-403, 2003

DeWall, C. N. et al.: The Voodoo Doll Task: Introducing and Validating a Novel Method for Studying Aggressive Inclinations. In: Aggressive Behavior 39, S. 419-439, 2013

Elson, M., Ferguson, C. J.: Twenty-Five Years of Research on Violence in Digital Games and Aggression: Empirical Evidence, Perspectives, and a Debate Gone Astray. In: European Psychologist 19, S. 33-46, 2014

Ferguson, C. J.: Evidence for Publication Bias in Video Game Violence Effects Literature: A Meta-Analytic Review. In: Aggression and Violent Behavior 12, S. 470-482, 2007

Ferguson, C. J.: The School Shooting / Violent Video Game Link: Causal Relationship or Moral Panic? In: Journal of Investigative Psychology and Offender Profiling 5, S. 25-37, 2008

Ferguson, C. J., Savage, J.: Have Recent Studies Addressed Methodological Issues Raised by Five Decades of Television Violence Research? A Critical Review. In: Aggression and Violent Behavior 17, S. 129-139, 2012

Gentile, D. A., Bushman, B. J.: Reassessing Media Violence Effects Using a Risk and Resilience Approach to Understanding Aggression. In: Psychology of Popular Media Culture 1, S. 138-151, 2012

Greitemeyer, T.: I Am Right, You Are Wrong: How Biased Assimilation Increases the Perceived Gap between Believers and Skeptics of Violent Video Game Effects. In: PLoS ONE 9, e93440, 2014

Greitemeyer, T., Mügge, O.: Video Games Do Affect Social Outcomes: A Meta-Analytic Review of the Effects of Violent and Prosocial Video Game Play. In: Personality & Social Psychology Bulletin 40, S. 578-589, 2014

Grimm, P. et al.: Gewalt zwischen Fakten und Fiktionen: Eine Untersuchung von Gewaltdarstellungen im Fernsehen unter besonderer Berücksichtigung ihres Realitäts- bzw. Fiktionalitätsgrades. Vistas, Berlin 2005

Groeben, N.: Medienkompetenz. In: Mangold, R. et al. (Hg.): Lehrbuch der Medienpsychologie. Hogrefe, Göttingen 2004, S. 27-49

Hartmann, T., Klimmt, C.: Gender and Computer Games: Exploring Females’ Dislikes. In: Journal of Computer-Mediated Communication 11, S. 910-931, 2006

Heinz, D., Schmölders, T.: Elternabende Computerspiele. Handreichung für Referentinnen und Referenten (unter Mitarbeit von M. Felling und M. Müsgens). Klicksafe. Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz, Ludwigshafen 2012

Hoffner, C. A., Levine, K. J.: Enjoyment of Mediated Fright and Violence: A Meta-Analysis. In: Media Psychology 7, S. 207-237, 2005

Huesmann, L. R., Miller, L. S.: Long-Term Effects of Repeated Exposure to Media Violence in Childhood. In: Huesmann, L. R. (Hg.): Aggressive Behavior: Current Perspectives. Plenum Press, New York 1994, S. 153-186

Kirsh, S. J. et al.: Violent Media Consumption and the Recognition of Dynamic Facial Expressions. In: Journal of Interpersonal Violence 21, S. 571-584, 2006

Kirwil, L.: Parental Mediation of Children’s Internet Use in Different European Countries. In: Journal of Children and Media 3, S. 394-409, 2009

Kneer, J. et al.: Defending the Doomed: Implicit Strategies Concerning Protection of First-Person Shooter Games. In: Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking 15, S. 251-256, 2012

Krahé, B.: Aggression. In Jonas, K. et al. (Hg.): Sozialpsychologie. Eine Einführung. Springer, Heidelberg 2007, S. 265-294

Krahé, B.: Restoring the Spirit of Fair Play in the Debate About Violent Video Games: A Comment on Elson and Ferguson (2013). European Psychologist 19, S. 56-59, 2014

Krahé, B. et al.: Desensitization to Media Violence: Links with Habitual Media Violence Exposure, Aggressive Cognitions, and Aggressive Behavior. In: Journal of Personality and Social Psychology 100, S. 630-646, 2011

Krcmar, M.,Kean, L. G.: Uses and Gratifications of Media Violence: Personality Correlates of Viewing and Liking Violent Genres. In: Media Psychology 7, S. 399-420, 2005

Levin, J., Madfis, E.: Mass Murder at School and Cumulative Strain. A Sequential Model. In: American Behavioral Scientist 52, S. 1227-1245, 2009

Markey, P.M., Markey, C. N.: Vulnerability to Violent Video Games: A Review and Integration of Personality Research. In: Review of General Psychology 14, S. 82-91, 2010

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: KIM-Studie 2014. Kinder + Medien, Computer + Internet. Stuttgart 2014

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: JIM 2014. Jugend, Information, (Multi-)Media. Stuttgart 2014

Möller, I., Krahé, B.: Mediengewalt als pädagogische Herausforderung: Ein Programm zur Förderung der Medienkompetenz im Jugendalter. Hogrefe, Göttingen 2013

Möller, I. et al.: Efficacy of an Intervention to Reduce the Use of Media Violence and Aggression: An Experimental Evaluation with Adolescents in Germany. In: Journal of Youth and Adolescence 41, S. 105-120, 2012

Nathanson, A. I.: Factual and Evaluative Approaches to Modifying Children’s Responses to Violent Television. In: Journal of Communication 54, S. 321-336, 2004

Nathanson, A. I., Cantor, J.: Reducing the Aggression-Promoting Effect of Violent Cartoons by Increasing Children’s Fictional Involvement with the Victim: A Study of Active Mediation. In: Journal of Broadcasting & Electronic Media 44, S. 125-142, 2000

Nathanson, A. I., Yang, M. S.: The Effects of Mediation Content and Form on Children’s Responses to Violent Television. In: Human Communication Research 29, S. 111-134, 2003

Nauroth, P. et al.: Gamers Against Science: The Case of the Violent Video Games Debate. In: European Journal of Social Psychology 44, S. 104-116, 2014

Paik, H., Comstock, G.: The Effects of Television Violence on Antisocial Behavior: A Meta-Analysis. In: Communication Research 21, S. 516-546, 1994

Pfetsch, J., Steffgen, G.: Gewalthaltige Computerspiele - Wirkmechanismen und Präventionsansätze. In: Gollwitzer, M. et al. (Hg.): Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen. Aktuelle Erkenntnisse aus Forschung und Praxis. Hogrefe, Göttingen 2007, S. 104-122

Przybylski, A. K.: Who Believes Electronic Games Cause Real World Aggression? In: Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking 17, S. 228-234, 2014

Przybylski, A. K. et al.: A Motivational Model of Video Game Engagement. In: Review of General Psychology 14, S. 154-166, 2010

Przybylski, A. K. et al.: Competence-Impeding Electronic Games and Players’ Aggressive Feelings, Thoughts, and Behaviors. In: Journal of Personality and Social Psycho¬logy 106, S. 441-457, 2014

Reinecke, L., Trepte, S.: Unterhaltung in neuen Medien. Herbert von Halem, Köln 2012

Robertz, F. (Hg.): Gewaltphantasien. Zwischen Welten und Wirklichkeiten. Verlag für Polizeiwissenschaften, Frankfurt am Main 2011

Savage, J., Yancey, C.: The Effects of Media Violence Exposure on Criminal Aggression: A Meta-Analysis. In: Criminal Justice and Behavior 35,S. 772-791, 2008

Sherry, J. L.: Violent Video Games and Aggression: Why Can’t We Find Effects? In Preiss, R. et al. (Hg.): Mass Media Effects Research: Advances Through Meta-Analysis. Erlbaum, Mahwah 2007,S. 245-262

Slater, M. D.: Alienation, Aggression, and Sensation Seeking as Predictors of Adolescent Use of Violent Film, Computer and Website Content. In: Journal of Communication 53,S. 105-121, 2003

Süss, D. et al.: Medienpädagogik. Ein Studienbuch zur Einführung. Springer, Heidelberg, 2. Auflage 2013

Zahn, C. et al.: Video Clips for YouTube: Collaborative Video Creation as an Educational Concept for Knowledge Acquisition and Attitude Change Related to Obesity Stigmatization. In: Education and Information Technologies 19, S. 603-622, 2014

Zillmann, D.: Mood Management: Using Entertainment to Full Advantage. In: Donohew, H. E. et al. (Hg.): Communication, Social Cognition, and Affect. Erlbaum, Hillsdale 1988, S. 147-171

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.